Aktuelles Steuerrecht 2021/2022
A. INFORMATIONEN FÜR ARBEITNEHMER UND STEUERZAHLER
- Neuerungen zum Besteuerungsverfahren
- Kindergeld / Kinderfreibetrag
- Reform des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes
- Berufsausbildungskosten
- Zahlungen an Krankenkassen als Beitragsrückerstattung
- Pflichtzuschuss zur BAV für Arbeitgeber ab 2022
- Menschen mit Behinderung
- Übungsleiterfreibetrag und Ehrenamtspauschale
- Außergewöhnliche Belastungen
- Entlastungsbetrag für Alleinerziehende
- Haushaltsnahe Dienstleistungen und Beschäftigungsverhältnisse
- Neue Steuerermäßigung nach § 35c EStG
- Häusliches Arbeitszimmer/Homeoffice
- Privates Veräußerungsgeschäft häusliches Arbeitszimmer
- Vermietung und Verpachtung – Verbilligte Vermietung
- Förderung des Mietwohnungsneubaus § 7b EStG
- Wegfall von Mieteinnahmen in der Coronakrise
- Berücksichtigung von Vermögensverlusten bei Einkünften aus Kapitalvermögen
- Kirchensteuerabzug bei tariflich besteuerten Kapitalerträgen
- Bescheidänderung bei Günstigerprüfung und nachzuversteuernden Erträgen
- Verlustberücksichtigung bei Beteiligung an Kapitalgesellschaften – Eigenkapitalersatz im Steuerrecht
- Spenden
- Grundfreibetrag / Unterhaltshöchstbetrag / NV-Bescheinigung
- Grunderwerbsteuersätze zum 1. Januar 2022
- Änderung im Grunderwerbsteuergesetz
- Kaufpreisaufteilung bei Immobilienerwerb
- Grundsteuerreform – Erklärungsabgabe 2022
B. INFORMATIONEN FÜR UNTERNEHMER, FREIBERUFLER, ARBEITGEBER
- Corona – Informationen für Steuerberater und Mandanten – Updates
- Ertragsteuerliche Behandlung der Coronahilfen
- Grundsätze zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) – ab 01.01.2020
- Gesetzlicher Mindestlohn
- Lohnfortzahlung bei Krankheit, Urlaub und an Feiertagen
- Elektronische Krankmeldung: Dies gilt seit Oktober 2021
- Steuerliche Behandlung von Sachzuwendungen
- Betriebsveranstaltungen Freibetrag von EUR 110,00
- Bewirtungen von Arbeitnehmern
- Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG)
- Flexi-Rente
- Förderung dienstlicher Elektro- und Hybridfahrzeuge
- Voraussichtliche Rechengrößen der Sozialversicherung ab 2023
- Krankenkassenwahlrecht
- Kurzarbeitergeld
- Coronaprämie
- Quarantäne
- Entschädigungsregelung für Eltern
- Betriebsschließung
- Arbeitslohnspende
- Änderung des Umsatzsteuersatzes im Jahr 2021
- Kleinunternehmerregelung
- Gutscheine
- Umsatzsteuer-Voranmeldung
- Abgabefristen für die Umsatzsteuererklärung
- Geplante Änderungen bei der Umsatzsteuer für 2022
- Umsetzung Mehrwertsteuer-Digitalpakt zweite Stufe
- Energielieferungen sind keine Nebenleistungen zur steuerfreien Vermietung
- Erbschaftsteuerfestsetzung gegen unbekannte Erben
- Keine Erbschaftsteuerbefreiung für ein Familienheim bei unangemessener langer Renovierungsphase
- Feststellung des Bedarfswerts von Grundbesitz im Vergleichswertverfahren der Erbschaftsteuer
- Wirtschaftliche Einheiten beim Erbbaugrundstück
C. INFORMATIONEN RUND UM KAPITALGESELLSCHAFTEN
- Größenklassen
- Offenlegung des Jahresabschlusses
- Hinterlegung für Kleinstunternehmen
- Corona – Folgen für die Rechnungslegung
- Aussetzung der Insolvenzantragspflicht zum 30.04.2021 ausgelaufen
- Die E-Bilanz – der Jahresabschluss 2020 ist elektronisch zu übermitteln
- Zweifel des BFH an der Umsatzsteuerfreiheit bestimmter Leistungen von Sportvereinen
- Aufweichung der 75%-Grenze bei Pensionszusagen?
- Abzug der Beiträge an einen Pensionsfonds als Betriebsausgaben
- Option zur Körperschaftsteuer für Personengesellschaften
- Untergang von körperschaftsteuerlichen Verlustvorträgen bei Anteilsübertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge
- Digitaler Finanzbericht
- Einführung eines vorinsolvenzlichen Restrukturierungsverfahrens
- Einführung Meldepflichten zum Transparenzregister im Jahr 2022
A. INFORMATIONEN FÜR ARBEITNEHMER UND STEUERZAHLER
1. Neuerungen zum Besteuerungsverfahren
Das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens sollte 2022 abgeschlossen sein. Doch dann kam Corona. Die Gesetzgebung hat die Abgabefristen daher für die Veranlagungszeiträume 2019 und 2020 verlängert. Momentan wird eine weitere Verlängerung für 2020 diskutiert.
Neuerungen zur Abgabe von Steuererklärungen
Die Abgabefrist von Jahressteuererklärungen wurde grundsätzlich neu gefasst. Bei der Einkommensteuererklärung 2020 endete sie normal bei unberatenen Steuerpflichtigen am 31.07.2021, bei Steuerpflichtigen mit Steuerberater endet sie normal am 28.02.2022.
Mit dem sogenannten ATAD-Umsetzungsgesetz wurden die Steuererklärungsfristen sowie die zinsfreien Karenzzeiten für den Besteuerungszeitraum 2020 um 3 Monate verlängert. Für den Veranlagungszeitraum 2020 gilt die Verlängerung sowohl für Steuererklärungen, die von Steuerberatern erstellt wurden (beratene Fälle), als auch für die Erklärungen, die Steuerpflichtige selbst erstellen (nicht beratene Fälle). Für beratene Fälle verlängert sich die Abgabefrist somit bis zum 31.05.2022. Bei nicht beratenen Fällen bis zum 01.11. bzw. 02.11.2021. Für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft gelten Besonderheiten. Zudem bleiben Vorabanforderungen von Steuer- und Feststellungserklärungen von den Fristverlängerungen unberücksichtigt.
Vor Fristende können Vorabanforderungen bei beratenen Steuerpflichtigen erfolgen. Beispiel: verspätete Abgabe im Vorjahr. Nach einer Vorabanforderung (frühestens ab 01.11.2021) wird die Erklärungsfrist auf 4 Monate verkürzt. Von diesem Instrument macht die Finanzverwaltung seit 2019 im Rahmen von Kataloggründen Gebrauch: verspätete Abgabe/Nichtabgabe im vorangegangenen Besteuerungszeitraum, nachträgliche Vorauszahlungen für den vorangegangenen Besteuerungszeitraum, herabgesetzte Vorauszahlungen außerhalb einer Veranlagung sowie hohe Abschlusszahlung für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum. Das Gesetz sieht in einem späteren Schritt auch die Vorabanforderung durch automationsgestützte Zufallsauswahl sowie die Einführung eines Kontingentierungsverfahrens vor.
Fristüberschreitung bedeutet automatisch Verspätungszuschlag. Dieser beträgt für jeden angefangenen Monat 0,25 % der um die Vorauszahlungen und die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge verminderten Steuer. Der monatliche Mindestverspätungszuschlag beträgt EUR 25,00. Es gibt eine Ermessensfestsetzung, wenn das Finanzamt eine Steuer auf EUR 0,00 oder eine Steuererstattung festsetzt. Diese einzigen Rückausnahmen sind: Fristverlängerung nach § 109 AO, festgesetzte Steuer EUR 0,00, festgesetzte Steuer geringer als Vorauszahlungen zzgl. Steuerabzugsbeträge. Eine Fristverlängerung ist nur noch auf Ausnahmefälle beschränkt.
Vollautomationsgestützte Veranlagung
Die Finanzbehörden können Steuerfestsetzungen ausschließlich automationsgestützt erlassen, ändern oder aufheben. Anlässe für die Einzelfallbearbeitung durch einen Amtsträger bestehen, z. B. wenn das Risikomanagementsystem den Steuerfall ausgesteuert hat, da im „qualifizierten Freitextfeld“ abweichende Angaben zu Drittdaten eingetragen wurden, oder wenn der Steuerpflichtige dokumentiert von der Verwaltungsmeinung abweicht.
Belegvorhaltepflicht bei der Einkommensteuer
Durch die zunehmende Digitalisierung hat der Gesetzgeber eine Belegvorhaltepflicht ab dem Veranlagungszeitraum 2017 bei der Einkommensteuer eingeführt. Belege sollen danach durch den Steuerpflichtigen nicht mehr direkt mit eingereicht werden, sondern fallbezogen risikoorientiert durch das Finanzamt angefordert werden.
Eine Vorlagepflicht besteht aber weiterhin z. B. bei Gewinnanteilen i. S. d. § 3 Nr. 40 EStG (Teileinkünfteverfahren) oder § 8b KStG. Sofern mit einer risikoorientierten Beleganforderung zu rechnen ist (z. B. einmalige hohe Erhaltungsaufwendungen bei Vermietung und Verpachtung), empfiehlt es sich zur Vermeidung von Rüstzeiten, wie bisher die Belege direkt mit der Steuererklärung und einem separaten Anschreiben beim Finanzamt einzureichen. Zur Vermeidung einer Vielzahl von Rückfragen und Beleganforderungen hat die bayerische Steuerverwaltung zusammen mit den Steuerberaterkammern München und Nürnberg sowie der Lohnsteuerhilfe Bayern e. V. Empfehlungen zur Belegvorlage für Angehörige der steuerberatenden Berufe erarbeitet. In einer Generalklausel wird u. a. festgehalten: Je bedeutender ein steuerlicher Sachverhalt ist, desto höher sind die Anforderungen an die Belegvorlage. Ein steuerlicher Sachverhalt ist in der Regel bedeutend, wenn er neu bzw. erstmalig oder einmalig ist, einen außerordentlichen (Geschäfts-)Vorfall darstellt, sich gegenüber dem Vorjahr erheblich ändert oder eine spürbare steuerliche Auswirkung nach sich zieht. Die Empfehlung stellt keine Handlungsanweisung zur Beleganforderung dar.
Der Umfang der Beleganforderung liegt weiterhin im Ermessen der Finanzämter, die durch ein maschinelles Risikomanagementsystem bei der Erkennung prüfungswürdiger Sachverhalte unterstützt werden.
Die elektronische Kommunikation mit der Finanzverwaltung über RABE (Referenz auf Belege) ist in Vorbereitung, um Prozessabläufe medienbruchfrei zu gestalten, Zeitverluste zu vermeiden und unökonomische Datenbewegungen auszuschließen.
2. Kindergeld / Kinderfreibetrag
Der Kindergeldanspruch entsteht im Geburtsmonat (z. B. bei Geburt am 31.10. erhalten die Erziehungsberechtigten für den vollen Monat Oktober das Kindergeld) und besteht uneingeschränkt bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres (18. Geburtstag) des Kindes. Antragsberechtigt sind die Eltern oder andere Erziehungsberechtigte. Nicht antragsberechtigt ist das Kind selbst.
Das Kindergeld ist zum 1. Januar 2021 um EUR 15 gestiegen. Das Kindergeld beträgt 2021 für das erste und zweite Kind EUR 219,00, für das dritte Kind EUR 225,00 und für das vierte und jedes weitere Kind EUR 250,00 monatlich. Für 2022 ist keine Änderung vorgesehen.
Der steuerliche Kinderfreibetrag beträgt 2021 je Elternteil EUR 2.730,00 (gesamt EUR 5.460,00). Auch hier ist für 2022 keine Änderung vorgesehen.
Der Betreuungsfreibetrag soll für jeden Elternteil von EUR 1.320 auf EUR 1.464 steigen. Für 2022 ergibt sich damit insgesamt ein Freibetrag für jedes berücksichtigungsfähige Kind von EUR 8.388 (2 * 2.730 + 2 * 1.464).
Für Kinder, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, besteht – unabhängig von der Höhe deren eigener Einkünfte und Bezüge – die Kindeseigenschaft und somit grundsätzlich ein Anspruch der Eltern auf Kindergeld.
Günstigerprüfung:
Bei einem höheren Einkommen wirkt sich der Kinderfreibetrag günstiger aus als das Kindergeld. Das Kindergeld wird dann auf die steuerliche Entlastung angerechnet und somit faktisch wieder zurückgezahlt.
Zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums und zum Ausgleich der kalten Progression werden außerdem der Grundfreibetrag angehoben und die Eckwerte des Einkommensteuertarifs für die Veranlagungszeiträume 2021 und 2022 nach rechts verschoben.
Jahr |
2021 |
2022 |
Grundfreibetrag (Ledige) |
EUR 9.744,00 |
EUR 9.984,00 |
Grundfreibetrag (gemeinsame Veranlagung) |
EUR 19.488,00 |
EUR 19.968,00 |
Halber Kinderfreibetrag |
EUR 2.730,00 |
EUR 2.730,00 |
Ganzer Kinderfreibetrag |
EUR 5.460,00 |
EUR 5.460,00 |
Freibetrag für Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf für jeden Elternteil |
EUR 1.464,00 |
EUR 1.464,00 |
Freibetrag für Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf pro Kind |
EUR 2.928,00 |
EUR 2.928,00 |
Rechtslage für volljährige Kinder
Volljährige Kinder werden nur bei Vorliegen der nachstehend aufgeführten sonstigen
Voraussetzungen berücksichtigt, wobei die eigenen Einkünfte und Bezüge
unbeachtlich sind.
Die sonstigen Voraussetzungen sind:
Alter |
|
18 – 21
18 – 25
ohne Altersbeschränkung |
|
Allerdings ist bei Kindern, die eine erste Berufsausbildung bzw. ein Erststudium bereits absolviert haben, Folgendes zu beachten:
Zur Erlangung der steuerlichen Kindeseigenschaft respektive der Kindervergünstigungen ist es Voraussetzung, dass das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.
Eine „schädliche Erwerbstätigkeit“ liegt bei folgenden Fällen nicht vor:
- Tätigkeiten bis zu 20 Stunden wöchentlich
- Ausbildungsdienstverhältnissen
- Geringfügigen Beschäftigungen (EUR 450,00)
Der Besuch einer allgemeinbildenden Schule gilt nicht als Erstausbildung.
Wie bisher verlängert sich der Anspruch auf Kindergeld/Kinderfreibetrag, wenn das Kind Dienst als Entwicklungshelfer oder als Zeitsoldat von bis zu drei Jahren leistet. Der Anspruch wird dann um die Dauer des jeweiligen Dienstes verlängert.
Ende der Berufsausbildung / Ende des Kindergeldes von volljährigen Kindern
Die Zahlung von Kindergeld und die steuerliche Berücksichtigung von volljährigen Kindern sind insbesondere dann möglich, wenn sie sich in Berufsausbildung befinden und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Die Kinderfreibeträge und das Kindergeld entfallen ab dem Monat nach Beendigung der Berufsausbildung bzw. der Vollendung des 25. Lebensjahres. Die Berufsausbildung endet in der Regel mit Bestehen der Abschlussprüfung.
Bei bestimmten Berufen gewährt die Finanzverwaltung die Kindervergünstigungen bis zum Ende der gesetzlich festgelegten Ausbildungszeit, und zwar unabhängig von der Abschlussprüfung (z. B. bei Kranken- und Altenpflegern). Diese Regelung wurde vom BFH bestätigt und allgemein auf solche Berufe ausgedehnt, bei denen die Ausbildungszeit durch eine Rechtsvorschrift festgelegt ist.
3. Reform des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes
Im Februar 2021 wurde das Zweite Gesetz zur Änderung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes verkündet. Es enthält folgende neue Regelungen:
- Die bisher geltende Höchstarbeitszeitgrenze wird für die Dauer des Elterngeldbezugs und während der Elternzeit von 30 Wochenstunden auf 32 Wochenstunden erhöht.
- Flexibilisierung des Partnerschaftsbonus (Stundenkorridor wird auf 24 bis 32 Wochenstunden erweitert).
- Kommt das Kind sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin oder früher auf die Welt, erhalten Eltern zusätzliche Monate Elterngeld, um in dieser herausfordernden Situation mehr Zeit für Kind zu haben. Damit fokussiert das Elterngeld stärker als zuvor den individuellen zeitlichen Bedarf und unterstützt mehr Eltern, sich um ihr Kind in dieser besonderen Lebenssituation zu kümmern. Bis zu vier zusätzliche Monate Basiselterngeld sind möglich, abhängig vom Geburtstermin.
- Die Einkommensgrenze, ab der der Anspruch auf Elterngeld entfällt, wird für Paare mit gemeinsamem Elterngeldanspruch auf EUR 300.000,00 gesenkt. Die Grenze für Alleinerziehende bleibt bei EUR 250.000,00.
4. Berufsausbildungskosten
Erstausbildung
Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium können lediglich bis zu einer Höhe von EUR 6.000,00 im Jahr (bei Zusammenveranlagung pro Ehegatte bzw. Lebenspartner) als Sonderausgaben geltend gemacht werden. Solche Aufwendungen sind zum Beispiel Fahrtkosten zum Arbeitgeber, Studienort oder zu Lerngemeinschaften sowie Lernmaterialien, Studiengebühren, Bücher und Arbeitsmittel. Ein „unbeschränkter“ Werbungskostenabzug für eine erstmalige Ausbildung ist nach derzeitigem Recht nur bei Maßnahmen im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses möglich. Bei Sonderausgaben gibt es – anders als bei Verlusten aus vorweggenommenen Betriebsausgaben oder Werbungskosten – keinen Verlustvortrag/-rücktrag. Die Sonderausgaben bleiben ohne steuerliche Auswirkungen, wenn die sich in Ausbildung befindliche Person keine nennenswerten positiven Einkünfte hat.
Zweitausbildung
Bei einer Zweitausbildung (zum Beispiel nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung oder nach einem abgeschlossenen Bachelorstudium) ist ein voller Werbungskostenabzug möglich. Die Ausbildungsausgaben wie z. B. Fahrtkosten, Fachliteratur, Lernmaterial, Semestergebühren, Unterrichtsgebühren, Reisekosten und ggf. Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung sollten gesammelt und gegenüber dem Finanzamt erklärt werden. Bei der Zweitausbildung besteht die Möglichkeit, dass die gesammelten vorweggenommenen Werbungskosten oder Betriebsausgaben bei Berufseintritt mit den dann erzielten Einkünften verrechnet werden.
Die Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
Zweitausbildung oder Zweitstudium Beispiel: Studium nach abgeschlossener Lehre
|
Ausbildungsdienst-verhältnis Beispiel: Ausbildungsvergütung oder Beamtenausbildung mit Vergütung |
Erstausbildung nicht im Rahmen eines Ausbildungsdienst-verhältnisses |
Erststudium ohne vorherige Ausbildung nicht im Rahmen eines Ausbildungsdienst-verhältnisses |
Vorweggenommene Werbungskosten oder Betriebsausgaben, mit der Möglichkeit, Verluste vorzutragen, welche dann bei Einkünfte-Erzielung steuerwirksam werden |
Beschränkter Sonderausgabenabzug ohne Verlustvortrags- und Rücktragsmöglichkeit |
5. Zahlungen an Krankenkassen als Beitragsrückerstattung
Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung können unbegrenzt als Sonderausgaben abgezogen werden, wenn mit diesen Beiträgen Basisversicherungsschutz erlangt wird.
Beitragsrückerstattungen der Krankenkasse, die auf diese Basisabsicherung entfallen, mindern die abzugsfähigen Krankenversicherungsbeiträge in dem Jahr, in dem sie zufließen. Prämien und Bonusleistungen der Krankenkassen werden als (schädliche) Beitragsrückerstattungen angesehen, soweit diese Bonusleistungen nicht nur eine Erstattung tatsächlich entstandener Aufwendungen des Versicherten darstellen.
Werden allerdings im Rahmen eines (Bonus-)Programms der Krankenkasse dem Versicherten zusätzliche Aufwendungen erstattet, z. B. Rückenschule, Brille oder Kontaktlinsen, besteht jedoch kein Zusammenhang mit den Beiträgen zur Basisversorgung, sodass als Konsequenz keine Kürzung der Sonderausgaben stattfindet. Nach aktueller Rechtsprechung mindern auch solche „Bonuszahlungen“ nicht den Sonderausgabenabzug, die nicht den konkreten Nachweis vorherigen Aufwandes des Versicherten für eine bestimmte Gesundheitsmaßnahme erfordern, sondern lediglich pauschal gewährt werden. Voraussetzung für die Nichtkürzung der Sonderausgaben ist allerdings weiterhin, dass die jeweils geförderte Maßnahme beim Versicherten Kosten auslöst und die hierfür gezahlte und den Gegebenheiten angemessen ausgestaltete Pauschale geeignet ist, den Aufwand des Versicherten ganz oder teilweise auszugleichen.
Der Bundesfinanzhof hat in seinem Urteil vom Dezember 2020 aber klargestellt, dass Bonuszahlungen einer privaten Krankenversicherung dann die abzugsfähigen Sonderausgaben mindern, wenn diese unabhängig davon gezahlt werden, ob dem Versicherungsnehmer ein finanzieller Gesundheitsaufwand entstanden ist oder nicht.
6. Pflichtzuschuss zur BAV für Arbeitgeber ab 2022
Ab dem 01.01.2022 müssen Unternehmen den Pflichtzuschuss i. H. v. von 15 % zur Entgeltumwandlung auch bei Bestandsverträgen leisten.
Sollte dies in Tarifverträgen nicht gesondert geregelt sein, ergeben sich bei der Umsetzung folgende Möglichkeiten:
1. Möglichkeit: Verpflichtender Arbeitgeberzuschuss „on top“
Arbeitgeber können den gesetzlich verpflichtenden Arbeitgeberzuschuss z. B. als 15%-ige Pauschale durch einen Nachtrag zur Entgeltumwandlungsvereinbarung „on top“ leisten.
Beispiel:
Der Arbeitnehmer wandelte bisher EUR 100,00 um. Ab 01.01.2022 muss der Arbeitgeber diesen Betrag mit 15 % (EUR 15,00) bezuschussen, soweit er durch die Umwandlung Sozialversicherungsbeiträge einspart. Der Beitrag erhöht sich jetzt auf EUR 115,00. Es kann sinnvoll sein zu vereinbaren, dass der Zuschuss auf die gesetzliche und ggf. tarifvertragliche Verpflichtung angerechnet wird. Das gilt insbesondere bei höheren Zuschüssen als dem gesetzlichen Minimum.
Soll der Arbeitgeberzuschuss „on top“ geleistet werden, sollte weiterhin vereinbart werden, dass der Gesamtbetrag 4 % der Beitragsbemessungsgrenze (2021: EUR 3.408,00 p. a. / EUR 284,00 p. m.) nicht überschreitet. Denn ansonsten könnte der Beitrag teilweise sozialversicherungspflichtig werden. Das läuft dem Ziel entgegen, dass Beiträge steuer- und sozialversicherungsfrei eingebracht werden. Der heute sozialversicherungspflichtige Anteil würde bei GKV-Versicherten später „nochmals“ verbeitragt werden.
Beispiel:
Der Arbeitnehmer wandelte bisher EUR 250,00 um. Ab 01.01.2022 bezuschusst der Arbeitgeber diesen Betrag mit 15 % (EUR 37,50) pauschal. Der Beitrag erhöht sich jetzt auf EUR 287,50 und überschreitet die 4%-Beitragsbemessungsgrenze um EUR 3,50. Der überschießende Teil von EUR 3,50 ist sozialversicherungspflichtig. (Es sind für das Beispiel die Sozialversicherungswerte von 2021 auch für 2022 angesetzt.)
2. Möglichkeit: Gleichbleibender Beitrag
Arbeitgeber können mit dem Arbeitnehmer einvernehmlich vereinbaren, dass die Höhe des Beitrags, der an den Versicherer abgeführt wird, beibehalten wird. Man einigt sich einvernehmlich auf eine neue Aufteilung, bei der der Arbeitgeber einen pauschalen Zuschuss von mindestens 15 % beisteuert. Dadurch verringert sich der Eigenanteil des Arbeitnehmers.
Das kann besonders dann zu empfehlen sein, wenn alte Tarife nicht mehr erhöht werden können. Die Hürde liegt darin, dass das mit jedem Arbeitnehmer einzeln vereinbart werden muss und die Entgeltumwandlungsvereinbarung entsprechend abgeändert wird.
Beispiel:
Der Arbeitnehmer hatte bisher EUR 100,00 umgewandelt. Ab 01.01.2022 muss der Arbeitgeber diesen Betrag mit 15 % (EUR 15,00) bezuschussen, soweit er durch die Umwandlung Sozialversicherungsbeiträge einspart. Ab 01.01.2022 vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer, dass der Arbeitnehmer zukünftig EUR 86,96 umwandelt und der Arbeitgeber einen Zuschuss von EUR 13,04 leistet. Sinnvoll erscheint es auch hier, zu vereinbaren, dass der Arbeitgeberzuschuss ausdrücklich auf die gesetzliche bzw. ggf. tarifvertragliche Verpflichtung angerechnet wird.
3. Möglichkeit: Anrechnung von bestehenden Zuschüssen
Oftmals haben Arbeitgeber bereits in der Vergangenheit ihren Arbeitnehmern freiwillig Zuschüsse zukommen lassen, wenn diese Entgelt umgewandelt haben. Für solche Zuschüsse stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber verpflichtet ist, neben dem bisherigen freiwilligen Zuschuss auch den gesetzlichen Zuschuss zu leisten, oder ob der bisher gezahlte Zuschuss mit dem gesetzlich vorgegebenen Zuschuss verrechnet werden kann. Zumindest für den Fall, dass der Arbeitgeber schon in der Vergangenheit den Zuschuss an die Sozialversicherungsersparnis geknüpft hat, kann grundsätzlich von der Möglichkeit einer Anrechnung ausgegangen werden. Die Anrechnung sollte dann durch eine eindeutige Erklärung des Arbeitgebers erfolgen. Im Einzelfall sollte dies anwaltlich überprüft werden.
7. Menschen mit Behinderung
Steuerpflichtige mit Behinderung haben die Möglichkeit, Kosten zur Bewältigung ihres Alltags im Rahmen der außergewöhnlichen Belastung geltend zu machen. Es gibt die Wahl, sich zwischen Einzelnachweisen oder einem ansetzbaren Pauschbetrag zu entscheiden.
Für Menschen mit Behinderungen greifen ab dem Jahr 2021 steuerliche Verbesserungen. Die Pauschbeträge wurden angehoben und die Voraussetzungen und Nachweispflichten für die Inanspruchnahme wurden erleichtert.
Die Behinderten-Pauschbeträge können künftig bereits ab einem Grad der Behinderung von 20 % statt bisher 50 % geltend gemacht werden. Darüber hinaus entfallen die Anspruchsvoraussetzungen zur Gewährung eines Behinderten-Pauschbetrages bei einem Grad der Behinderung unter 50. Die bisherigen Pauschbeträge sind weiterhin vom Grad der Behinderung abhängig, wurden aber verdoppelt.
Die Höhe des jährlichen Steuerfreibetrages richtet sich nach dem Grad der Behinderung (GdB). Behinderte Menschen, welche hilflos (Merkzeichen „H“), blind („Bl“) oder taubblind („TBl“) sind, erhalten einen Freibetrag unabhängig vom Grad der Behinderung.
Voraussetzung |
Freibetrag |
GdB 20 |
EUR 384,00 |
GdB 30 |
EUR 620,00 |
GdB 40 |
EUR 860,00 |
GdB 50 |
EUR 1.140,00 |
GdB 60 |
EUR 1.440,00 |
GdB 70 |
EUR 1.780,00 |
GdB 80 |
EUR 2.120,00 |
GdB 90 |
EUR 2.460,00 |
GdB 100 |
EUR 2.840,00 |
Hilflos, blind oder taubblind |
EUR 7.400,00 |
Für außergewöhnliche Belastungen, die durch die häusliche Pflege einer Person entstehen können, kann mit dem Pflege-Pauschbetrag ebenfalls eine Pauschalierung erfolgen. Der Betrag wurde ebenfalls angehoben. Er richtet sich nach dem Pflegegrad der zu pflegenden Person:
Pflegegrad |
Pauschbetrag |
2 |
EUR 600,00 |
3 |
EUR 1.100,00 |
4 oder 5 |
EUR 1.800,00 |
Der Pauschalbetrag kann geltend gemacht werden, wenn die pflegende Person dafür keine Einnahmen erhält.
Für behinderungsbedingte Fahrtkosten wird eine gesetzliche Pauschalbetragsregelung eingeführt. Je nach Anspruchsvoraussetzungen betragen die Pauschbeträge:
- EUR 900,00 (bei Grad der Behinderung von mindestens 80 % oder 70 % mit Gehbehinderung)
- EUR 4.500,00 (bei außergewöhnlicher Gehbehinderung sowie für blinde und hilflose Personen)
Bei den obigen Pauschbeträgen ist die zumutbare Eigenbelastung zu berücksichtigen.
8. Übungsleiterfreibetrag und Ehrenamtspauschale
Ab dem Jahr 2021 wird der Übungsleiterfreibetrag von bisher EUR 2.400,00 auf EUR 3.000,00 angehoben. Ebenfalls erhöht sich die Ehrenamtspauschale von EUR 720,00 auf EUR 840,00.
Der Übungsleiterfreibetrag stellt Einnahmen für bestimmte übungsleitende, ausbildende, erzieherische, betreuende, künstlerische und pflegerische Tätigkeiten in begrenzter Höhe steuerfrei.
An die Tätigkeit werden weitere Voraussetzungen geknüpft. Es muss eine nebenberufliche Tätigkeit vorliegen, im Dienst einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer gemeinnützigen Körperschaft, mit dem Zweck, gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke zu fördern.
Voraussetzung für die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Übungsleiterpauschale ist also, dass die Tätigkeit einem pädagogischen Zweck dient, sie gemeinnützig ist und nicht mehr als ein Drittel der Vollzeittätigkeit ausmacht. Dabei muss keine Tätigkeit im steuerrechtlichen Sinne als Haupttätigkeit vorliegen. Die Übungsleiterpauschale kann auch von Rentnern, Studenten, Hausfrauen und Arbeitslosen in Anspruch genommen werden.
Liegen die Voraussetzungen vor, so können pro Person und Jahr ab 2021 EUR 3.000,00 steuer- und sozialabgabenfrei hinzuverdient werden. Der diesen Freibetrag übersteigende Teil der nebenberuflichen Einnahmen muss versteuert werden.
Mit der Ehrenamtspauschale haben Vereine die Möglichkeit, das Engagement ihrer Mitarbeiter und Helfer zu honorieren. Es muss sich dabei jedoch ausschließlich um eine nebenberufliche Tätigkeit im ideellen Bereich der Organisation handeln.
Anders als beim Übungsleiterfreibetrag kann die Ehrenamtspauschale für jede ehrenamtliche Arbeit gewährt werden. Für die Vorstandsarbeit muss dies aber durch eine Satzungsregelung ausdrücklich festgelegt sein. Lediglich Amateursportler profitieren nicht vom Ehrenamtsfreibetrag.
Die ehrenamtliche Tätigkeit muss bei einer gemeinnützigen, kirchlichen oder öffentlich-rechtlichen Körperschaft ausgeübt werden. Als öffentlich-rechtliche Körperschaft gelten unter anderem Universitäten, Fachhochschulen, Schulen und Volkshochschulen. Eine gemeinnützige Körperschaft ist beispielsweise ein Sportverein, der Sportbund oder ein Sportverband.
Die ehrenamtliche Tätigkeit muss im ideellen Bereich, also in der Vereinsarbeit oder in einem Zweckbetrieb, erfolgen, d. h. der Förderung eines gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zweckes dienen. Dazu zählt zum Beispiel die Arbeit in Alten- und Pflegeheimen, im Tierschutz, in der Denkmalpflege, in der Jugendhilfe, in Religionsgemeinschaften oder Werkstätten für behinderte Menschen.
Die Ehrenamtspauschale darf nur auf nebenberufliche Tätigkeiten angewendet werden.
Verhältnis Übungsleiterfreibetrag und Ehrenamtspauschale
Für dieselbe Tätigkeit darf neben der Übungsleiterpauschale nicht auch noch die Ehrenamtspauschale beansprucht werden.
Es dürfen beide Vergünstigungen in Anspruch genommen werden, wenn es sich um unterschiedliche Tätigkeiten handelt, unerheblich ob diese im selben Verein oder in derselben Einrichtung ausgeübt werden.
Auch geringfügig Beschäftigte, deren Einkommen regelmäßig EUR 450,00 nicht übersteigt, können zusätzlich die steuerfreie Übungsleiter- bzw. Ehrenamtspauschale beziehen, ohne dass diese bei der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung berücksichtigt wird.
In den Jahren 2020 und 2021 fallen hierunter auch freiwillige Helfer in Impf- und Testzentren.
Vergütungen aus nebenberuflichen Tätigkeiten von Personen, die im Impfbereich (Aufklärung und Impfung) bei der Durchführung von Impfungen gegen SARS-CoV-2 in Impfzentren und in mobilen Impfteams mitwirken, bleiben 2020 bis EUR 2.400,00 und 2021 bis EUR 3.000,00 steuerfrei.
Engagieren sich Helfende in der Verwaltung und der Organisation von Impfzentren, kann die Ehrenamtspauschale (2020 EUR 740,00 / 2021 EUR 840,00) in Anspruch genommen werden.
9. Außergewöhnliche Belastungen
Allgemein
Entstehen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl von Personen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes, so können diese Aufwendungen ggf. als außergewöhnliche Belastungen bei der Einkommensteuererklärung angesetzt werden.
Voraussetzung ist, dass sie keine Sonderausgaben, Werbungskosten oder Betriebsausgaben darstellen.
Allerdings ist von diesen zwangsläufig entstandenen Aufwendungen die zumutbare Eigenleistung abzuziehen. Nur der Teil, welcher darüber hinausgeht, kann steuermindernd vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgesetzt werden.
Die beiden unbestimmten Rechtsbegriffe „außergewöhnlich“ (durch die besonderen Verhältnisse des Steuerpflichtigen veranlasst oder nur bei wenigen anfallend) und „zwangsläufig“ (subjektive Verpflichtung, sich diesen Aufwendungen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen zu können) haben dazu geführt, dass es unzählige Finanzgerichtsurteile zu diesem Thema gibt.
Zunächst eine (nicht abschließende) Aufzählung anerkannter außergewöhnlicher Belastungen:
- Aufwendungen für Krankheit (z. B. Arzt, Zahnarzt, Heilpraktikerrechnung, Medikamente, Hilfsmittel, Krankenbeförderungen, Operationskosten),
- Aufwendungen wegen Behinderung (oder anstelle des tatsächlichen Aufwands Behindertenpauschbeträge),
- Aufwendungen für die Wiederbeschaffung (auch Schadensbeseitigung) von Gegenständen, die existenziell notwendig sind (Wohnung, Hausrat, Kleidung),
insbesondere für Hochwassergeschädigte. Bei Hochwassergeschädigten ist eine fehlende Versicherung für Elementarschäden kein Ausschlussgrund, - Kosten bei Sterbefällen (soweit sie den Wert des Nachlasses übersteigen).
Besonderheiten beim Nachweis von Krankheitskosten:
Die Zwangsläufigkeit von Krankheitskosten muss durch
- eine Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers oder
- ein amtsärztliches Gutachten oder
- eine ärztliche Bescheinigung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung
nachgewiesen werden. Dieser Nachweis muss bereits vor Beginn der Maßnahme ausgestellt werden. Krankheitskosten bis zum Selbstbehalt, die bei einer privaten Krankenversicherung angefallen sind, können als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden.
Aufwendungen für Prozesskosten
Prozesskosten können (u. a. Scheidungskosten) grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden. Etwas anderes kann ausnahmsweise dann gelten, wenn es sich um Aufwendungen handelt, ohne die man Gefahr liefe, die Existenzgrundlage zu verlieren und die lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
Der Bundesgerichtshof hat seine einschränkende Rechtsprechung fortgesetzt. Danach sind auch Aufwendungen einer Mutter im Zusammenhang mit einem Rechtsstreit zur Abwehr des Umgangsrechts des Vaters sowie um die Anpassung von Kindesunterhalt nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen, da nach Auffassung des Gerichts ohne die Prozesse die (materielle) Existenzgrundlage nicht gefährdet gewesen wäre.
Unterhaltsleistungen
Unterhaltsleistungen können nur insoweit zum Abzug zugelassen werden, als die Aufwendungen dazu bestimmt und geeignet sind, dem laufenden Lebensbedarf des Unterhaltsempfängers im Veranlagungszeitraum der Unterhaltszahlung zu dienen. Liegen diese Voraussetzungen nur für einige Monate des Jahres der Unterhaltszahlung vor, muss der Unterhaltshöchstbetrag gemäß § 33a Abs. 3 S. 1 EStG entsprechend aufgeteilt werden. Bei Unterhaltszahlungen ins Ausland ist zu beachten, dass diese nur abziehbar sind, soweit sie nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaates der unterhaltenen Person notwendig und angemessen sind. Es sollte hier auf regelmäßige laufende Zahlungen geachtet werden.
Keine Verteilung möglich
Außergewöhnliche Belastungen sind nach § 11 Abs. 2 S. 1 EStG ausschließlich in dem Jahr der Zahlung zu berücksichtigen. Übersteigen die Aufwendungen in einem Jahr die Einkünfte, geht der übersteigende Teil steuerlich unter.
10. Entlastungsbetrag für Alleinerziehende
Nach § 24b EStG dürfen Alleinerziehende jährlich einen sogenannten Entlastungsbetrag für Alleinerziehende steuerlich geltend machen. Ab dem Jahr 2020 wird dieser Steuerfreibetrag auf EUR 4.008,00 jährlich erhöht (bis 2019 EUR 1.908,00). Mit der Erhöhung um EUR 2.100,00 wird die besondere Belastung Alleinerziehender berücksichtigt. Dieser Entlastungsbetrag sollte ursprünglich auf zwei Jahre befristet werden. Diese Befristung ist entfallen, somit gilt der erhöhte Betrag ab dem Jahr 2022 dauerhaft weiter. Ab dem zweiten und für jedes weitere Kind erhöht sich der Entlastungsbetrag um EUR 240,00 jährlich.
Voraussetzungen dafür sind:
- Mindestens ein Kind, das mit im Haushalt lebt und gemeldet ist
- Für das Kind erhält die Alleinerziehende Kindergeld/Kinderfreibeträge
- Kein Splittingverfahren erfüllt oder verwitwet
- Keine Hausgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bildet,
es sei denn, für diese Person steht dem Alleinerziehenden ein Kinderfreibetrag oder
Kindergeld zu
Es dürfen somit keine weiteren erwachsenen Personen zu dem Haushalt der Alleinerziehenden gehören. Erwachsene Kinder, für welche die Alleinerziehende Kindergeld erhält, sind eine Ausnahme von dieser Regel. Eine Ausnahme bilden somit die volljährigen Kinder im Haushalt, die sich in Berufsausbildung befinden oder auf einen Ausbildungsplatz warten oder einen Freiwilligendienst leisten. Eine weitere Ausnahme bilden pflegebedürftige erwachsene Personen (Pflegegrad 1 bis 5 oder blind). Diese dürfen im Haushalt der Alleinstehenden leben.
Dieser Freibetrag verringert sich um ein Zwölftel für jeden vollen Kalendermonat, in dem diese Voraussetzungen nicht vorliegen.
Die Haushaltszugehörigkeit ist anzunehmen, wenn das Kind in der Wohnung des Alleinerziehenden gemeldet ist. Nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs begründet die Meldung im Haushalt des Alleinerziehenden eine unwiderlegbare Vermutung für die Haushaltszugehörigkeit des Kindes. Das heißt, dass diese Meldung auch dann maßgebend ist, wenn das Kind gar nicht in dieser, sondern in einer anderen Wohnung (z. B. während der Ausbildung / des Studiums) lebt. Eine Meldung mit Nebenwohnsitz genügt. Auf den tatsächlichen Aufenthaltsort des Kindes kommt es nur dann an, wenn das Kind bei mehreren Personen gemeldet ist. Ist das Kind bei beiden Elternteilen gemeldet, erhält der Elternteil den Entlastungsbetrag, an den das Kindergeld für das Kind ausgezahlt wird. Den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende gibt es nur für einen Elternteil.
Heiratet ein Alleinerziehender, entfällt für das gesamte Kalenderjahr der Entlastungsbetrag. Es findet keine Verteilung auf Monate statt, denn der Gesetzeswortlaut erfordert, dass im Jahr die Voraussetzungen für den Splittingtarif nicht gegeben sein dürfen. Es spielt keine Rolle, ob Eltern eine getrennte Veranlagung oder Zusammenveranlagung in der Steuererklärung wählen.
11. Haushaltsnahe Dienstleistungen und Beschäftigungsverhältnisse
Die begünstigten Tatbestände sind im § 35a EStG zusammengefasst worden.
Art der begünstigten Tätigkeit |
Höchstbetrag |
Steuerabzug |
Steuerermäßigung
|
a) Handwerkerleistungen
b) Haushaltshilfe Minijob
c) Haushaltsnahe Dienstleistungen
Pflege- und Betreuungsleistung
Haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse
|
EUR 6.000
EUR 2.550
EUR 20.000 |
20 %
20 %
20 %
|
EUR 1.200
EUR 510
EUR 4.000
|
Anzumerken wäre hier, dass alle Dienstleistungen eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung aufweisen müssen. Das bedeutet, dass es sich um Tätigkeiten handeln sollte, die üblicherweise von Mitgliedern des Haushalts erledigt werden. Weiterhin muss die Dienstleistung im Haushalt ausgeführt werden. Zum Haushalt können auch mehrere, räumlich voneinander getrennte Orte (Zweit-, Wochenend- oder Ferienwohnung) gehören.
Es ist aber auch möglich, die Renovierungsarbeiten an der bisherigen Wohnung zu berücksichtigen, selbst wenn man bereits ausgezogen ist – der Begriff „im Haushalt“ ist hier nicht ganz so eng zu fassen. Nicht begünstigt sind handwerkliche Tätigkeiten im Rahmen einer Neubaumaßnahme (Errichtung eines Haushalts), die bis zu deren Fertigstellung anfallen.
a) Handwerkerleistungen § 35a Abs. 3 EStG
Die handwerklichen Tätigkeiten für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungs-maßnahmen müssen in einem innerhalb der EU oder des EWR liegenden Haushalts des Steuerpflichtigen erbracht werden. Neubaumaßnahmen (die im Zusammenhang mit der Errichtung eines Haushalts bis zu dessen Fertigstellung anfallen) sind nicht begünstigt. In der Rechnung muss der begünstigte Rechnungsanteil für die Arbeitsleistung gesondert ausgewiesen sein.
Zu den handwerklichen Tätigkeiten zählen u. a.:
- Abflussrohrreinigung
- Arbeiten an Innen- und Außenwänden
- Arbeiten am Dach, an der Fassade, an Garagen o. Ä. / Dachrinnenreinigung
- Arbeitskosten für das Aufstellen eines Baugerüstes (nicht Miete und Materialkosten)
- Gebühren für den Schornsteinfeger (für sämtliche Schornsteinfegerleistungen)
- Hausanschlüsse (z. B. Kabel für Strom oder Fernsehen)
- Maßnahmen der Gartengestaltung, auch Neuanlage des Gartens
- Modernisierung des Badezimmers / Modernisierung oder Austausch der Einbauküche
- Pflasterarbeiten auf dem Wohngrundstück
- Reparatur oder Austausch von Bodenbelägen (z. B. Teppichboden, Parkett, Fliesen)
- Reparatur oder Austausch von Fenstern und Türen
- Reparatur, Wartung oder Austausch von Heizungsanlagen, Elektro-, Gas- und Wasserinstallationen, Feuerlöscher
- Reparatur und Wartung von Gegenständen im Haushalt des Steuerpflichtigen
(z. B. Waschmaschine, Geschirrspüler, Herd, Fernseher, PC, Klavier …) - Streichen/Lackieren von Türen, Fenstern, Heizkörpern und -rohren
- Nachträglicher Dachgeschossausbau (auch bei einer Nutz-/Wohnflächenerweiterung)
- Nachträgliche Errichtung eines Carports, einer Fertiggarage, eines Wintergartens oder einer Terrassenüberdachung
Auch Bewohner von Eigentumswohnungen können Handwerkerleistungen beim entsprechenden Ausweis in der WEG-Abrechnung in Abzug bringen. Mieter können Handwerkerleistungen ebenfalls in Abzug bringen, wenn diese in der Nebenkosten-abrechnung entsprechend ausgewiesen sind.
Der Materialanteil bzw. die Lieferung von Waren gehört nicht zu den begünstigten Aufwendungen. Die Arbeitskosten, einschließlich der in Rechnung gestellten Maschinen- und Fahrtkosten, sind begünstigt. Die Umsatzsteuer ist je nachdem, auf welchen Posten sie sich bezieht, abzugsfähig oder nicht abzugsfähig (Aufteilung).
Barzahlungen sind nicht begünstigt. Dies gilt auch für Abschlagszahlungen. Eine Ausnahme gibt es hier. Zahlungen im Zusammenhang mit einer geringfügigen Beschäftigung können steuerlich unschädlich auch in bar geleistet werden.
Für die Berücksichtigung der Steuerermäßigung im jeweiligen Kalenderjahr kommt es grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Zahlung an. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass eine Zahlung, die über dem Höchstbetrag liegt, verloren geht. Eine Anrechnung des übersteigenden Betrages kann nicht im folgenden Jahr nachgeholt werden. Wenn man in einem Jahr keine Steuern zahlt, weil die Einkünfte zu gering sind, kann man auch den Steuervorteil nicht nutzen. Die Vergünstigung geht dann komplett verloren.
b) Haushaltshilfe Minijob § 35a Abs. 1 EStG
Für Arbeitsverhältnisse in Privathaushalten mit Arbeitsentgelt bis EUR 450,00 pro Monat wird in der Regel das sogenannte Haushaltsscheckverfahren angewendet. Der Arbeitnehmer wird bei der Bundesknappschaft angemeldet.
c) Haushaltsnahe Dienstleistung
Der § 35a Abs. 2 EStG fasst mehrere Tatbestände zusammen, die sich einen gemeinsamen Aufwendungshöchstbetrag von EUR 20.000,00 teilen. Dies entspricht einer Steuerermäßigung von EUR 4.000,00 (EUR 20.000,00 x 20 %).
Zum einen sind haushaltsnahe sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse begünstigt. Begünstigt sind auch Pflege- und Betreuungsleistungen. Ein bestimmter Schweregrad der Pflegebedürftigkeit wird vom Gesetz nicht gefordert.
Ferner sind haushaltsnahe Dienstleistungen begünstigt, die keine Handwerkerleistungen darstellen. Die Handwerkerleistungen sind gemäß § 35a Abs. 3 EStG nur mit einem Aufwendungshöchstbetrag von EUR 6.000,00 bzw. einer Steuerermäßigung von EUR 1.200,00 begünstigt.
Es ergibt sich hier wegen der unterschiedlichen Höchstbeträge die Notwendigkeit der Abgrenzung zwischen haushaltsnahen Dienstleistungen und Handwerkerleistungen. Die Rechtsprechung hat sich mit den Abgrenzungsfragen befasst. Hiernach sind Maler- und Tapezierarbeiten als Handwerkerleistungen einzuordnen. Es gilt folgender allgemeiner Grundsatz: Auch einfache handwerkliche Tätigkeiten, die von Laien ausgeführt werden können, können nicht als haushaltsnahe Dienstleistungen eingeordnet werden.
Zu den haushaltsnahen Dienstleistungen gehören u. a. Aufwendungen für
- einen selbstständigen Gärtner (z. B. zum Rasenmähen oder Heckenschneiden),
- die Pflege von Angehörigen (z. B. durch Inanspruchnahme eines Pflegedienstes),
- einen selbstständigen Fensterputzer,
- Reinigungsleistungen durch Dienstleistungsagenturen, Hausmeisterleistungen,
- privat veranlasste Umzugsleistungen,
- Straßenreinigung auf privatem Grundstück, Winterdienst,
- Kosten für ein Notrufsystem,
- Betreuung eines Haustieres in der Wohnung des Tierhalters,
- Hausmeister/Hauswart (z. B. bei Nebenkostenabrechnungen).
12. Neue Steuerermäßigung nach § 35c EStG
Mit dem „Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht“ wurde § 35c EStG eingeführt.
Dabei handelt es sich um eine Steuervergünstigung für energetische Maßnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden, die nach dem 31.12.2019 begonnen wurden.
Diese Objekte müssen bei Beginn der Maßnahme älter als 10 Jahre sein. Abzustellen ist auf den Beginn der Herstellung des Gebäudes.
Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt vor, wenn das Gebäude im jeweiligen Kalenderjahr ausschließlich selbst genutzt wird. Eine Eigennutzung liegt auch vor, wenn die Wohnung nur teilweise selbst genutzt und ansonsten anderen Personen unentgeltlich zur Wohnnutzung überlassen wird. Begünstigt sind auch Eigentumswohnungen sowie Gebäudeteile, die selbstständige unbewegliche Wirtschaftsgüter sind.
Die Nutzung als Arbeitszimmer soll unschädlich sein. Ferienwohnungen sind m. E. auch begünstigt, wenn sie nicht auch vermietet werden.
Die Steuerermäßigung beträgt in den ersten beiden Jahren jeweils 7 % der Aufwendungen (maximal jeweils EUR 14.000,00) und im dritten Kalenderjahr 6 % der Aufwendungen (maximal EUR 12.000,00). Um die maximale Steuerermäßigung (EUR 40.000,00) zu erreichen, bedarf es also begünstigter Aufwendungen i. H. von EUR 200.000,00.
Begünstigt sind Aufwendungen für energetische Maßnahmen. Diese sind im Gesetz wie folgt benannt: 1. Wärmedämmung von Wänden, 2. Wärmedämmung von Dachflächen, 3. Wärmedämmung von Geschossdecken, 4. Erneuerung der Fenster oder Außentüren, 5. Erneuerung oder Einbau einer Lüftungsanlage, 6. Erneuerung der Heizungsanlage, 7. Einbau von digitalen Systemen zur energetischen Betriebs- und Verbrauchsoptimierung, 8. Optimierung bestehender Heizungsanlagen, sofern diese älter als zwei Jahre sind.
Daneben sind auch Kosten für einen Energieberater teilweise berücksichtigungsfähig.
Die energetischen Maßnahmen müssen durch ein Fachunternehmen durchgeführt werden. Der Steuerpflichtige benötigt eine nach amtlichem Muster gefertigte Bescheinigung des Fachunternehmens, aus der sich ergibt, dass die Aufwendungen dem Grunde und der Höhe nach begünstigt sind. Die in Rechnung gestellten Kosten für die Bescheinigung gehören auch zu den begünstigten Aufwendungen. Die Rechnungen müssen überwiesen werden, da Barzahlungen nicht begünstigt sind.
In der Rechtsverordnung zur Bestimmung von Mindestanforderungen für energetische Maßnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden nach § 35c EStG (Energetische Sanierungsmaßnahmen-Verordnung – ESanMV) vom 02.01.2020, BGBl. I S. 3, sind weitere Voraussetzungen an die energetischen Maßnahmen sowie die Fachunternehmen enthalten.
Im BMF-Schreiben vom 31.03.2020 wurde eine Musterbescheinigung veröffentlicht, von deren Inhalt, Ausbau und Reihenfolge der Angaben nicht abgewichen werden darf.
Die Steuerermäßigung nach § 35c EStG kommt nicht in Betracht, soweit die Aufwendungen als Betriebsausgaben, Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt worden sind oder wenn für die energetische Maßnahme eine Steuerbegünstigung nach § 10f EStG oder eine Steuerermäßigung nach § 35a EStG in Anspruch genommen wird. Ebenso ist der § 35c EStG ausgeschlossen für die zinsverbilligten Darlehen oder steuerfreie Zuschüsse, für die eine Steuerermäßigung in Anspruch genommen worden ist (unabhängig von deren tatsächlicher Höhe).
13. Häusliches Arbeitszimmer/Homeoffice
Die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer können vollständig geltend gemacht werden, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bildet und kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.
Für die übrigen Fälle, in denen das Arbeitszimmer nicht der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit ist, sind nachstehende Fallgruppen zu beachten. Liegt kein sogenannter Mittelpunktsfall vor, können die Aufwendungen in tatsächlicher Höhe bis zu einem Betrag von EUR 1.250,00 abgezogen werden, wenn kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Bei einer nicht ganzjährigen Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers ist nicht zeitanteilig zu kürzen. Der Arbeitnehmer hat die Beweislast, dass kein anderer Arbeitsplatz für die berufliche Tätigkeit zur Verfügung steht. Für die Zeit der Coronapandemie (derzeit 01.03.2020–31.12.2021) wurde bundeseinheitlich abgestimmt, dass dem Steuerpflichtigen kein anderer Arbeitsplatz mehr zur Verfügung steht, wenn er z. B. aus Gründen des Gesundheitsschutzes den Empfehlungen der Bundesregierung bzw. der Länder gefolgt ist.
Folgende Fallgruppen sind zu unterscheiden:
Ja |
Nein |
Ja |
Nein |
voller |
kein |
Werbungs- |
Werbungs- |
Werbungs- |
kosten- |
kosten- |
kosten- |
abzug auf |
abzug |
abzug |
EUR 1.250 |
begrenzt |
Mittelpunkt der gesamten betrieblichen |
und beruflichen Tätigkeit ? |
weitere Prüfung |
Steht ein anderer Arbeitsplatz |
zur Verfügung? |
Abgrenzung häusliches und außerhäusliches Arbeitszimmer
Die Einschränkungen beim steuerlichen Abzug gelten dann nicht, wenn es sich nicht
um ein häusliches Arbeitszimmer handelt. Es handelt sich dann nicht um ein häusliches Arbeitszimmer, wenn auf dem Weg zum Arbeitszimmer eine „der Allgemeinheit zugängliche oder von fremden Dritten benutzte Verkehrsfläche“ betreten wird.
Ein häusliches Arbeitszimmer ist demnach ein Arbeitszimmer in einem Mehrfamilienhaus,
das auf der gleichen Etage oder neben der Privatwohnung liegt. Die „Häuslichkeit“ wird verneint, wenn in einem Mehrfamilienhaus die Erdgeschosswohnung als Privatwohnung dient und sich das Arbeitszimmer im Dachgeschoss befindet. In diesem Fall muss auch das Treppenhaus betreten werden, welches auch von fremden Mietern benutzt wird. Umgangssprachlich wird diese Abgrenzung als Schlafanzug- oder Pyjamatheorie bezeichnet.
Gemischt genutztes Arbeitszimmer
Ein als häusliches Arbeitszimmer genutzter Raum wird nur dann steuerlich anerkannt, wenn der Raum zu mehr als 90 % beruflich genutzt wird. Eine teilweise private Mitbenutzung von 10 % oder mehr wäre für die Betriebsausgaben – oder Werbungskostenabzug schädlich. Somit können auch die Kosten für eine „Arbeitsecke“ in einem anderen Raum (z. B. Wohnzimmer) nicht abgesetzt werden, da der gesamte Raum nicht unerheblich privat genutzt wird.
Mehrere Steuerpflichtige nutzen ein Arbeitszimmer gemeinsam
Der Höchstbetrag von EUR 1.250,00 ist nicht objektbezogen, sondern personenbezogen. Teilen sich Eheleute/Lebensgemeinschaften ein Arbeitszimmer, kommt der Höchstbetrag für jeden Ehepartner in voller Höhe (EUR 1.250,00) in Betracht.
Außer Betracht bleibt, ob beide Partner das häusliche Arbeitszimmer im gleichen zeitlichen Umfang nutzen.
Homeoffice
Für die Jahre 2020 und 2021 wird eine Homeoffice-Pauschale von EUR 5,00 für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit ausschließlich in der häuslichen Wohnung ausgeübt wird, eingeführt. Der Abzug ist jedoch auf EUR 600,00 pro Jahr begrenzt. Aufwendungen für Arbeitsmittel und/oder beruflich veranlasste Telefonkosten, Kosten für Monats-/Jahrestickets für öffentliche Verkehrsmittel sind neben der Homeoffice-Pauschale abziehbar. Fahrtkostenpauschalen für Tage des Homeoffice können nicht geltend gemacht werden. Die Arbeitstage im Homeoffice sollten dokumentiert werden.
Die Pauschale kommt Steuerpflichtigen zugute, bei denen die erforderlichen Voraussetzungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht vorliegen oder die auf den Einzelnachweis der Arbeitszimmerkosten verzichten. In einem Veranlagungsjahr kann nur entweder der Abzug der Homeoffice-Pauschale oder der Abzug der tatsächlichen Aufwendungen erfolgen. Ein Nebeneinander in einem Veranlagungszeitraum ist nicht möglich.
14. Privates Veräußerungsgeschäft häusliches Arbeitszimmer
Als privates Veräußerungsgeschäft wird ein Vorgang bezeichnet, bei dem Wirtschaftsgüter des Privatvermögens innerhalb kurzer Zeit nach der Anschaffung wieder verkauft werden.
Der Gewinn, welcher entsteht, wenn eine private Immobilie innerhalb von 10 Jahren nach Erwerb verkauft wird, ist daher einkommensteuerpflichtig.
Eine Ausnahme bildet die selbst genutzte Wohnung / das selbst genutzte Haus. Hier bleiben Gewinne auch beim Verkauf innerhalb der 10-Jahres-Frist regelmäßig steuerfrei.
Bisher stellte sich die Frage, wie mit einer selbst genutzten Wohnung / einem selbst genutzten Haus verfahren wird, in der/dem sich ein beruflich geltend gemachtes häusliches Arbeitszimmer befindet. Der BFH hat im März entschieden, dass die Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers durch einen Arbeitnehmer auch als eine „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ angesehen wird, mit der Folge, dass der Veräußerungsgewinn – trotz Arbeitszimmer – steuerfrei bleibt.
Nur wenn ein Zimmer in der Wohnung fremdvermietet wird, könnte eine „schädliche“ Nutzung vorliegen. Bei dem häuslichen Arbeitszimmer wird typisierend davon ausgegangen, dass eigengenutzte Wohnzwecke vorliegen, da ein solches Arbeitszimmer regelmäßig eine geringfügige Nutzung zu eigenen Wohnzwecken ermöglicht. Der Umfang der Wohnnutzung ist dabei nicht erheblich.
15. Vermietung und Verpachtung – Verbilligte Vermietung
Bei der verbilligten Vermietung von Wohnraum stellt sich die Frage des anteiligen oder vollen Werbungskostenabzugs.
Bei einer Miete (Kaltmiete zuzüglich umlagefähiger Nebenkosten) von mindestens 66 % der ortsüblichen Miete wird der volle Werbungskostenabzug gewährt. Unter 50 % der ortsüblichen Miete werden die Werbungskosten hinsichtlich des unentgeltlichen Anteils gekürzt.
Im Entgeltbereich zwischen 50 % und 66 % ist eine Totalüberschussprognose vorzunehmen („Liebhabereiprüfung“). Sollte diese Prognose negativ ausfallen, ist von einer Einkünfteerzielungsabsicht lediglich für den entgeltlichen Teil auszugehen, sodass nur die Werbungskosten für den entgeltlich vermieteten Teil berücksichtigt werden können.
Ergibt sich nach dieser Prognose ein Totalgewinn über alle Jahre, werden die Werbungskosten ungekürzt berücksichtigt.
Prozentsatz der tatsächlichen zur ortsüblichen Miete einschließlich der umlagefähigen Kosten
Rechtsfolge für den Werbungskostenabzug
|
< 50 %
Anteilige Kürzung der Werbungskosten
|
50 % – 66 %
Überschuss-prognose erforderlich |
> 66 %
Voller Werbungskosten-abzug
|
Die Finanzverwaltung nimmt eine anteilige Kürzung der Werbungskosten auch dann vor, wenn es aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht möglich sein sollte, die bisherige Miete zu erhöhen, um die Grenze einzuhalten.
Der Grund für die verbilligte Überlassung spielt keine Rolle.
Bei der Vermietung an Angehörige (z. B. Eltern, Kinder und Geschwister) ist zusätzlich darauf zu achten, dass der Mietvertrag einem Fremdvergleich standhält und auch tatsächlich vollzogen wird. Dabei ist auf regelmäßige Mietzahlungen zu achten. Auch sollte bei verbilligter Überlassung darauf geachtet werden, dass die Betriebskostenabrechnung erstellt und die sich daraus ergebende Nachzahlung bzw. Erstattung ausgeglichen worden ist. Sonst besteht die Gefahr, dass das Mietverhältnis als solches insgesamt nicht anerkannt wird.
Unter ortsüblicher Miete für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung ist die ortsübliche Bruttomiete – d. h. die Kaltmiete zuzüglich der nach der Betriebskostenverordnung umlagefähigen Kosten – zu verstehen.
Die ortsübliche Marktmiete ist vorrangig aus dem Mietspiegel zu bestimmen, so der BFH in seinem Urteil von Februar 2021.
Kann dieser nicht zugrunde gelegt werden, sind Vergleichsmieten oder Mietgutachten heranzuziehen.
16. Förderung des Mietwohnungsneubaus § 7b EStG
Zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus wurde im Jahr 2019 ein neuer § 7b EStG eingeführt. Der Wohnungsneubau soll durch die neue Sonderabschreibung für Mietwohnungen im unteren bis mittleren Preissegment gefördert werden. Diese Regelung wird auf Herstellungs- oder Anschaffungsvorgänge beschränkt, für die der Bauantrag oder die Bauanzeige nach dem 31.08.2018 und vor dem 01.01.2022 gestellt wird.
Die Sonderabschreibungen können auch dann in Anspruch genommen werden, wenn die Fertigstellung nach dem 31.12.2021 erfolgt, längstens aber bis zum Jahr 2026. Ob die (neue) Bundesregierung eine Verlängerung anstrebt, ist derzeit nicht bekannt.
Kurz die Eckpunkte:
Danach können für die Anschaffung oder Herstellung neuer Mietwohnungen in einem EU-Mitgliedstaat (= einschließlich Inland) oder einem Staat, der in vergleichbarer Weise Amtshilfe leistet, im Jahr der Anschaffung bzw. Herstellung und in den folgenden 3 Jahren auf Antrag Sonderabschreibungen bis zu 5 % jährlich zusätzlich zu der „normalen“ Gebäudeabschreibung von 2 % in Anspruch genommen werden è neuer § 7b EStG è bis zu 28 % AfA in den ersten 4 Jahren. Nach Ablauf des vierjährigen Begünstigungszeitraums wird der Restwert, verteilt auf die Restnutzungsdauer von regelmäßig 46 Jahren, linear abgeschrieben.
Gefördert wird sowohl die Schaffung von neuem, d. h. zusätzlich und erstmalig geschaffenem Mietwohnraum im Zusammenhang mit dem Neubau von Gebäuden als auch die entsprechende Baumaßnahme in bestehenden Gebäuden è wenn z. B. ein Ladenlokal in eine neue Mietwohnung umgebaut oder wenn ein Altbau um eine oder mehrere Mietwohnungen erweitert wird. Im Fall der Anschaffung ist eine Wohnung neu, wenn sie bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft wird.
Um in den Genuss der (bis zum 31.12.2026 befristeten) Sonderabschreibung zu kommen, sind folgende Voraussetzungen zu erfüllen:
- Der Bauantrag oder die Bauanzeige (nicht die Fertigstellung) muss nach dem 31.08.2018 und vor dem 01.01.2022 gestellt werden; maßgebend ist der Eingangsstempel der zuständigen Behörde.
- Die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten dürfen EUR 3.000,00 pro m2 Wohnfläche nicht übersteigen è sogenannte Baukostenobergrenze è zu den Anschaffungskosten zählen auch die typischen Anschaffungsnebenkosten wie z. B. Maklergebühren, Provisionen, Notargebühren, Grundbuchgebühren, Grunderwerbsteuer, Gerichtskosten, Vermessungskosten, Gutachterkosten, aber ohne Boden und Außenanlagen.
- Zur sachgerechten Ermittlung der Baukosten je m² (Wohn-)Fläche des zu fördernden Objekts kann alternativ auch die Bruttogrundfläche (BGF) des aufgrund der Baumaßnahme entstandenen Gebäudes für die Prüfung der Kostenobergrenze herangezogen werden.
Die neue Wohnung muss im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den folgenden 9 Jahren entgeltlich zu Wohnzwecken überlassen werden. Nicht als Wohnzwecken dienend gelten solche Wohnungen, die nur zur vorübergehenden Beherbergung von Personen bestimmt sind, wie z. B. Ferienwohnungen.
Ein nur vorübergehender Leerstand schadet nicht. Eine Mietobergrenze ist nicht vorgesehen.
Die Bemessungsgrundlage für die Sonderabschreibung ist auf EUR 2.000,00 je m2 Wohnfläche einschließlich Nebenräumen, z. B. Keller- oder Abstellräumen, gemeinschaftlich genutzter Räume im selben Gebäude, Stellplätzen in Tiefgaragen sowie der zu einem Gebäude gehörenden Garagen, begrenzt.
17. Wegfall von Mieteinnahmen in der Coronakrise
Aufgrund der wirtschaftlichen Probleme, welche durch Corona entstanden sind, konnten zum Teil Mieter ihre Mietzahlungen nicht mehr leisten. Es stellte sich nun die Frage, wie hier bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bei den Vermietern verfahren werden soll.
Für den Fall, dass der Vermieter seinem Mieter für die im Privatvermögen gehaltenen und nicht Wohnzwecken dienenden Immobilien (gewerblich genutzte Räume) – aufgrund einer finanziellen Notsituation des Mieters – Mietzahlungen ganz oder teilweise erlässt, darf durch das Finanzamt keine verbilligte Vermietung zugrunde gelegt werden, bei der der Werbungskostenabzug zu kürzen wäre. Es kann nicht automatisch davon ausgegangen werden, dass der Vermieter keine Einkunftserzielungsabsicht mehr hat. Diese Beurteilung muss unabhängig von dem Mieterlass stattfinden.
Nach aktueller Verwaltungsauffassung ist auf die tatsächlich vereinbarten Mieten abzustellen. Eine vertragswidrige Nichtzahlung bleibt außer Betracht, es sei denn, die Nichtzahlung wird vom Vermieter aus privaten Gründen hingenommen.
Bei der Vermietung von Wohnraum zu einer marktüblichen oder verbilligten Miete (von 66 % bzw. ab 2021 50 %) können trotzdem die Werbungskosten in vollem Umfang steuermindernd geltend gemacht werden. Diese Entscheidung basiert auf der Tatsache, dass sich an der vereinbarten Miethöhe nichts geändert hat. War der Kostenabzug bereits vor dem Mieterlass wegen Unterschreitens der Grenze nur gekürzt möglich, erfolgt durch den Mieterlass keine weitere Kürzung.
Zu beachten ist aber, dass der Vermieter grundsätzlich den Mieterlass zum Nachweis für das Finanzamt schriftlich vereinbaren und darin den Grund für den Erlass mit aufnehmen sollte. Hierbei sind die coronabedingten Lohn- oder Honorarausfälle bei Wohnraummietern bzw. Umsatzausfälle bei gewerblichen Mietern und daher eine gefährdete wirtschaftliche Existenz des Mieters bei Weiterzahlung der Grundmiete in der im Mietvertrag vereinbarten Höhe in jedem Fall zu erwähnen.
18. Berücksichtigung von Vermögensverlusten bei Einkünften aus Kapitalvermögen
Diverse Urteile des BFH (Az. VIII R 13/15, X R 9/17 und VIII R 18/16) bemängelten die bisherige Verwaltungsauffassung, wonach ein Forderungsausfall von Kapitalvermögen keine Veräußerung im Sinne des § 20 Abs. 2 S. 2 EStG darstellt.
Dem sollte mit einer Ergänzung in § 20 Abs. 2 um einen Satz 3 Abhilfe geschaffen werden, welcher regeln soll, dass insbesondere der durch den Ausfall einer Kapitalforderung oder die Ausbuchung einer wertlosen Aktie entstandene Verlust steuerlich unbeachtlich ist. Bekanntermaßen hat sich der Bundesrat dagegen ausgesprochen, weshalb dieser Passus aus dem endgültigen Jahressteuergesetz 2019 gestrichen wurde.
Stattdessen wurde sehr versteckt im Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen im Bereich des § 20 Abs. 6 S. 6 EStG festgelegt, dass derlei Verluste und die Ausbuchung wertloser Aktien nunmehr bis zu einer Höhe von EUR 10.000,00 pro Jahr abzugsfähig sein sollen. Außerdem dürfen Verluste aus Termingeschäften nur noch mit Gewinnen aus Termingeschäften sowie Einnahmen aus Stillhaltergeschäften verrechenbar sein, darüber hinaus sind sie ebenfalls nur bis EUR 10.000,00 abzugsfähig. Durch das Jahressteuergesetz 2020 wurde dieser Betrag auf EUR 20.000 angehoben.
Am 03.06.2021 wurden mit der Ergänzung des BMF-Schreibens vom 18.01.2016 (Dok.-Nr. 2021/0005928) konkrete Ausführungen dazu veröffentlicht.
Zunächst wird darauf abgestellt, dass eine Kapitalforderung dann uneinbringlich ist, wenn der Gläubiger seine Ansprüche nicht mehr durchsetzen kann, zum Beispiel bei Ablehnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse. Nicht ausreichend hingegen ist es, wenn bisher lediglich das Verfahren eröffnet wurde. Der Veräußerungsverlust ergibt sich aus dem Unterschied zwischen den Einnahmen aus der Rückzahlung nach Abzug aller mit dem Ausfall der Forderung in Verbindung stehenden Aufwendungen und den Anschaffungskosten der Kapitalforderung.
Im Übrigen steht der Verzicht auf eine nicht werthaltige Forderung einem Forderungsausfall gleich und führt daher zu einem steuerlich anzuerkennenden Veräußerungsverlust. Das gilt auch bei einem freiwilligen Verzicht.
Maßgeblich sind Kapitalforderungen, die nach dem 31.12.2008 begründet worden sind.
Für die in § 20 Abs. 6 S. 6 EStG geregelte Verlustverrechnung gilt Folgendes:
- Sie findet nur im Rahmen der Veranlagung statt.
- Uneinbringliche Kapitalforderungen können nur mit positivem Kapitalvermögen ausgeglichen werden.
- Wie bereits erwähnt, dürfen Verluste aus Termingeschäften nur mit Gewinnen aus solchen sowie Einkünfte aus Stillhalterprämien verrechnet werden. Die Verluste müssen zudem nach dem 31.12.2020 entstanden sein.
- Nicht verrechnete Verluste können auf Folgejahre übertragen werden, dürfen allerdings nur mit nach Verrechnung aller im jeweils aktuellen Jahr entstandenen Verluste verbleibenden Einkünften verrechnet werden.
Die Revision des BFH (Az. VIII R 28/18) zu dem Urteil des FG Düsseldorf (Az. 7 K 3302/17 E) zu der Fragestellung, ob ein endgültiger Ausfall der Forderung in dem Jahr zu berücksichtigen ist, in dem der Insolvenzverwalter dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit anzeigt, kam ganz aktuell zu einem bestätigenden Urteil.
Zudem wurde in einem weiteren Verfahren die Frage entschieden, ob der Verlust aus einem Forderungsverzicht bei einem Gesellschafterdarlehen steuerlich nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 EStG zu berücksichtigen ist (BFH-Urteil vom 14.01.2020 – IX R 9/18). Bezugnehmend auf das eingangs genannte Urteil VIII R 18/16 führt ein durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasster unbedingter Verzicht eines Gesellschafters auf eine ihm gegen eine Kapitalgesellschaft zustehende Darlehensforderung dem Grunde nach zu einer Einlage i. S. des § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG. Wiederum bezugnehmend auf ein anderes Urteil (VIII R 13/15) ist der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung ein steuerlich anzuerkennender Verlust nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 2, Abs. 4 EStG. Es kommt jedoch darauf an, ob das Gesellschafterdarlehen erst ab einem Zeitraum nach dem 31.12.2008 besteht.
Das Problem bleibt der durch das Jahressteuergesetz 2019 neu geschaffene § 17 Abs. 2a EStG. Danach werden Darlehensverluste als nachträgliche Anschaffungskosten behandelt, soweit die Gewährung des Darlehens oder das Stehenlassen in einer Krisensituation gesellschaftsrechtlich veranlasst wird. Der Veräußerungsverlust realisiert sich dann über § 17 Abs. 2 S. 1 EStG über einen geringeren Veräußerungsgewinn. Dem Wortlaut des Gesetzes zufolge liegt eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung vor, wenn das Darlehen unter den vorherrschenden Bedingungen von einem fremden Dritten zurückgefordert oder nicht gewährt worden wäre. Im Einzelfall dürfte dies Auslegungssache sein.
Ein Wahlrecht zwischen § 17 Abs. 2a und § 20 EStG gibt es jedenfalls nicht und es können nicht beide Regelungen gleichzeitig angewendet werden.
Zudem bleiben die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Verlustbeschränkung nach § 20 Abs. 6 S. 6 EStG bestehen. Der BFH hat bereits in dem Verfahren VIII R 11/18 die Frage an das Verfassungsgericht verwiesen, ob § 20 Abs. 6 S. 5 EStG i. d. F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14.08.2007 (BGBl. I 2007, 1912) insoweit mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes vereinbar ist, als Verluste aus der Veräußerung von Aktien nur mit Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien verrechnet werden dürfen.
Es bleibt abzuwarten, welchen Einfluss die noch ausstehende Entscheidung auf den Satz 6 hat.
19. Kirchensteuerabzug bei tariflich besteuerten Kapitalerträgen
Regelmäßig wird die Kirchensteuer als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer erhoben und wird im Zuge dessen mit abgegolten. Dasselbe gilt für die Kirchensteuer, die auf die Einkommensteuer erhoben wird, die nach dem gesonderten Tarif des § 32d Abs. 1 EStG ermittelt wird.
Die Kirchensteuer kann jedoch anstelle der Abgeltungsregelung als Sonderausgabe abzugsfähig sein, wenn zum Beispiel die abgeltende Wirkung bei bestimmten Kapitaleinnahmen durch § 32d Abs. 2 EStG ausgenommen wird oder durch eine Günstigerprüfung ein individueller Steuersatz von unter 25 % feststeht.
Dies entschied das Finanzgericht Düsseldorf und widersprach damit dem Finanzamt, welches den Abzug als Sonderausgabe aufgrund einer durch Betriebsaufspaltung verursachten Gewinnausschüttung nicht anerkannt hatte (FG Düsseldorf, vom 16.11.2016, Az. 15 K 1640/16 E).
Wenn jedoch Kapitalerträge zunächst nach Tarif besteuert, dann aber im Rahmen eines Änderungsbescheids nachträglich der Abgeltungsteuer unterworfen worden sind, ist es fraglich, inwieweit die Erstattung der Kirchensteuer im Jahr des Wechsels den Sonderausgabenabzug mindert.
Das Finanzgericht Düsseldorf ist hier der Auffassung (Urteil vom 05.06.2019, 2 K 1544/17 E), dass die Kirchensteuer für das Jahr als Sonderausgaben zu berücksichtigen ist, in dem sie von dem Steuerpflichtigen tatsächlich entrichtet wurde. Nachträgliche Kirchensteuererstattungen seien, dem Zuflussprinzip folgend, im Erstattungsjahr zu berücksichtigen. § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbs. 2 EStG enthalte keine Rechtsgrundlage, den Sonderausgabenabzug des Kirchensteuerbetrags, welcher vorigen Jahren zuzuordnen ist, unabhängig von der tatsächlichen Zahlung zu kürzen.
Demnach sei eine nachträgliche Kürzung des Sonderausgabenabzugs unzulässig.
Mit Urteil vom 16.03.2021 hob der BFH (Az. X R 23/19) die Entscheidung des FG Düsseldorf auf. Werden Zinseinnahmen zunächst nach dem regulären Einkommensteuertarif besteuert, löst eine spätere Anwendung des gesonderten Tarifs gemäß § 32d Abs. 1 EStG eine Herabsetzung der als Zuschlag zur tariflichen Einkommensteuer festgesetzten Kirchensteuer aus. Die hiermit verbundene Minderung des Sonderausgabenabzugs für gezahlte Kirchensteuer nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbs. 1 EStG ist in dem Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen, in dem die insoweit geänderte Einkommen- und Kirchensteuerfestsetzung wirksam wird.
20. Bescheidänderung bei Günstigerprüfung und nachzuversteuernden Erträgen
Gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO müssen bestandskräftige Steuerbescheide geändert werden, wenn Tatsachen bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und dem Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden an der Nachträglichkeit des Bekanntwerdens anzulasten ist. Ein Verschulden ist unbeachtlich, wenn die nachträglich bekannt gewordene Tatsache in einem unmittelbaren oder mittelbaren sachlichen Zusammenhang steht. Dies ist gegeben, wenn eine zu einer höheren Besteuerung führende Tatsache die zu einer Steuerermäßigung führende Tatsache ursächlich bedingt.
Das Finanzgericht Niedersachsen erkannte in der Nacherklärung von Kapitalerträgen eines Steuerpflichtigen sowie dessen Antragstellung auf Günstigerprüfung einen ursächlichen Zusammenhang zwischen den nacherklärten Kapitalerträgen, der Günstigerprüfung und den darin enthaltenen, noch nicht dem inländischen Steuerabzug unterworfenen Kapitalerträgen.
Der BFH hat dem mit Urteil vom 25.03.2021 (Az. VIII R 7/18) widersprochen. Zwar ist es korrekt, dass Steuerbescheide nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO geändert werden müssen, sofern Tatsachen nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen. Dies trifft jedoch nur dann zu, wenn den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft. Daran fehlt es, wenn sich bei der Betrachtung des Sachverhalts ausschließlich steuermindernde Tatsachen ergeben.
Im Fall nacherklärter, abgeltend besteuerter Kapitalerträge handelt es sich, insbesondere nach erfolgreicher Günstigerprüfung, um eine Anrechnung und Erstattung bereits gezahlter Kapitalertragsteuer. Das gilt nicht nur für inländische, sondern ebenfalls für anrechenbare ausländische Steuerbeträge und EU-Quellensteuern sowie für verrechenbare Verluste. Daher kann es sich hier nur um ein grobes Verschulden handeln, welches einer Änderung des Steuerbescheids entgegensteht.
21. Verlustberücksichtigung bei Beteiligung an Kapitalgesellschaften – Eigenkapitalersatz im Steuerrecht
Als Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft ist unter bestimmten Voraussetzungen ein Verzicht auf die Anwendung der Abgeltungsteuer möglich. In dem Fall dieser Option sind 60 % der Einnahmen und auch der Werbungskosten steuerlich zu berücksichtigen. Dies lohnt sich immer dann, wenn (z. B. durch Fremdfinanzierung bei Kauf der Anteile an der Gesellschaft) die Werbungskosten höher sind als die Einnahmen. Insbesondere bei Verkauf, Liquidation oder auch Insolvenz der Gesellschaft kann ein steuerlich berücksichtigungsfähiger Verlust entstehen. Dabei wird der Erlös (im Zweifel EUR 0,00) aus dem Wegfall der Beteiligung mit den Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile verglichen, die Differenz ist Gewinn oder Verlust.
Mit Urteil vom 11.07.2017 hat der BFH seine bisherige Rechtsprechung geändert und entschieden, dass seit Inkrafttreten des MoMiG ab 2009 für Inanspruchnahmen aus Bürgschaften für die Kapitalgesellschaft und Fremdkapitalhilfen nicht mehr auf die BMF-Schreiben vom 21.10.2010 und vom 08.06.1999 zurückgegriffen werden kann. Somit führen diese nicht mehr zu steuerlich nutzbaren Verlusten. Aus Gründen des Vertrauensschutzes gilt die Änderung der Rechtsprechung aber erst für Dispositionen, die ab dem 27.09.2017 (Veröffentlichung des Urteils) getätigt wurden.
In allen übrigen Fällen, so hat das BMF im Schreiben vom 05.04.2019 (BStBl I 2019, 257) klargestellt, werden im Sinne des neu geschaffenen § 17 Abs. 2a EStG Anschaffungskosten nur noch durch Aufwendungen begründet, die nach handelsrechtlichen Grundsätzen (§ 255 HGB) zu einer offenen und verdeckten Einlage in das Kapital der Gesellschaft führen – also insbesondere bei Nachschüssen (§§ 26 ff. GmbHG) und sonstigen Zuzahlungen (§ 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB) wie Einzahlungen in die Kapitalrücklage.
Ausfälle von Darlehen sowie von Bürgschaftsregressforderungen führen abweichend zur oben genannten Regelung des BFH weiterhin zu Anschaffungskosten, sofern es sich bei der Fremdkapitalhilfe um eine gesellschaftsrechtlich vereinbarte Zuführung durch den Gesellschafter in das Gesellschaftsvermögen handelt. Beispielsweise kann dies bei der Vereinbarung eines Rangrücktritts der Fall sein, da somit dieselben Voraussetzungen gegeben sind wie bei der Rückzahlung von Eigenkapital.
Eine rein interne Umgliederung von freien Gewinnrücklagen in eine zweckgebundene Rücklage führt hingegen nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten auf den Geschäftsanteil des veräußernden Gesellschafters.
Die Regelung des § 17 Abs. 2a EStG gilt für alle Veräußerungen bzw. Auflösungen von Kapitalgesellschaften, die nach dem 31.07.2019 erfolgt sind.
22. Spenden
Spenden sind freiwillige Zuwendungen für einen religiösen, wissenschaftlichen, gemeinnützigen, kulturellen, wirtschaftlichen oder politischen Zweck und eine Sonderausgabe im Sinne des Einkommensteuerrechts, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Spendenempfänger können gemeinnützige Vereine, Stiftungen, politische Parteien oder Religionsgemeinschaften sein. Spenden können in Geld oder Sachleistungen bestehen oder in einem Verzicht auf Entlohnung für geleistete Arbeit.
Spenden sind bis zu einem Anteil von 20 % des Gesamtbetrages der Einkünfte als Sonderausgaben abzugsfähig.
Jede Spendenquittung zahlt sich aus, denn Sonderausgaben mindern das zu versteuernde Einkommen, sobald sie über dem Pauschbetrag von EUR 36,00 bei Ledigen bzw. EUR 72,00 bei Verheirateten/Lebenspartnerschaften liegen.
Soweit Spenden die Höchstbeträge übersteigen, können sie in Folgejahre übertragen und innerhalb der Höchstbeträge geltend gemacht werden, sogenannter Spendenvortrag.
Alle Spenden und Mitgliedsbeiträge für steuerbegünstigte Zwecke müssen anhand der „Zuwendungsbestätigung nach amtlichem Muster“ nachgewiesen werden, vormals Spendenbescheinigung. Die Bestätigung stellt der Empfänger der Spende aus. Dieser kann die Bescheinigung auch direkt elektronisch an das Finanzamt übermitteln.
Zur Vermeidung von Kosten zur Ausstellung von Spendenbescheinigungen bei Kleinspenden (EUR 300,00 ab 2021 / bis 2020 EUR 200,00) ermöglicht die Vorschrift des § 50 Abs. 2 Nr. 2 EStDV (Einkommensteuerdurchführungsverordnung) eine Vereinfachungsregelung. Zur steuerlichen Geltendmachung der Spende reicht als Nachweis der Bareinzahlungsbeleg, der Überweisungsträger oder die Buchungsbestätigung (z. B. Kontoauszug) der Bank bzw. der PC-Ausdruck bei Onlinebanking aus, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
Der Einzahlungsbeleg als Ausdruck muss Name, Kontonummer, Buchungstag, tatsächliche Durchführung der Zahlung und den Betrag der Spende enthalten.
23. Grundfreibetrag / Unterhaltshöchstbetrag / NV-Bescheinigung
Der Grundfreibetrag ist der Teil des Einkommens, der steuerfrei belassen wird. Das heißt, es muss keine Einkommensteuer auf diesen Betrag gezahlt werden.
Der Grundfreibetrag beträgt im Jahr 2021 EUR 9.744,00 und wird im Jahr 2022 um weitere EUR 240,00 auf EUR 9.984,00 angehoben.
Erst ab dieser Grenze muss das Einkommen versteuert werden.
Parallel dazu wird der Unterhaltshöchstbetrag in gleicher Höhe angehoben.
Das führt dazu, dass zukünftig steuerliche Unterhaltsleistungen in höherem Umfang geltend gemacht werden können.
Liegt das zu versteuernde Einkommen unter dem Grundfreibetrag und hat der Steuerpflichtige gleichzeitig Kapitalerträge oberhalb des Sparerpauschbetrages, sollte ein Antrag auf eine Nichtveranlagungsbescheinigung beim Finanzamt gestellt werden. Damit wird verhindert, dass das Kreditinstitut Steuern auf Kapitalerträge an das Finanzamt abführt.
Die Nichtveranlagungsbescheinigung gilt für maximal drei Jahre. Damit erübrigt sich ein Freistellungsauftrag beim Kreditinstitut.
Der Steuerpflichtige muss dennoch eine Steuererklärung abgeben, wenn das zu versteuernde Einkommen über den Grundfreibetrag steigt.
24. Grunderwerbsteuersätze zum 1. Januar 2022
Im Folgenden der Überblick über die Grunderwerbsteuersätze in Deutschland:
- 3,5 %: Bayern, Sachsen
- 4,5 %: Hamburg
- 5,0 %: Bremen, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt
- 6,0 %: Berlin, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern
- 6,5 %: Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Schleswig-Holstein, Thüringen
25. Änderung im Grunderwerbsteuergesetz
Durch die Medien hinreichend bekannte Akteure wie Vonovia stehen im Verdacht, mit sogenannten Share Deals die Grunderwerbsteuer umgangen zu haben. Schätzungen zufolge gehen dem Fiskus dadurch pro Jahr mehr als eine Milliarde Euro verloren.
Share Deals sind in einem Unternehmen gebündelte Immobilienanteile, die ein Käufer übernimmt. Die bisherige Regelung sah vor, dass eine Grunderwerbsteuerpflicht erst dann anfällt, wenn innerhalb von fünf Jahren mindestens 95 % der Anteile an einer Immobiliengesellschaft den Eigentümer wechseln.
Seit dem 01.07.2021 wurde die steuerauslösende Grenze auf 90 % gesenkt. Zudem wurde die Haltefrist auf 10 Jahre verlängert und es wurde ein Ersatztatbestand für immobilienhaltende Kapitalgesellschaften (§ 1 Abs. 2b GrEStG) eingeführt, sodass auch dort ein Wechsel des Gesellschafterbestands unter den genannten Voraussetzungen Gewerbesteuer auslöst. Dies gilt auch, wenn es sich bloß um eine mittelbare Beteiligung handelt. Hingegen wird mit der sogenannten Börsenklausel eine Ausnahme geschaffen, wenn die Transaktionen über eine anerkannte Börse laufen.
Aus der Immobilienbranche kommt die Kritik, dass die Möglichkeit der Bildung von Share Deals ursprünglich geschaffen wurde, um Unternehmen bei Umstrukturierungen oder Verkäufen steuerlich nicht noch mehr zu belasten. Zudem, da die Börsenklausel bei mittelbaren Anteilsübertragungen nicht greift, könne der Handel von Anteilsscheinen an Fonds dazu führen, dass das am Fonds beteiligte börsennotierte Unternehmen dennoch grunderwerbsteuerpflichtig wird.
Sicherlich werden auch Bauträger, die Share Deals nutzen, um bisher steuerlich günstig Grundstücke zu kaufen, und sie nach Beendigung des Bauvorhabens an Investoren verkaufen, eventuell durch die neue Regelung ihre Aktivitäten zurückfahren. Was wiederum schädlich für die Entwicklung des ohnehin schon leer gefegten Immobilienmarkts wäre.
26. Kaufpreisaufteilung bei Immobilienerwerb
Die Arbeitshilfe des BMF zur Kaufpreisaufteilung von Immobilien ist nicht zwingend anzuwenden. Der BFH bestätigt, dass grundsätzlich auf die im Kaufvertrag geregelte Kaufpreisaufteilung abzustellen ist (Az. IX R 26/19). Erst dann, wenn im Einzelfall erhebliche Zweifel in Bezug auf die Vereinbarkeit mit den tatsächlichen Wertverhältnissen bestehen, muss die Aufteilung über eine geeignete Methode neu bestimmt werden. Geeignet ist in diesem Fall die Arbeitshilfe des BMF nicht, da sie für die Bewertung von Boden- und Gebäudewert lediglich typisierte Bodenrichtwerte und Herstellungskosten heranzieht. Darüber hinausgehende individuelle Wertermittlungsfaktoren werden jedoch in keiner Weise berücksichtigt. Hingegen ist eine geeignete Methode immer das Gutachten eines öffentlich bestellten Sachverständigen. Sollte das Finanzamt also die Aufteilung im Kaufvertrag aufgrund erheblicher Zweifel verwerfen, ist es in der Pflicht, den von einem öffentlich bestellten Sachverständigen ermittelten Verkehrswert zu übernehmen. Dasselbe gilt für das Finanzgericht, sollte es zum Streitfall kommen.
Die im Mai 2021 überarbeitete Version der Arbeitshilfe bietet immerhin nun die Möglichkeit, zwischen den einzelnen Bewertungsverfahren zu unterscheiden und je nachdem den Verkehrs-, Ertrags- oder Sachwert zu ermitteln. Jedoch werden über die typisierte Betrachtung hinausgehende Faktoren weiterhin nicht berücksichtigt. Daher kann auch diese Version im Zweifel nicht der Weisheit letzter Schluss sein.
Im Übrigen ist derzeit ein Verfahren beim BFH anhängig (Az. IX R 12/21), bei dem es um die Frage geht, welches Wertermittlungsverfahren für die Kaufpreisaufteilung eines ausschließlich als Ferienwohnung genutzten Objekts zugrunde gelegt werden soll.
27. Grundsteuerreform – Erklärungsabgabe 2022
Vorbereitende Maßnahmen zur Umsetzung der Grundsteuerreform sind bereits in vollem Gange. Derzeit werden in der Finanzverwaltung technische, organisatorische, personelle und inhaltliche Veränderungen eingeleitet, um die neuen Aufgaben zeitnah erledigen zu können.
Hintergrund:
Bisher basiert die Festsetzung der Grundsteuer auf Steuermessbeträgen, die ausgehend von den sogenannten Einheitswerten ermittelt werden. Diese Werte knüpfen an die Verhältnisse des Jahres 1964 (betrifft die „alten“ Bundesländer) bzw. 1935 (betrifft die „neuen“ Bundesländer) an. Diese Einheitswerte sind hinter der tatsächlichen Wertentwicklung bei Grundstücken in erheblichem Maße zurückgeblieben. Dies führt zu Wertverzerrungen und Ungleichbehandlungen. Deshalb hat das Bundesverfassungsgericht die bisherige Einheitsbewertung in den „alten“ Bundesländern seit 2002 für verfassungswidrig erklärt. Am 2. Dezember 2019 wurde das Gesetz zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsgesetzes (Grundsteuer-Reformgesetz) verkündet.
Die weiteren Schritte:
Der Stichtag der neuen Hauptfeststellung der Grundsteuerwerte ist der 1. Januar 2022. Für die Ermittlung der Grundsteuerwerte werden die Eigentümerinnen und Eigentümer im Kalenderjahr 2022 zur Abgabe von entsprechenden Steuererklärungen aufgefordert. Abgabefrist: 31. Oktober 2022.
Die Kommunen (Städte und Gemeinden) sind für die Festsetzung und Erhebung der Steuer zuständig. Die auf Grundlage der Grundsteuerwerte festzusetzenden Grundsteuermessbeträge werden den Kommunen bis Mitte 2024 von den Finanzämtern zur Verfügung gestellt.
Ab dem Kalenderjahr 2025 verwenden die Kommunen erstmals die auf der Basis der neuen Grundsteuerwerte beruhenden Steuermessbeträge und setzen die zu zahlende Steuer fest.
Bis dahin sind die Einheitswerte weiterhin für die Festsetzung von Grundsteuermessbeträgen und Grundsteuer maßgeblich.
Alle Eigentümerinnen und Eigentümer von bebauten oder unbebauten Grundstücken oder eines Betriebes der Land- und Forstwirtschaft bzw. von Flächen, die land- und forstwirtschaftlich genutzt werden, sind verpflichtet, eine Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwertes (kurz: Feststellungserklärung) elektronisch beim zuständigen Finanzamt einzureichen.
Ab Juli 2022 steht die Möglichkeit der elektronischen Erklärungsabgabe zur Verfügung.
Die Feststellungserklärung ist bis zum 31. Oktober 2022 beim zuständigen Finanzamt einzureichen.
Als Eigentümerin oder Eigentümer eines bebauten oder unbebauten Grundstücks erhalten Sie ein Informationsschreiben Ihres Finanzamts, aus dem die wichtigsten Daten und Informationen, die für die Feststellungserklärung benötigt werden, hervorgehen.
Länderöffnungsklausel
Die Bundesländer haben die Möglichkeit, vom Bundesrecht abweichende Regelungen zu treffen (Länderöffnungsklausel). Hinsichtlich der Land- und Forstwirtschaft wenden alle Länder das Bundesmodell an. Unterschiedliche Landesregelungen betreffen allein den Bereich Grundvermögen.
Rheinland-Pfalz wendet das Bundesrecht an, ebenso Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen.
Das Saarland und Sachsen nutzen auch die Bundesregelung, weichen jedoch bei der Höhe der Steuermesszahl ab.
Folgende Bundesländer haben eigene Regelungen getroffen:
In Baden-Württemberg wurde ein entsprechendes Landesgesetz im November 2020 durch den Landtag verabschiedet, wonach die Grundsteuer nach dem sogenannten modifizierten Bodenwertmodell ermittelt wird. Die Bewertung basiert im Wesentlichen auf zwei Kriterien: der Grundstücksfläche und dem Bodenrichtwert. Für die Berechnung werden beide Werte multipliziert. Auf die Bebauung kommt es für die Bewertung nicht an. Wird das Grundstück überwiegend zu Wohnzwecken genutzt, erfolgt ein Abschlag bei der Steuermesszahl in Höhe von 30 %.
In Bayern ist ein auf dem Äquivalenzgedanken gestütztes Flächenmodell vorgesehen. Die Bewertung basiert im Wesentlichen auch hier auf zwei Kriterien: Grundstücks- und Gebäudeflächen sowie wertunabhängigen Äquivalenzzahlen. Die beiden Beträge werden multipliziert und auf das Produkt wird die Grundsteuermesszahl angewandt. Für Wohnflächen erfolgt bei der Grundsteuermesszahl ein Abschlag in Höhe von 30 %. Die Bemessungsgrundlage wird einmalig zum Stichtag 01.01.2022 festgestellt und muss nur angepasst werden, wenn sich die Flächengrößen oder die Gebäudenutzung ändert.
Hamburg hat sich für ein sogenanntes Wohnlagemodell entschieden. Damit wendet auch Hamburg ein äquivalenzbasiertes Modell mit Wohnlagenberücksichtigung an. Die Bewertung der Grundstücke erfolgt ausschließlich anhand der Grundstücks- und Wohn- beziehungsweise Nutzfläche. Die jeweiligen Flächen werden mit einer Äquivalenzzahl multipliziert und so in einem Äquivalenzbetrag dargestellt, der den Ausgangswert zur Ermittlung des Messbetrages bildet. Die unterschiedlichen Äquivalenzzahlen bilden die nicht durch Gebühren und Beiträge gedeckten Nutzungsmöglichkeiten der kommunalen Infrastruktur ab. Neben einer Begünstigung für Wohnen, Denkmäler und Sozialwohnungen gibt es auf Messbetragsebene auch aus Stadtentwicklungsgesichtspunkten eine Begünstigung für normale Wohnlagen, die sich am Wohnlagenverzeichnis des Hamburger Mietenspiegels orientiert.
Hessen hat ein eigenes Flächen-Faktor-Verfahren entwickelt. Wie die anderen Landesmodelle knüpft auch Hessen an der Fläche des zu bewertenden Grundbesitzes an. Ergänzend kommt die Lage als Kriterium hinzu, da sie entscheidend ist, in welchem Umfang man von der kommunalen Infrastruktur profitieren kann. Mit einem Faktorverfahren wird das Ergebnis des Flächenmodells erhöht oder vermindert, je nachdem, wie sich die Lagequalität im Verhältnis zu einer durchschnittlichen Lage in dieser Stadt oder Gemeinde darstellt. Dafür bilden wiederum die Bodenrichtwerte die Grundlage.
Niedersachsen hat sich für ein Flächen-Lage-Modell entschieden. Es basiert auf dem bayerischen Modell, erweitert um eine Lage-Komponente. Die Grundsteuer wird hiernach nach dem Nutzen aus dem Grundstück berechnet. Der Nutzen bemisst sich dabei nicht allein nach der Fläche des Grundstücks. Je nachdem, wo sich das Grundstück innerhalb der Stadt oder Gemeinde befindet, wird aus dem Verhältnis des Bodenrichtwertes zum durchschnittlichen Bodenrichtwert der Stadt oder Gemeinde ein Lagefaktor abgeleitet, der mit den Äquivalenzbeträgen der Fläche des Grund und Bodens und der Gebäudefläche multipliziert wird. Für das Grundvermögen wird ein Grundsteuer-Viewer zur Verfügung gestellt, mit dessen Hilfe nach Eingabe einer Adresse die wirtschaftliche Einheit zusammengestellt werden kann und die amtlichen Flurstückdaten, die in die Erklärung zu übernehmen sind, ausgegeben werden.
Quelle: Landesamt für Steuern Rheinland-Pfalz, Landesamt für Steuern Niedersachsen
B. INFORMATIONEN FÜR UNTERNEHMER, FREIBERUFLER, ARBEITGEBER
1. Corona – Informationen für Steuerberater und Mandanten – Updates
In Coronazeiten war nicht nur der steuerliche Anpassungsbedarf hoch – eine aktuelle Information zu den steuerlichen, betriebswirtschaftlichen, rechtlichen und organisatorischen Änderungen dazu finden Sie auf der Internetseite des Deutschen Steuerberaterverbandes e. V. (DStV) unter folgendem Link:
Corona: Service-News, Was – Wie – Warum? – Deutscher Steuerberaterverband e.V. Berlin (dstv.de)
2. Ertragsteuerliche Behandlung der Coronahilfen
Bund und Länder leisteten aufgrund diverser Rechtsgrundlagen
- Soforthilfen des Bundes für kleine Unternehmen, Soloselbstständige und Angehörige der freien Berufe zur Milderung der finanziellen Notlagen dieser Unternehmen aufgrund der Coronakrise,
- Überbrückungshilfen des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen, Soloselbstständige und Angehörige der freien Berufe, die ihren Geschäftsbetrieb im Zuge der Coronakrise ganz oder zu wesentlichen Teilen einstellen müssen oder mussten,
- andere Soforthilfen, Überbrückungshilfen oder vergleichbare Billigkeitsleistungen des Bundes oder des jeweiligen Landes für Unternehmen, Soloselbstständige und Angehörige der freien Berufe anlässlich der Coronakrise (nachfolgend als Coronazuschüsse bezeichnet).
Bei diesen Coronazuschüssen handelt es sich um steuerpflichtige Betriebseinnahmen. Da für die Coronazuschüsse regelmäßig keine Steuerbefreiung greift, wirken sie sich gewinnerhöhend aus. Die Coronazuschüsse sind bei Ermittlung des Gewinns nach § 4 Abs. 1 EStG ggf. in Verbindung mit § 5 EStG (E-Bilanz) oder nach § 4 Abs. 3 EStG (Anlage EÜR) als steuerpflichtige Betriebseinnahmen zu erfassen. Bei der Gewinnermittlung nach § 13a EStG sind die Coronazuschüsse mit dem Grundbetrag abgegolten.
Um spätere Rückfragen der Finanzverwaltung zu vermeiden, wird empfohlen, die Coronazuschüsse wie folgt in der Gewinnermittlung zu erfassen:
- Bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG steht für die Erfassung der Zahlungen in der Anlage EÜR die Zeile 15 zur Verfügung; bei umsatzsteuerlichen Kleinunternehmern sind die Zahlungen in der Zeile 11 (und Zeile 12) der Anlage EÜR zu erfassen.
- Bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG ggf. i. V. m. § 5 EStG sollten die Erträge in der E-Bilanz unter der nachfolgenden Taxonomieposition erfasst werden: − „sonstige betriebliche Erträge (GKV), Zuschüsse und Zulagen, sonstige Zuschüsse und Zulagen“ bzw. − in der Oberposition (Mussfeld) „sonstige betriebliche Erträge (GKV), Zuschüsse und Zulagen“.
Die Bedingungen für die Bewilligung von Coronahilfen (insbesondere November- und Dezemberhilfen, Überbrückungshilfen I und II) wurden im Wesentlichen erst Anfang des Jahres 2021 formuliert, sodass eine Antragstellung durch Betroffene in der Regel erst im Jahr 2021 möglich wurde. In der Folge stellt sich die Frage, ob die Aktivierung einer Forderung für diese Billigkeitsleistungen vor Erlass des Bewilligungsbescheids bereits im Jahresabschluss 2020 möglich ist.
Nach Auffassung des IDW können die Coronahilfen bereits dann als Forderung aktiviert werden, wenn der/die Bilanzierende die sachlichen Voraussetzungen zum Abschlussstichtag erfüllt hat und zum Zeitpunkt der Beendigung der Aufstellung des Abschlusses der erforderliche Antrag gestellt ist oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gestellt werden wird. Als ein möglicher Indikator dafür, dass die sachlichen Voraussetzungen zum Abschlussstichtag erfüllt sind, kann die Mitwirkung bei der Antragstellung durch sogenannte prüfende Dritte (Steuerberater, Wirtschaftsprüfer) angesehen werden.
Die individuellen Schlussabrechnungen für die Überbrückungshilfen I–III, die Neustarthilfe,
die November- und Dezemberhilfe sind als Paket voraussichtlich bis zum 30. Juni 2022
vorzulegen. Starten kann die Praxis damit jedoch noch nicht. Die IT-Programme werden
frühestens Ende 2021 zur Verfügung stehen.
3. Grundsätze zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) – ab 01.01.2020
Wichtige Neuregelungen und Präzisierungen des BMF zum 01.01.2020 wurden in folgenden Bereichen vorgenommen:
- Der Anwendungsbereich betrifft nicht nur Kaufleute, sondern auch Kleinstunternehmen, abhängig von der Unternehmensgröße (Ermessensspielraum der Finanzverwaltung).
- In den Anwendungsbereich fallen auch vom Steuerpflichtigen erworbene Hard- und Software sowie in einer Cloud betriebene Systeme.
- Die Aufzeichnung jedes einzelnen Geschäftsvorfalls ist nur dann nicht zumutbar, wenn es technisch, betriebswirtschaftlich und praktisch unmöglich ist, die einzelnen Geschäftsvorfälle aufzuzeichnen. Den entsprechenden Nachweis hat der Steuerpflichtige zu erbringen.
- Bei der Erfassung von Geschäftsvorfällen sind bare Geschäftsvorfälle täglich sowie unbare innerhalb von 10 Tagen zu erfassen. Die Gewährleistung der Vollständigkeit der Geschäftsvorfälle sowie die zeitnahe Zuordnung (wie Kontierung, betrieblich/privat) sind sicherzustellen.
- Bezüglich des Kassenbuches ist die kurzzeitige Erfassung von baren und unbaren Tagesgeschäften regelmäßig nicht zu beanstanden. Voraussetzung ist allerdings, dass die im Kassenbuch erfassten unbaren Tagesumsätze gesondert kenntlich gemacht werden, nachvollziehbar unmittelbar nachfolgend wieder aus dem Kassenbuch auf ein gesondertes Konto aus-/umgetragen werden sowie die Kassensturzfähigkeit der Kasse weiterhin besteht.
- Beim Belegwesen müssen Korrektur- bzw. Stornobuchungen auf die ursprüngliche Buchung hinweisen.
- Bei der Aufbewahrung von Buchungsbelegen reicht es bei identischen Mehrerfassungen der Belegart aus, wenn die tatsächlich weiterverarbeiteten Formate aufbewahrt werden, wenn diese über die höchste maschinelle Auswertbarkeit verfügen. Beispiel: Bei einem Fakturierungsprogramm muss dann keine bildhafte Kopie der Ausgangsrechnung (z. B. als PDF-Datei) gespeichert bzw. aufbewahrt werden, wenn jederzeit auf Anforderung ein entsprechendes Doppel der Ausgangsrechnung erstellt werden kann.
- Bei der elektronischen Aufbewahrung wurde die bildliche Erfassung von Papierbelegen (Scannen, Fotografieren) i. S. d. § 147 Abs. 2 AO geregelt.
- Bei der Konvertierung von Datenformaten sind im Grundsatz beide Versionen aufzubewahren, es sei denn, es liegen folgende Voraussetzungen vor: keine bildliche oder inhaltliche Veränderung, bei der Konvertierung gehen keine sonstigen aufbewahrungspflichtigen Informationen verloren und die ordnungsgemäße und verlustfreie Kontierung wird dokumentiert (Verfahrensdokumentation).
- Die Einschränkung des Datenzugriffs erfolgt bei Systemwechsel/Auslagerung nach Ablauf von 5 Kalenderjahren bei noch nicht begonnener Betriebsprüfung auf den sogenannten Z3-Zugriff.
- Die digitale Schnittstelle der Finanzverwaltung für das Kassensystem ist zum Download auf der Internetseite des Bundeszentralamtes für Steuern bereitgestellt.
Verfahrensdokumentation
In einer Verfahrensdokumentation sind alle Prozesse der Abwicklung der elektronischen Buchführung darzustellen, angefangen vom Eingang der Belege bis zur Verbuchung und Aufbewahrung. Eine den GoBD konforme Dokumentation muss u. a. eine allgemeine Beschreibung sowie eine System- und Betriebsdokumentation umfassen. Der DStV hat hierzu eine Musterverfahrensdokumentation vorgelegt. Die Verfahrensdokumentation muss übersichtlich gegliedert sein, wonach Inhalt, Aufbau, Ablauf und Ergebnisse des DV-Verfahrens vollständig und schlüssig ersichtlich sind. Sie beschreibt abhängig vom Einzelfall den organisatorisch und technisch gewollten Prozess. Sie besteht regelmäßig aus einer allgemeinen Beschreibung, Anwendungsdokumentation, technischen Systemdokumentation und Betriebsdokumentation. Soweit eine fehlende oder ungenügende Verfahrensdoku-mentation die Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit nicht beeinträchtigt, liegt kein formeller Mangel mit sachlichem Gewicht vor, der zum Verwerfen der Buchführung führen kann.
Anforderungen an den Kontierungsvermerk auf elektronischen Belegen
Elektronische Rechnungen können auch elektronisch weiterverarbeitet werden. Ein Ausdruck ist nicht erforderlich. Werden diese Eingangsrechnungen nicht ausgedruckt, kann die Kontierung auch nicht auf dem Beleg erfolgen. Dennoch ist zu beachten:
- Der Originalzustand des elektronischen Dokuments muss jederzeit lesbar (und damit prüfbar) gemacht werden können.
- Veränderungen oder andere Bearbeitungsvorgänge, wie z. B. das Anbringen von Buchungsvermerken, müssen protokolliert und mit dem Dokument abgespeichert werden.
- Eine Verfahrensdokumentation muss beschreiben, wie die elektronischen Belege erfasst, empfangen, verarbeitet, ausgegeben und aufbewahrt werden.
- Damit die Belegfunktion erfüllt ist, sind Angaben zur Kontierung, zum Ordnungskriterium für die Ablage und zum Buchungsdatum zwingend erforderlich.
- Pflichtangaben können entweder direkt auf dem elektronischen Beleg angebracht werden oder durch die Verbindung mit einem Datensatz mit den genannten Angaben zur Kontierung oder durch eine elektronische Verknüpfung, z. B. eindeutiger Index, Barcode, erfolgen.
Revisionssichere Archivierung
Die Ablage von Daten und elektronischen Dokumenten in einem Dateisystem erfüllt die Anforderungen der Unveränderbarkeit regelmäßig nicht, soweit nicht zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden, die eine Unveränderbarkeit gewährleisten. Insoweit ist zwingend der Einsatz eines Dokumenten-Management-Systems/Enterprise-Content-Management (DMS/ECM) erforderlich.
4. Gesetzlicher Mindestlohn
Der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn erhöht sich wie folgt:
Ab dem 01.01.2022 auf brutto EUR 9,82 je Zeitstunde.
Ab dem 01.07.2022 auf brutto EUR 10,45 je Zeitstunde.
5. Lohnfortzahlung bei Krankheit, Urlaub und an Feiertagen
5.1 Lohnfortzahlung bei Krankheit
Während der Krankheit wird das Entgelt weitergezahlt, das der Arbeitnehmer ohne die Arbeitsunfähigkeit bezogen hätte. Tariferhöhungen oder Arbeitszeitverkürzungen wirken sich auf die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall aus. Es gilt somit das Lohnausfallprinzip (aktuelle, gegenwartsbezogene Betrachtungsweise).
In Tarifverträgen wird häufig als Berechnungsgrundlage für die Lohnfortzahlung der Durchschnittsverdienst festgelegt. Sobald der Stundenlohn erhöht wird, ist der Durchschnittswert anzupassen. Es erfolgt eine Neubewertung der Stunden des Durchschnittszeitraums mit dem geänderten Stundenlohn.
Zum fortzuzahlenden Entgelt gehören auch Gefahren-, Erschwernis-, Nacht-, Sonntags- oder Feiertagszuschläge sowie zusätzlich zum Arbeitslohn vom Arbeitgeber gewährte vermögenswirksame Leistungen.
Wenn ein Arbeitnehmer an einem Sonntag oder einem Feiertag hätte arbeiten müssen, jedoch wegen Krankheit ausfällt, muss die Lohnfortzahlung einen vereinbarten Sonntags- bzw. Feiertagszuschlag enthalten. Einen gesetzlichen Anspruch auf Lohnzuschlag für Sonn- und Feiertagsarbeit gibt es nicht. Wird er den anderen Arbeitnehmern gewährt, ist der Zuschlag auch dem erkrankten Arbeitnehmer zu gewähren.
Überstundenvergütungen und -zuschläge, Auslagenersatz, Auslösungen, Fahrkostenzuschüsse sowie Schmutzzulagen finden bei der Ermittlung des Arbeitsentgeltes keine Berücksichtigung.
Dem Arbeitnehmer muss für die regelmäßige Arbeitszeit das zustehende Arbeitsentgelt fortgezahlt werden. Probleme gab es in der Vergangenheit bezüglich der Definition von Überstunden bzw. der Festlegung der maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit.
Klarheit schaffte hierzu ein Grundsatzurteil vom Bundesarbeitsgericht in Erfurt. Danach müssen bei der Lohnfortzahlung regelmäßige Überstunden berücksichtigt werden. Arbeitet ein Arbeitnehmer mit einer gewissen Regelmäßigkeit über die tarifliche oder betriebsübliche Arbeitszeit hinaus, ist die individuelle regelmäßige Arbeitszeit nach dem Durchschnitt eines Referenzzeitraums von 12 Monaten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit zu bestimmen. Wenn das Arbeitsverhältnis bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit weniger als 12 Monate bestanden hat, ist der gesamte Zeitraum maßgebend.
Der Arbeitgeber trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass in diesem Zeitraum Überstunden geleistet wurden, die zu einer Minderung der durchschnittlichen maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit führen.
5.2 Lohnfortzahlung bei Urlaub
Das Urlaubsentgelt ist die Lohnfortzahlung während des Urlaubs. Hierauf besteht ein gesetzlicher Anspruch. Das Urlaubsentgelt wird als laufender Arbeitslohn behandelt. Folglich gibt es keine Besonderheiten bei der Berechnung der Lohnsteuer und der Sozialversicherungsbeiträge.
Gemäß § 11 Abs. 1 Bundesurlaubsgesetz bemisst sich das Urlaubsentgelt nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, das der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor dem Beginn des Urlaubserhalten hat.
Hieraus ergibt sich folgende Aufteilung:
Arbeitsverdienst im Sinne des § 11 Bundesurlaubsgesetz |
aus der Durchschnittsberechnung herausfallende Lohnbestandteile |
|
|
Strittig ist, wie hoch der Lohnanspruch ist, wenn der Arbeitnehmer regelmäßig Überstunden geleistet hat.
Grundsätzlich ist die für den Arbeitnehmer übliche regelmäßige Arbeitszeit laut Arbeitsvertrag zu vergüten. Weicht die Regelung des Arbeitsvertrages jedoch von dem tatsächlich gelebten Arbeitsverhältnis ab, ist auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen.
Beispiel:
Beträgt die regelmäßige Arbeitszeit 30 Stunden wöchentlich und sind im Arbeitsvertrag nur 20 Stunden wöchentlich vereinbart, besteht im Urlaubs- bzw. Krankheitsfall Anspruch auf Bezahlung von 30 Stunden wöchentlich.
Bei dieser Vorgehensweise findet das Durchschnittsprinzip Anwendung. Die Vorschrift zur Berechnung des Durchschnittsverdienstes der letzten 13 Wochen vor dem Beginn des Urlaubs stammt noch aus früherer Zeit. Bei einer monatlichen Lohnabrechnung ist diese Regelung ungeeignet. Allein aus Praktikabilitätsgründen kann aber keine abweichende Regelung vereinbart werden. Nach § 13 Abs. 1 Bundesurlaubsgesetz kann von der Regelung des § 11 Bundesurlaubsgesetz nur in Tarifverträgen abgewichen werden.
In der Praxis werden die letzten drei abgerechneten Monate zur Durchschnittsberechnung herangezogen.
5.3 Lohnfortzahlung an einem gesetzlichen Feiertag
Gesetzliche Grundlage ist das Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG). Einen Anspruch auf Lohnfortzahlung an gesetzlichen Feiertagen haben alle Arbeitnehmer (also auch Aushilfskräfte, Teilzeitbeschäftigte und Auszubildende). Der Anspruch auf Feiertagsbezahlung besteht unabhängig von der Dauer des Arbeitsverhältnisses und des Umfangs der zu leistenden Arbeitszeit.
Gemäß § 2 Abs. 1 EntgFG hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt zu zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte für die Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertages ausfällt. Diese Anspruchsvoraussetzung ist erfüllt, wenn ein Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer sonst regelmäßig zur Arbeitsleistung verpflichtet ist, für ihn infolge eines Feiertags ausfällt.
Im umgekehrten Fall muss ein Arbeitgeber kein Arbeitsentgelt zahlen, wenn im Rahmen einer flexiblen Arbeitszeitregelung ein freier Tag auf einen gesetzlichen Feiertag fällt. Fällt ein Feiertag auf einen nach einem Dienstplan regelmäßig für den Arbeitnehmer arbeitsfreien Tag, besteht kein Anspruch auf Feiertagsvergütung. Die Arbeit fällt an diesem Tag infolge des Dienstplans aus und nicht infolge des Feiertags.
Um einen Gestaltungsmissbrauch zu verhindern, hat das Bundesarbeitsgericht bereits am 09.10.1996 festgelegt: „Die dienstplanmäßige Freistellung des Arbeitnehmers am Feiertag schließt dessen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nur dann aus, wenn sich die Arbeitsbefreiung aus einem Schema ergibt, das von der Feiertagsruhe an bestimmten Tagen unabhängig ist.“
Voraussetzung für die Lohnfortzahlung bei Teilzeitbeschäftigten ist, dass die Arbeitszeit auch tatsächlich für den Wochentag festgelegt ist, auf den dann der Feiertag fällt. Wenn in einem Unternehmen für Wochen mit einem gesetzlichen Feiertag der Arbeitszeitplan geändert wird, liegt eine Diskriminierung vor. Damit ist eine arbeitsrechtliche Handhabe nach § 4 TzBfG (Verbot der Diskriminierung) möglich.
Aufgrund des Lohnausfallprinzips hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf das Arbeitsentgelt, das er erhalten hätte, wenn die Arbeitsleistung nicht infolge des Feiertages ausgefallen wäre. Bei der Entgeltfortzahlung für Feiertage sind demzufolge auch Überstunden und Überstundenzuschläge, die an dem Feiertag angefallen wären, zu berücksichtigen. Weiterhin sind auch Zulagen und Zuschläge zu berücksichtigen.
Wenn bei der Berechnung des Fortzahlungsanspruchs Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit berücksichtigt wurden, können diese nicht wie der gezahlte Zuschlag steuer- und beitragsfrei bleiben. Steuerfreiheit kommt in bestimmten Grenzen nur für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit in Betracht.
Für einen Gehaltsempfänger ergeben sich durch einen Feiertag keine Besonderheiten. Wer feste Bezüge ohne Rücksicht auf die Zahl der Arbeitsstunden erhält, hat infolge eines Feiertags keinen Verdienstausfall. Bei Gehaltsempfängern wird das Gehalt an den Feiertagen weitergezahlt.
Kein Anspruch auf Bezahlung des Feiertags besteht, wenn die Arbeit aus anderen Gründen, z. B. wegen eines Arbeitskampfes oder aus witterungsbedingten Gründen, ausgefallen wäre. Gemäß § 2 Abs. 3 EntgFG hat ebenfalls derjenige keinen Anspruch auf Bezahlung für den Feiertag, der am letzten Arbeitstag vor oder am ersten Arbeitstag nach einem Feiertag unentschuldigt nicht zur Arbeit erschienen ist.
Bei Kurzarbeit gibt es eine Sonderregelung im § 2 Abs. 2 EntgFG.
6. Elektronische Krankmeldung: Dies gilt seit Oktober 2021
Arbeitgeber sollten jetzt die besonderen Änderungen bei der Krankmeldung kennen: Viele Betriebe verlangen den sogenannten gelben Schein bereits am ersten Krankheitstag. Größtenteils verlangen Firmen das Attest erst am dritten Tag. Was im Fall eines jeden Arbeitgebers gilt, klärt der Arbeitsvertrag. Dort ist unter Punkt „Krankheitsfall“ oder „Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall“ die entsprechende Regel aufgeführt.
Der grundsätzliche Ablauf bei einer Krankmeldung bleibt gleich: Der Arbeitnehmer muss sich weiterhin bei seinem Arbeitgeber krankmelden, die Anzeigepflicht bleibt also bestehen. Die Krankmeldung kann per Telefon, E-Mail oder sogar per SMS oder WhatsApp erfolgen. Der Arbeitnehmer muss abersicherstellen, dass die Krankmeldung den Arbeitgeber auch erreicht. Die Nachweispflicht mittels des gelben Scheins fällt zukünftig jedoch für gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer weg. Dafür muss der Arbeitgeber die Daten bei der Krankenkasse abfragen.
Die vom Arzt ausgestellte Krankmeldung auf Papier wird Stück für Stück durch eine digitale Bescheinigung ersetzt. Seit dem 1. Oktober 2021 müssen behandelnde Ärzte die Arbeits-unfähigkeits-Bescheinigungen digital an die Krankenkassen übermitteln. Bisher gab es den AU-Schein beim Arzt in drei Kopien. Seit 1. Oktober stellt der Arzt nur noch zwei Dokumente aus: einmal für den Arbeitnehmer und einmal für den Arbeitgeber. Die Krankenversicherung wird automatisch informiert.
In einem zweiten Schritt informiert die jeweilige Kasse den Arbeitgeber elektronisch über Beginn und Dauer der Arbeitsunfähigkeit (AU):
Bis zum 30. Juni 2022 müssen Ärzte neben der elektronischen Datenübermittlung übergangsweise auch noch Papierbescheinigungen für den Versicherten und den Arbeitgeber ausstellen. Der Versicherte muss den Durchschlag wie bisher selbst an seinen Arbeitgeber weiterreichen.
Ab dem 1. Juli 2022 stellen die Kassen die von den Vertragsärzten elektronisch übermittelten AU-Daten den Arbeitgebern ebenfalls digital zur Verfügung. Die Verpflichtung, dem Versicherten eine Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit auszuhändigen, bleibt für die Ärzte jedoch bestehen.
7. Steuerliche Behandlung von Sachzuwendungen
Bei der steuerlichen Beurteilung von Sachzuwendungen unterscheidet man grundsätzlich zwischen Sachzuwendungen an Geschäftsfreunde bzw. sonstige Nichtarbeitnehmer und den Sachzuwendungen an eigene Arbeitnehmer.
Unter Sachzuwendungen fallen Geschenke, die ohne rechtliche Verpflichtung und ohne Erwartung einer Gegenleistung zugewendet werden. Geldgeschenke fallen nicht hierunter.
Bei Geschenken gelten besondere Aufzeichnungspflichten. Wird diese Aufzeichnungspflicht nicht erfüllt, ist ein Abzug der Aufwendung und der darin enthaltenen Vorsteuer nicht zulässig.
7.1 Sachzuwendungen an Arbeitnehmer
7.1.1 Sachzuwendungen aus besonderem Anlass
Hierunter fallen Gelegenheitsgeschenke, wie z. B. Blumen und Bücher, die vom Arbeitgeber dem Arbeitnehmer oder seinen Angehörigen aus besonderem persönlichen Anlass (z. B. Geburtstag, Heirat, Geburt eines Kindes) gewährt werden. Diese Geschenke sind lohnsteuer- und beitragsfrei, sofern sie den Wert i. H. v. EUR 60,00 einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen.
Übersteigt der Wert der Sachzuwendung diese Freigrenze, so ist diese Zuwendung in vollem Umfang steuer- und beitragspflichtig.
Die Freigrenze i. H. v. EUR 60,00 ist kein Jahresbetrag, sondern kann unter Umständen mehrfach im Jahr oder gar mehrfach im Monat ausgeschöpft werden (z. B. Sachgeschenke zum Namenstag, Geburtstag, zur Verlobung oder zur Einschulung des Kindes).
7.1.2 Sachzuwendungen ohne besonderen Anlass
Arbeitgeber können ihren Arbeitnehmern ohne besonderen Anlass ab dem 01.01.2022 monatlich Sachbezüge bis EUR 50,00 einschließlich Umsatzsteuer lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei zur Verfügung stellen. Sachbezüge sind Zusatzleistungen vom Arbeitgeber, wie zum Beispiel Tankgutscheine, Essensgutscheine, ein Jobticket und die betriebliche Krankenversicherung (bKV). Bis zur Sachbezugsfreigrenze sind diese Leistungen für Arbeitgeber steuer- und sozialversicherungsfrei. Diese Sachzuwendung existiert zusätzlich zu der Sachzuwendung aus besonderem Anlass.
In die Ermittlung des geldwerten Vorteils sind nach Auffassung des BFH Versand- und Verpackungskosten mit einzubeziehen, wenn die Ware direkt zum Arbeitnehmer nach Hause geliefert wird. Es sind jedoch strenge Vorgaben zu beachten. Unter diese Sachzuwendungen fallen bspw. Tank- und Geschenkgutscheine sowie Jobtickets.
7.1.2.1 Tank- und Geschenkgutscheine
Ab 2020 gibt es neue Abgrenzungen zwischen Barlohn und Sachlohn. Zu den nicht begünstigten Einnahmen in Geld (Barlohn) gehören:
- Zweckgebundene Geldleistungen
- Nachträgliche Kostenerstattungen
- Geldkarten
Zu den begünstigten Einnahmen als Sachlohn gehören:
- Gutscheine, die keine Zahlungsdienste sind
- Closed-Loop-Karten (z. B. aufladbare Geschenkkarten)
- Diese berechtigen, nur vom Aussteller des Gutscheins Waren oder Dienstleistungen zu beziehen.
- Controlled-Loop-Karten (z. B. Centergutscheine oder City-Cards)
- Diese können nur bei einem begrenzten Kreis von Akzeptanzstellen eingelöst werden.
Somit sind z. B. eBay-Gutscheine nicht mehr begünstigt. Auch Amazon-Gutscheine sind als kritisch anzusehen. Es sei denn, es ist sichergestellt und erkennbar, dass der Verkauf und die Versendung nur durch Amazon Deutschland abgewickelt werden und eine Rückgabe gegen Entgelt ausgeschlossen ist.
Aufzeichnungen im Lohnkonto
Für die Anwendung der 50-EUR-Freigrenze muss der Arbeitgeber jeden einzeln gewährten Sachbezug im Lohnkonto unter Angabe des Wertes und des Zufluss-Zeitpunktes festhalten.
Unter Zufluss-Zeitpunkt festlegen versteht die Finanzverwaltung, dass der Arbeitnehmer die Übergabe des Gutscheins mit Datum und Unterschrift bestätigt.
Beim Zufluss des Sachlohns sind bei den Gutscheinen zwei Fallkonstellationen zu unterscheiden: Ist der Gutschein beim Arbeitgeber selbst einzulösen, fließt der Vorteil erst im Zeitpunkt der Einlösung des Gutscheins zu (R 38.2 Abs. 3 S. 2 LStR). Gutscheine hingegen, die bei einem fremden Dritten einzulösen sind, gelten bereits mit der Übergabe an den Arbeitnehmer als zugeflossen, weil er ab diesem Zeitpunkt einen Rechtsanspruch gegen den Dritten hat (R 38.2 Abs. 3 S. 1 LStR).
Damit bei regelmäßiger Gutscheinhingabe nicht versehentlich die Monatsgrenze überschritten wird, sollten sich Arbeitgeber den Empfang vom Arbeitnehmer unter Angabe des Datums quittieren lassen.
Eine arbeitsvertragliche Vereinbarung für Warengutscheine könnte wie folgt aussehen:
Arbeitsvertragliche Vereinbarung für Warengutscheine
zwischen
Arbeitgeber:
und
Arbeitnehmer:
1. Der Arbeitgeber gewährt dem Arbeitnehmer neben dem Gehalt einen steuerfreien Sach- bezug im Wert von EUR 50,00 (brutto) monatlich, in Form eines Gutscheins.
2. Der Arbeitnehmer darf den Gutschein nur gegen Ware und nicht gegen Bargeld einlösen.
3. Der Arbeitnehmer hat den Erhalt des Gutscheins mit Datum und Unterschrift zu bestätigen.
4. Die Zahlung erfolgt ohne Anerkennung einer Rechtspflicht freiwillig und unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs. Auch bei wiederholter Zahlung wird kein Rechts- anspruch für die Zukunft begründet. Der Widerruf kann sowohl auf wirtschaftliche Gründe als auch auf Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers gestützt werden.
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Datum Arbeitgeber Arbeitnehmer
Bei der Bewertung von Sachbezügen wird als Ausgangswert grundsätzlich der um übliche Preisnachlässe geminderte Endpreis am Abgabeort im Zeitpunkt der Abgabe angesetzt (§ 8 Abs. 2 S. 1 EStG). Aus Vereinfachungsgründen können 96 % des Endpreises angesetzt werden, zu dem sie der Abgebende fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet. Dies gilt jedoch nicht für Gutscheine.
7.1.2.2 Pauschalierung der Lohnsteuer für Sachzuwendungen an eigene Arbeitnehmer
Nach § 37b Abs. 2 EStG kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer für Sachzuwendungen an eigene Arbeitnehmer, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden (z. B. Geschenke, die die Freigrenzen übersteigen), bis zu einem Höchstbetrag von EUR 10.000,00 mit 30 % pauschal besteuern (zuzüglich Solidaritätszuschlag und pauschaler Kirchensteuer). Die Pauschalierung wird also nur in den Fällen zugelassen, in denen die Sachzuwendungen zusätzlich zu dem ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden. Hinsichtlich der Sozialversicherung ist keine Pauschalierung möglich. Im Falle des Überschreitens der Freigrenze besteht Sozialversicherungspflicht.
Sachbezüge, die im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt werden (z. B. Aufmerksamkeiten) und steuerfreie Sachbezüge (z. B. Gesundheitsförderung), unterliegen von vornherein nicht der Pauschalbesteuerung.
Auch Sachzuwendungen an ausländische Arbeitnehmer, die in Deutschland nicht steuerpflichtig sind, sind nicht in die Pauschalierungsvorschrift einzubeziehen.
Die Pauschalierung nach § 37b EStG ist zudem ausgeschlossen, wenn der Sachbezug nach § 40 Abs. 2 EStG pauschal mit 15 % oder 25 % besteuert werden kann.
7.2 Sachzuwendungen an Geschäftspartner bzw. Nichtarbeitnehmer
7.2.1 Auf der Seite des Zuwendenden
7.2.1.1 Betriebsausgabenabzug
Ausgaben für Geschenke an Geschäftsfreunde werden nur unter folgenden Voraussetzungen als Betriebsausgabe anerkannt und können somit steuermindernd berücksichtigt werden:
- Betriebliche Veranlassung
Nur Zuwendungen an Dritte, für die es eine betriebliche Veranlassung gibt, können als Betriebsausgabe angesetzt werden. Nicht erforderlich ist hingegen, dass ein Geschenk als Werbeträger gekennzeichnet sein muss. Es können daher auch Geldgeschenke und Geschenkgutscheine zugewendet werden.
- Gesetzlicher Höchstbetrag von EUR 35,00
Aufwendungen für betrieblich veranlasste Geschenke an Geschäftsfreunde, Kunden und weitere nicht eigene Arbeitnehmer können nur bis zur Höhe von zusammengerechnet EUR 35,00 pro Empfänger und Kalenderjahr steuerlich als Betriebsausgabe geltend gemacht werden. Zu den Kosten eines Geschenks zählen dabei auch die Kosten einer Kennzeichnung des Geschenks als Werbeträger sowie die Umsatzsteuer, sofern das schenkende Unternehmen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Verpackungs- und Versandkosten werden nicht angesetzt. Liegen die Aufwendungen für die Geschenke über EUR 35,00, scheitert der Betriebsausgabenabzug. Bei der 35-EUR-Grenze handelt es sich nicht um einen Freibetrag, sondern um eine Freigrenze. Allerdings ist bei der Prüfung der 35-EUR-Freigrenze aus Vereinfachungsgründen allein auf den Betrag der Zuwendung abzustellen. Übernimmt der Zuwendende für den Beschenkten die Versteuerung als Einnahme, ist die übernommene Steuer also nicht mit einzubeziehen.
Hinweis: Die 35-EUR-Grenze findet bei Gegenständen, die ausschließlich beruflich und nicht privat genutzt werden können, keine Anwendung. So darf zum Beispiel ein Arztkoffer für einen Arzt oder ein Spezialwerkzeug für einen Handwerker auch dann steuermindernd abgezogen werden, wenn die Aufwendungen die 35-EUR-Grenze überschreiten.
- Aufzeichnung der Aufwendungen
Die Aufwendungen für Geschenke werden nur dann als Betriebsausgabe anerkannt, wenn sie einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben zeitnah aufgezeichnet werden. Gleichzeitig muss der Name des Empfängers aus der Buchung oder dem Buchungsbeleg zu ersehen sein. Letzteres ist lediglich entbehrlich, wenn im Hinblick auf die Art des Geschenks wie bei Taschenkalendern, Kugelschreibern und wegen des geringen Werts des einzelnen Geschenks die Vermutung besteht, dass die Freigrenze bei dem einzelnen Empfänger im Wirtschaftsjahr nicht überschritten wird.
Nur wenn die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt sind, sind die Aufwendungen für ein Geschenk als Betriebsausgabe abzugsfähig.
7.2.1.2 Pauschalierungsmöglichkeit, mit der der Zuwendende die Einkommensteuer
des Beschenkten pauschal übernehmen kann
Der Zuwendende hat die Möglichkeit einer Pauschalierung mit einem Pauschalsteuersatz von 30 % + Solidaritätszuschlag + Kirchensteuer (§ 37b EStG).
Die Pauschalierung nach § 37b Abs. 1 EStG findet Anwendung bei Geschenken, aber auch bei Sachzuwendungen, die zusätzlich zur ohnehin erbrachten Leistung oder Gegenleistung erbracht werden. Damit werden sämtliche Sachzuwendungen von der Pauschalierungsmöglichkeit erfasst, unabhängig davon, ob der Zuwendende die Geschenkaufwendung nach den oben dargestellten Grundsätzen als Betriebsausgabe abziehen darf. Die Pauschalsteuer ist als Betriebsausgabe nur dann abziehbar, wenn der Schenker die Sachzuwendung in vollem Umfang nach den oben genannten Grundsätzen (insbesondere unter Berücksichtigung der 35-EUR-Grenze) als Betriebsausgabe abziehen kann.
Von § 37b EStG werden nur solche Zuwendungen erfasst, die betrieblich veranlasst und die beim Empfänger dem Grunde nach zu steuerbaren und steuerpflichtigen Einkünften führen.
Als Bemessungsgrundlage für die Pauschalierung wird auf die tatsächlichen Kosten des Zuwendenden einschließlich Umsatzsteuer abgestellt.
Für Zuwendungen, die nicht in die Bemessungsgrundlage des § 37b EStG einzubeziehen sind, hat der Zuwendende neben den für den Betriebsausgabenabzug bestehenden Aufzeichnungspflichten zusätzlich durch geeignete Aufzeichnungen darzulegen, dass diese Zuwendungen beim Empfänger nicht steuerbar und steuerpflichtig sind. Die Empfänger der Zuwendungen müssen auf Verlangen der Finanzbehörde genau benannt werden können.
Die Pauschalierung kann nicht angewandt werden, soweit die Aufwendungen je Empfänger und Wirtschaftsjahr insgesamt den Bruttobetrag von EUR 10.000,00 übersteigen oder wenn die Aufwendungen für die einzelne Zuwendung den Betrag von EUR 10.000,00 übersteigen.
Beispiel:
Erhält ein Geschäftsfreund drei Zuwendungen von je EUR 4.000,00, ist die Pauschalierung nicht nur auf die ersten beiden Zuwendungen anwendbar, sondern auch die Hälfte der Aufwendungen für die dritte Zuwendung muss in die Pauschalbesteuerung einbezogen werden. Erhält ein Geschäftsfreund jedoch eine Zuwendung im Wert von EUR 12.000,00, ist die Pauschalierung auf diese Zuwendung insgesamt nicht anwendbar.
Zu beachten ist, dass das Wahlrecht zur Anwendung der Pauschalierung der Einkommensteuer einheitlich für alle innerhalb eines Wirtschaftsjahres gegenüber Dritten gewährten Zuwendungen auszuüben ist. Dies verlangt eine einheitliche Handhabung für alle betrieblich veranlassten Zuwendungen, die zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung erbracht werden, aber auch für alle Geschenke unterhalb der 35-EUR-Freigrenze. Lediglich Sachzuwendungen, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten EUR 10 nicht übersteigen, sind als Streuwerbeartikel anzusehen und fallen daher nicht in den Anwendungsbereich der Vorschrift. Gleiches gilt für die Teilnahme an geschäftlich veranlassten Bewirtungen.
Macht der Schenker von der Pauschalierung Gebrauch, ist er verpflichtet, den Beschenkten hierüber zu unterrichten.
Durch eine zum 1. Januar 2009 in Kraft getretene Änderung der Sozialversicherungsentgeltverordnung sind gemäß § 37b EStG pauschal besteuerte Sachleistungen an Arbeitnehmer von Geschäftsfreunden auch von der Beitragspflicht zur Sozialversicherung freigestellt, soweit die Arbeitnehmer nicht Arbeitnehmer eines mit dem Zuwendenden verbundenen Unternehmens sind.
7.2.2 Versteuerung auf der Seite des Zuwendungsempfängers
Oberhalb der 10-EUR-Grenze sind die Zuwendungen grundsätzlich als geldwerte Vorteile zu versteuern. Eine Ausnahme hiervon gilt, wenn der Schenker von der Möglichkeit der Pauschalbesteuerung Gebrauch gemacht hat. Durch die Pauschalversteuerung wird der Zuwendungsempfänger aus der Steuerschuldnerschaft entlassen. Dies gilt auch, soweit der Zuwendungsempfänger körperschaftsteuerpflichtig ist.
8. Betriebsveranstaltungen Freibetrag von EUR 110,00
Freibetrag statt Freigrenze
Durch das Jahressteuergesetz 2015 wurde aus der Freigrenze bei Betriebsveranstaltungen ab 01.01.2015 ein Freibetrag. Die Lohnsteuer bemisst sich dann nur für den Betrag, der über EUR 110,00 liegt. Außerdem wird die Vorsteuer nicht erstattet.
Die neuen steuerlichen Vergünstigungen gelten für „Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter“ wie z. B. Weihnachtsfeiern und Betriebsausflüge. Durch eine solche Veranstaltung erhalten Arbeitnehmer grundsätzlich einen Vorteil, der zum Arbeitslohn gehört. Rein betriebliche, fachliche Veranstaltungen führen nicht zu einer lohnrelevanten Bereicherung der Arbeitnehmer.
Von den geselligen Veranstaltungen führen zwei Veranstaltungen pro Jahr nicht zu Arbeitslohn,
- wenn die Teilnahme allen Betriebsangehörigen bzw. Arbeitnehmern einer Abteilung oder eines Standorts offensteht und
- soweit die Zuwendungen des Arbeitgebers für die jeweilige Veranstaltung inklusive Umsatzsteuer den Betrag von EUR 110,00 je teilnehmenden Arbeitnehmer nicht übersteigen.
- Die Teilnahme von Nichtarbeitnehmern ist unschädlich, wenn deren Zahl die Teilnehmerzahl der Arbeitnehmer nicht übersteigt.
Wird nur ein beschränkter Teilnehmerkreis eingeladen, darf es sich nicht um eine Bevorzugung bestimmter Arbeitnehmergruppen handeln. Begünstigt sind jedoch Feiern für alle Mitarbeiter, die ein rundes Arbeitnehmerjubiläum (10, 20, 30, 40, 50 oder 60 Jahre) begehen.
Das BMF-Schreiben stellt klar, dass bei 40-, 50- oder 60-jähriger Betriebszugehörigkeit die Feier schon bis zu fünf Jahre vor dem eigentlichen Jubiläum stattfinden kann. Begünstigt ist auch eine Betriebsveranstaltung, die für eine Organisationseinheit des Betriebs (z. B. Abteilung) durchgeführt wird, wenn alle Arbeitnehmer dieser Organisationseinheit an der Veranstaltung teilnehmen können. Auch eine Feier für alle im Ruhestand befindlichen früheren Arbeitnehmer des Unternehmens ist begünstigt.
Zur Ermittlung der Teilnehmerkosten ab 01.01.2015 zählen sämtliche Kosten im Zusammenhang mit der Betriebsveranstaltung. Die Kosten für eine Begleitperson werden dem Arbeitnehmer ebenfalls hinzugerechnet, ohne dass hierfür ein zusätzlicher Freibetrag gewährt wird.
Kosten, die eingerechnet werden müssen:
- Speisen, Getränke, Snacks
- Übernachtungskosten bei mehrtägigen Veranstaltungen
- Fahrtkosten, z. B. für Stadtrundfahrten
- Eintrittskarten, Trinkgelder
- Geschenke
- Aufwendungen für äußeren Rahmen, z. B. Künstler, Musiker, Deko, Raummiete,
Kegelbahn etc.
- Zuwendungen an Begleitpersonen
- Security
- Versicherungen
- Sanitäter
- Kosten für Sammeltransporte (Bus)
Nicht einzurechnen sind folgende Kosten:
- (An-)Reisekosten von Außendienstmitarbeitern und Arbeitnehmern von anderen Standorten sowie deren Übernachtungskosten nach § 3 Nr. 16 EStG, sofern sie vom Arbeitnehmer organisiert sind
- Eigene Personalkosten für Vorbereitung und Abwicklung
- Rechnerische Selbstkosten des Arbeitgebers (z. B. Lohnbuchhaltung)
8.1 Ermittlung des Freibetrags
Das FG Köln hat mit seiner Entscheidung vom 27. Juni 2018 - 3 K 870/17 zur Verteilung der Gesamtkosten bei einer Betriebsveranstaltung Stellung bezogen. Das FG Köln hat dabei der Berechnungsweise des geldwerten Vorteils der Finanzverwaltung eine Absage erteilt. Das Nichterscheinen von Kollegen anlässlich einer Betriebsveranstaltung geht hiernach steuerrechtlich nicht zulasten der tatsächlich Feiernden (entgegen der bisherigen Berücksichtigung der angemeldeten Teilnehmer).
Das Revisionsverfahren des Finanzamtes beim BFH (Az. VI R 31/18) ist noch anhängig. Betroffene Unternehmen sollten bis zum Verfahrensabschluss aus Dokumentationsgründen die angemeldeten und die tatsächlichen Teilnehmer aufzeichnen.
Somit ermittelt sich die Höhe der dem einzelnen Arbeitnehmer gewährten Zuwendungen wie folgt: Alle zu berücksichtigenden Aufwendungen sind zu gleichen Teilen auf alle bei der Betriebsveranstaltung anwesenden Teilnehmer aufzuteilen. Der auf eine Begleitperson entfallende Anteil der Aufwendungen ist dem jeweiligen Arbeitnehmer zuzurechnen.
Beispiel:
Die Aufwendungen für eine Betriebsveranstaltung betragen EUR 10.000,00. Der Teilnehmerkreis setzt sich aus 75 Arbeitnehmern zusammen, von denen 25 von je einer Person begleitet werden.
Die Aufwendungen sind auf 100 Personen zu verteilen, sodass auf jede Person ein geldwerter Vorteil von EUR 100,00 entfällt. Im Anschluss ist der auf die Begleitperson entfallende geldwerte Vorteil dem jeweiligen Arbeitnehmer zuzurechnen. 50 Arbeitnehmer haben somit einen geldwerten Vorteil von EUR 100,00, der den Freibetrag von EUR 110,00 nicht übersteigt und daher nicht steuerpflichtig ist. Bei 25 Arbeitnehmern beträgt der geldwerte Vorteil EUR 200,00; nach Abzug des Freibetrags von EUR 110,00 ergibt sich für diese Arbeitnehmer ein steuerpflichtiger geldwerter Vorteil von jeweils EUR 90,00.
Die 44,00-EUR-Freigrenze des § 8 Abs. 2 S. 11 EStG ist für Zuwendungen anlässlich von Betriebsveranstaltungen nicht anwendbar.
Besonderheiten bei der Teilnahme von Firmenfremden
Laut BMF ist die Anwendbarkeit der Regelung auf Leiharbeitnehmer und Arbeitnehmer anderer konzernangehöriger Unternehmen auch anwendbar. Dies setzt voraus, dass hinsichtlich dieser Personengruppen die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind.
Versteuerung von Betriebsveranstaltungen
Wie bisher kann der Arbeitgeber den steuerpflichtigen Lohnanteil (dies ist der Betrag, der die 110,00-EUR-Grenze übersteigt) aus Anlass von Betriebsveranstaltungen pauschal mit 25 % versteuern. Hinzu kommen Solidaritätszuschlag und pauschale Kirchensteuer. Die Pauschalierung führt zur Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 SVEV).
9. Bewirtungen von Arbeitnehmern
Nicht steuerpflichtig sind sog. Arbeitsessen, deren Wert beim einzelnen Arbeitnehmer EUR 60,00 (einschließlich Umsatzsteuer) nicht übersteigt. Ein Arbeitsessen in diesem Sinne liegt vor, wenn der Arbeitgeber den Mitarbeitern anlässlich oder während eines außergewöhnlichen Arbeitseinsatzes im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse Speisen bis zu dieser Freigrenze unentgeltlich oder teilentgeltlich überlässt. (H 19.6 Abs. 2 „Arbeitsessen“ LStH).
10. Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG)
Wer selbstständige Künstler beschäftigt, muss an diese Sozialversicherung die sog. Künstlersozialabgabe entrichten. Sie beträgt derzeit 4,2 % und bleibt auch 2022 stabil bei 4,2 %.
Die Bemessungsgrundlage bestimmt sich nach § 25 KSVG (Auszug):
(1) Die Bemessungsgrundlage der Künstlersozialabgabe sind die Entgelte für die künstlerischen oder publizistischen Werke oder Leistungen, die ein nach § 24 Abs. 1 oder 2 zur Abgabe Verpflichteter im Rahmen der dort aufgeführten Tätigkeiten im Laufe eines Kalenderjahres an selbstständige Künstler oder Publizisten zahlt, auch wenn diese selbst nach diesem Gesetz nicht versicherungspflichtig sind. Bemessungsgrundlage sind auch die Entgelte, die ein nicht abgabenpflichtiger Dritter für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen zahlt, die für einen zur Abgabe Verpflichteten erbracht werden.
(2) Entgelt im Sinne des Absatzes 1 ist alles, was der zur Abgabe Verpflichtete aufwendet, um das Werk oder die Leistung zu erhalten oder zu nutzen, abzüglich der in einer Rechnung oder Gutschrift gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer. Ausgenommen hiervon sind
- die Entgelte, die für urheberrechtliche Nutzungsrechte, sonstige Rechte des Urhebers oder Leistungsschutzrechte an Verwertungsgesellschaften gezahlt werden,
- steuerfreie Aufwandsentschädigungen und die in § 3 Nr. 26 des Einkommensteuergesetzes genannten steuerfreien Einnahmen.
Zur Bemessungsgrundlage gehören demnach alle Zahlungen für publizistische/künstlerische Leistungen wie:
- Honorare, Gagen, Tantiemen
- Sachleistungen
- Lizenzzahlungen
- Auslagen (Telefon und Fracht)
- Nebenkosten (Material, Entwicklung und nicht künstlerische Nebenleistungen)
- Zahlungen aus Kommissionsgeschäften
Nicht zur Bemessungsgrundlage gehören:
- Gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer
- Reisekosten
- Steuerfreie Aufwandsentschädigungen (bspw.: Übungsleiterpauschale seit 2021: 3.000,00 EUR/Jahr, bis 2020: max. 2.400,00 EUR/Jahr)
- Zahlungen an Urhebergesellschaften (Gema, VG Wort etc.)
- Zahlungen an juristische Personen (GmbH, AG, e. V., öffentliche Körperschaften und Anstalten)
- Zahlungen an eine Kommanditgesellschaft (KG)
- Zahlungen an eine GmbH & Co. KG
- Zahlungen an eine offene Handelsgesellschaft (OHG)
- Gewinnzuweisungen an Gesellschafter
- Nachträgliche Vervielfältigungskosten (Druckkosten) gehören nicht zum abgabepflichtigen Entgelt, wenn es sich um Leistungen handelt, die für sich genommen nicht künstlerisch sind und erst nach Abschluss der künstlerischen Leistung oder Erstellung des künstlerischen Werkes anfallen und für den Erhalt oder die Möglichkeit zur Nutzung des Werkes nicht erforderlich sind
Durch die Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) ab 01.01.2015 wird die regelmäßige Überprüfung und Beratung der Arbeitgeber im Hinblick auf die Künstlersozialabgabe sichergestellt und damit erheblich ausgeweitet. Die Prüfungen werden nicht mehr alleine von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) vorgenommen. Die Künstlersozialkasse (KSK) hat ein eigenes Prüfrecht erhalten, um branchenspezifische Schwerpunktprüfungen und anlassbezogene Prüfungen selbst durchzuführen.
Wer einmal bei der Künstlersozialkasse geführt ist, muss ggf. auch eine Nullmeldung abgeben.
Durch das Künstlersozialabgabestabilisierungsgesetz (KSAStabG) wurde zum 01.01.2015 eine Geringfügigkeitsgrenze eingeführt. Solange die Bemessungsgrundlage für die kumulierten Leistungen aller Künstler/Publizisten an Eigenwerber und Unternehmer, die nach der Generalklausel abgabepflichtig sind, im Jahr EUR 450,00 nicht übersteigt, gelten die Aufträge kraft Gesetzes als „nur gelegentlich“ und unterliegen danach nicht der Künstlersozialabgabe. Diese Regelung gilt nicht rückwirkend.
Die schwierige Frage danach, was „nur gelegentlich“ ist, wurde demnach ab 2015 zulasten der Unternehmen beseitigt.
11. Flexi-Rente
Die Beschäftigung von Rentnern hat in den letzten Jahren ständig zugenommen.
Die Regelaltersgrenze liegt für Versicherte, die bis einschließlich 31.12.1946 geboren sind, bei 65 Jahren. Für Versicherte, die ab dem 1.1.1947 geboren sind, wird die Regelaltersgrenze schrittweise bis auf 67 Jahre angehoben.
Das Flexi-Rentengesetz trat im Wesentlichen zum 1. Januar 2017 beziehungsweise zum 1. Juli 2017 in Kraft; seit 1. Juli 2017 können Teilrente und Hinzuverdienst flexibler und einfacher als bisher miteinander kombiniert werden. Es besteht seitdem die Möglichkeit, vor Erreichen der Regelaltersgrenze eine Teilzeitarbeit durch eine Rente zu ergänzen.
(Teil-)Rente und Hinzuverdienst können individueller miteinander kombiniert werden: Der Hinzuverdienst wird nicht mehr in festen monatlichen Grenzen angerechnet, sondern im Rahmen einer Jahresbetrachtung stufenlos bei der Rente berücksichtigt.
Eine individuelle Hinzuverdienstgrenze ist aus dem Rentenbescheid ersichtlich.
Versicherungspflicht für Bezieher von Vollrenten bis zur Regelaltersgrenze
Bezieher von Vollrenten sind in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig, bis sie die Regelaltersgrenze erreichen.
Verzicht auf Versicherungsfreiheit nach Erreichen der Regelaltersgrenze
Als Anreiz für eine Beschäftigung nach Erreichen der Regelaltersgrenze wurde die Möglichkeit geschaffen, auf die bestehende Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung zu verzichten. Die Beschäftigten können dadurch weitere Entgeltpunkte in der gesetzlichen Rentenversicherung erwerben und ihren Rentenanspruch erhöhen.
Zusätzliche Beiträge für die Rentenversicherung schon ab 50 Jahren
Versicherte können bereits ab 50 Jahren (bisher 55 Jahre) zusätzlich Beiträge in die Rentenversicherung einzahlen, um Rentenabschläge auszugleichen, die mit einer geplanten vorzeitigen Inanspruchnahme einer Altersrente einhergehen würden.
Wegfall des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung
Der bisher anfallende gesonderte Arbeitgeberbeitrag zur Arbeitslosenversicherung für Beschäftigte, die die Regelaltersgrenze erreicht haben und versicherungsfrei sind, entfällt bis 31.12.2021.
Rentenauskunft wird ergänzt
Versicherte werden durch die Rentenversicherung gezielt über ihre Gestaltungsmöglichkeiten des Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand informiert. Die Rentenauskunft, die Versicherte ab dem Alter von 55 Jahren erhalten, wird insbesondere um Informationen darüber ergänzt, wie sich das Vorziehen oder Hinausschieben des Rentenbeginns auf die Rente auswirkt.
12. Förderung dienstlicher Elektro- und Hybridfahrzeuge
Durch das Jahressteuergesetz 2018 wurde befristet auf den Zeitraum vom 01.01.2019 bis zum 31.12.2021 die Halbierung der Bemessungsgrundlage bei der Dienstwagenbesteuerung für Elektro- und Hybridfahrzeuge eingeführt. Zu beachten ist, dass die Halbierung der Bemessungsgrundlage nur für einkommensteuerrechtliche Zwecke vorgenommen wird und nicht für umsatzsteuerliche Zwecke gilt.
Die Begünstigung soll bis zum 31.12.2030 stufenweise mit steigenden Anforderungen an die zu erreichende Mindestreichweite unter ausschließlicher Nutzung der elektrischen Antriebsmaschine verlängert werden. Folgende Tabelle gibt einen Überblick über die geplanten Voraussetzungen und den geplanten zeitlichen Anwendungsbereich:
Anschaffungszeitraum |
Höchstschad-stoffausstoß |
Mindest-reichweite |
Gesetzliche Regelung für 1%-Methode bzw. Fahrtenbuchmethode |
1.1.2019 – 31.12.2021 |
50 g CO2 / gefahrenem km |
40 km
|
§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 Nr. 2 bzw. S. 3 Nr. 2 EStG |
1.1.2022 – 31.12.2024 |
50 g CO2 / gefahrenem km |
60 km
|
§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 Nr. 3 bzw. S. 3 Nr. 3 EStG-E |
1.1.2025 – 31.12.2030 |
50 g CO2 / gefahrenem km |
80 km |
§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 Nr. 5 bzw. S. 3 Nr. 4 EStG-E |
Gemäß der Gesetzesbegründung soll die bisherige Regelung zur Minderung der Bemessungsgrundlage in Abhängigkeit von der Kapazität der Batterie für das Jahr 2022 für Fahrzeuge, die diese Vorgaben nicht erfüllen, fortgelten.
13. Voraussichtliche Rechengrößen der Sozialversicherung ab 2023
Die Beiträge und Rechengrößen in der Sozialversicherung für das Jahr 2022 belaufen sich auf:
Versicherungszweig und Zeitraum |
West |
Ost |
Kranken- und Pflegeversicherung, jährl. |
58.050,00 € |
58.050,00 € |
Kranken- und Pflegeversicherung, monatl. |
4.837,50 € |
4.837,50 € |
Renten- und Arbeitslosenversicherung, jährl. |
84.600,00 € |
81.000,00 € |
Renten- und Arbeitslosenversicherung, monatl. |
7.050,00 € |
6.750,00 € |
13.1 Sachbezugswert freie Verpflegung
Der monatliche Sachbezugswert für Verpflegung beträgt ab 01.01.2022 bundeseinheitlich EUR 270,00 monatlich. Dieser Wert gilt auch für Jugendliche und Auszubildende.
Sachbezugswert 2022 |
Frühstück |
Mittagessen |
Abendessen |
Gesamt |
Monatlich |
56,00 € |
107,00 € |
107,00 € |
270,00 € |
Kalendertäglich |
1,87 € |
3,57 € |
3,57 € |
9,00 € |
Da auf 2 Stellen nach dem Komma gerundet wird, kommt bei der Addition in der Zeile kalendertäglich EUR 9,01 heraus.
Es gilt aber EUR 270,00 / 30 = EUR 9,00.
Nur bei Familienangehörigen, denen ebenfalls freie Verpflegung gewährt wird, gibt es unterschiedliche Werte in Abhängigkeit vom Alter.
13.2 Sachbezugswert freie Unterkunft
Der Sachbezugswert für freie Unterkunft beträgt ab 01.01.2022 bundeseinheitlich EUR 241,00 monatlich.
Bei der Belegung einer Unterkunft mit mehreren Beschäftigten sowie für Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres und Auszubildende gelten andere Werte. Diese ergeben sich aus § 2 Abs. 3 Sozialversicherungsentgeltverordnung. Dort steht:
… Der Wert der Unterkunft nach Satz 1 vermindert sich
1. bei Aufnahme des Beschäftigten in den Haushalt des Arbeitgebers oder bei Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft um 15 Prozent,
2. für Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres und Auszubildende um 15 Prozent und
3. bei der Belegung
a) mit zwei Beschäftigten um 40 Prozent,
b) mit drei Beschäftigten um 50 Prozent und
c) mit mehr als drei Beschäftigten um 60 Prozent.
....
14. Krankenkassenwahlrecht
Der Gesetzgeber hat zum 1. Januar 2021 die Möglichkeit der sofortigen Krankenkassenwahl erheblich erweitert. In Zukunft bedarf es keiner Kündigung. Auch die Dauer der Mitgliedschaft bei der bisherigen Krankenkasse ist ohne Bedeutung. Generell verkürzt sich bei einem Krankenkassenwechsel ab 2021 die Bindungsfrist auf zwölf Monate.
15. Kurzarbeitergeld
Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld sind seit März 2020 das Mittel der Wahl, um die wirtschaftlichen Folgen der Pandemiesituation für Unternehmen und Arbeitnehmer abzumildern. Zum 01.01.2021 ist das Beschäftigungssicherungsgesetz in Kraft getreten, welches unter anderem die Verlängerung der im Laufe des vergangenen Jahres getroffenen Sonderregelungen beim Kurzarbeitergeld vorsieht.
Bis Ende des Jahres 2021 bleibt die Regelung in § 421c Abs. 2 SGB III in Kraft, wonach das Kurzarbeitergeld ab dem 4. Monat der Kurzarbeit auf 70 % des entfallenen Entgelts (77 % bei Arbeitnehmern mit Kindern) und ab dem 7. Monat der Kurzarbeit auf 80 % (bzw. 87 %) aufgestockt wird, soweit der Anspruch auf Kurzarbeitergeld erstmals bis Ende März 2021 entstanden ist und der Entgeltausfall in dem jeweiligen Monat mindestens 50 % beträgt.
Zunächst ist der beantragende Betrieb verpflichtet, eine Anzeige über Kurzarbeitergeld schriftlich bei der Agentur für Arbeit anzumelden. Dies hat spätestens bis zum letzten Tag des Monats, in dem Kurzarbeit erstmalig stattgefunden hat, zu erfolgen.
Um die Genehmigung der Anzeige zu erhalten, muss ein Arbeitsausfall vorliegen. Dieser muss aus wirtschaftlichen Gründen, wegen eines unabwendbaren Ereignisses, unvermeidbar sowie vorübergehend sein.
Achtung: Urlaubstage aus dem Vorjahr sind vor Beginn der Kurzarbeit abzubauen.
Geringe Arbeitsausfälle werden nicht durch Kurzarbeitergeld ausgeglichen. Daher müssen mindestens 10 % der Beschäftigten einen Entgeltausfall von jeweils mehr als 10 % des Bruttoarbeitsentgelts verzeichnen.
Mindestens eine Person muss sozialversicherungspflichtig sein sowie die Zustimmung aller betroffenen Arbeitnehmer muss vorliegen.
Kurzarbeitergeld kann auch lediglich für einzelne Abteilungen beantragt werden und es müssen nicht alle Mitarbeiter betroffen sein.
Allerdings wird das Kurzarbeitergeld ausschließlich für Arbeitnehmer gezahlt, deren Arbeitsverhältnis nicht gekündigt oder aufgehoben ist. Dies gilt auch für Arbeitnehmerkündigungen. Sollte ein sich in Kurzarbeit befindender Betrieb neue Mitarbeiter einstellen wollen, ist dies in jedem Fall vorab durch die Agentur für Arbeit genehmigen zu lassen.
Aktuell kommt es aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage zu Änderungen im Gesetzestext beziehungsweise Vereinfachungen im Zusammenhang mit der Beantragung von Kurzarbeitergeld. Es kann jederzeit zu weiteren Änderungen oder Ergänzungen kommen.
Im Regelfall kann eine Bezugszeit von 12 Monaten beantragt werden. Wird die Kurzarbeit für 3 aufeinanderfolgende Monate unterbrochen, muss ein neuer Antrag gestellt werden.
Bei außergewöhnlichen Verhältnissen auf dem gesamten Arbeitsmarkt kann das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit durch Rechtsverordnung die Bezugsdauer auf bis zu 21 Monate verlängern.
Der Arbeitnehmer erhält folgende Nettoentgeltdifferenz:
Für die Berechnung der Bezugsmonate gilt:
- Berücksichtigt werden alle Monate mit Kurzarbeit ab dem Monat März 2020.
- Die Bezugsmonate müssen nicht zusammenhängend sein.
- Die Berechnung der Bezugsmonate erfolgt arbeitnehmerbezogen.
- Angerechnet werden auch Monate, in denen der Entgeltausfall weniger als 50 %
betragen hat.
Bei der Nettoentgeltdifferenz handelt es sich um den Unterschiedsbetrag zwischen dem pauschalierten Nettoentgelt aus dem Soll-Entgelt (was der Arbeitnehmer ohne den Arbeitsausfall, vermindert um Entgelt für Mehrarbeit, in dem Anspruchszeitraum erzielt hätte) und dem pauschalierten Nettoentgelt aus dem Ist-Entgelt (das von dem Arbeitnehmer in dem Anspruchszeitraum tatsächlich erzielte Bruttoarbeitsentgelt).
Die Hinzuverdienstregelung, wonach Entgelt aus einer geringfügigen Beschäftigung dem für die Berechnung der Entgeltdifferenz relevanten Ist-Entgelt nicht hinzugerechnet wird, wurde ebenfalls bis 31.12.2021 verlängert.
Die Sozialversicherungsbeiträge, die für die Zeiten der Kurzarbeit durch den Arbeitgeber grundsätzlich in Höhe von 80 % allein zu tragen sind, werden diesem auch bis einschließlich 31.12.2021 vollständig erstattet.
Darüber hinaus werden bis zum Sommer 2023 die vom Arbeitgeber zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge zu 50 % erstattet, wenn während der Kurzarbeit in den Zeiten des Arbeitsausfalls Weiterbildungsmaßnahmen vorgenommen werden. Die Qualifizierung muss nunmehr nicht mehr mindestens 50 % des Arbeitsausfalls umfassen. Voraussetzung ist, dass die berufliche Weiterbildungsmaßnahme während der Kurzarbeit begonnen wird, insgesamt mehr als 120 Stunden dauert und auf ein förderfähiges Fortbildungsziel gerichtet ist.
Sonstige Regelungen ab 2022 wurden noch nicht veröffentlicht.
15.1 Berechnung Feiertage bei Kurzarbeitergeld
Für Feiertage besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Kurzarbeitergeld, da ein Entgeltfortzahlungsanspruch vorliegt. Sofern aufgrund einer tarif- oder arbeitsrechtlichen Regelung das Arbeitsentgelt für den Feiertag in Höhe des Kurzarbeitergeldes gezahlt wird, wird dieses Entgelt nicht von der Agentur für Arbeit erstattet. In diesem Fall muss bei der Beantragung des Kurzarbeitergeldes in der Kurzarbeitergeld-Abrechnungsliste für den Feiertag beim Soll- und Ist-Entgelt das Arbeitsentgelt in voller Höhe berücksichtigt werden.
15.2 Krankheit in Verbindung mit Kurzarbeitergeld (KUG)
Arbeitsunfähigkeit |
Leistungen |
Leistungsträger |
Zeitgleich mit oder während KUG-Bezug mit Anspruch auf Entgeltfortzahlung (EFZ) |
a) EFZ für verbleibende Arbeitsleistungen b) KUG für die Dauer des Anspruchs auf EFZ |
a) Arbeitgeber
b) Agentur für Arbeit |
Vor KUG-Beginn mit Anspruch auf Entgeltfortzahlung (Krankheit muss einen Monat vor KUG beginnen) |
a) EFZ für verbleibende Arbeitsleistung b) Krankengeld in Höhe vom KUG |
a) Arbeitgeber
b) Krankenkasse |
Bezug im Krankengeldbezug |
Krankengeld (berechnet sich nach dem zuletzt vor Eintritt des Arbeitsausfalls abgerechneten Entgelt) |
Krankenkasse |
Vor KUG-Beginn im Krankengeldbezug |
Normale Berechnung Krankengeld |
Krankenkasse |
15.3 Erweiterung der Hinzuverdienstmöglichkeiten während der Kurzarbeit
Bisher galt: Wenn Sie nach Eintritt von Kurzarbeit eine Nebentätigkeit neu aufnehmen, wird das daraus erzielte Entgelt auf das Kurzarbeitergeld angerechnet.
Vom 1. Mai 2020 bis zum 31. Dezember 2021 gilt folgende Sonderregelung: Beschäftigte in Kurzarbeit können einen Nebenverdienst bis zur Höhe ihres ursprünglichen Einkommens haben, ohne dass dieser auf das Kurzarbeitergeld angerechnet wird.
15.4 Ablauf Kurzarbeitergeld
1. |
Kurzarbeit anzeigen |
2. |
Bewilligung der Anzeige abwarten |
3. |
Gehälter/Kurzarbeitergeld zahlen |
4. |
Erstattungsantrag stellen (bis 3 Monate nach Anspruchsmonat) |
5. |
Bewilligung des Erstattungsantrages |
15.5 Arbeitgeberzuschuss zum Kurzarbeitergeld
Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld sind sozialversicherungs- und steuerfrei, wenn
- sie zusammen mit dem Kurzarbeitergeld das fiktive Arbeitsentgelt nicht übersteigen,
- sie zusammen mit dem Kurzarbeitergeld 80 % des Unterschiedsbetrages
zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt nicht übersteigen.
Arbeitgeberzuschüsse zum Kurzarbeitergeld sollen bis Ende 2021 steuerfrei bleiben.
16. Coronaprämie
Arbeitgeber können ihren Arbeitnehmern bis 31.03.2022 aufgrund der Coronavirus-Pandemie Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag von EUR 1.500,00 steuer- und beitragsfrei in Form von Zuschüssen und Sachbezügen zukommen lassen (BMF v. 9.4.20, IV C 5 - S 2342/20/10009 :001, 2020/0337215).
Voraussetzung ist, dass die Beihilfen und Unterstützungen zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet werden. Die steuerfreien Leistungen sind im Lohnkonto aufzuzeichnen. Andere Steuerbefreiungen und Bewertungserleichterungen bleiben hiervon unberührt. Die Beihilfen und Unterstützungen bleiben auch in der Sozialversicherung beitragsfrei.
Weitere Informationen finden Sie auf der Internetseite des Bundesgesundheitsministeriums (www.bundesgesundheitsministerium.de).
Es ist allerdings erforderlich, dass aus einer vertraglichen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erkennbar ist, dass es sich um steuerfreie Beihilfen und Unterstützungen zur Abmilderung der zusätzlichen Belastung durch die Coronakrise handelt.
17. Quarantäne
Arbeitnehmer, für die Quarantäne (§ 30 Infektionsschutzgesetz [IfSG]) oder ein berufliches Tätigkeitsverbot (§ 31 IfSG) angeordnet wurde, haben ggf. einen Anspruch auf Entschädigung nach § 56 IfSG.
Die Entschädigung entspricht der Höhe und Dauer der Zahlung der normalen gesetzlichen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Somit muss die Entschädigung für die ersten 6 Wochen der Arbeitgeber zahlen. Diese Entschädigung bekommt der Arbeitgeber auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet (§ 56 Abs. 5 IfSG).
Ab November 2021 gilt:
§ 56 Abs. 1 S. 4 IfSG enthält die Regelung, dass jemand keine Entschädigung für den erlittenen Verdienstausfall erhält, der durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung, die im Bereich des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Betroffenen öffentlich empfohlen wurde, eine Quarantäne hätte vermeiden können. Die Frage der Entschädigung bei Quarantäne hängt davon ab, ob der Arbeitnehmer wissentlich in ein Risikogebiet gereist ist oder nicht. Der Gesetzgeber hat im November 2020 festgelegt, dass kein Anspruch auf Verdienstausfallentschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz besteht, wenn eine Quarantäne hätte vermieden werden können, indem man eine vermeidbare Reise in ein bereits bei Abreise eingestuftes Risikogebiet nicht angetreten hätte.
Hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, während der Quarantäne seine Arbeitsleistung im Homeoffice zu erbringen, bleibt der Anspruch auf Zahlung des Arbeitsentgelts bestehen.
Wird das vom Arbeitnehmer bereiste Urlaubsland erst nach Reiseantritt zum Risikogebiet erklärt, liegt aufseiten des Arbeitnehmers kein schuldhaftes Handeln vor. Der Arbeitnehmer hat dann für die Dauer der Quarantäne gegenüber der zuständigen Behörde einen Anspruch auf Entschädigung seines Verdienstausfalls.
Die Abfrage zum Impfstatus wurde in das IfSG-Online-Antragsverfahren eingebaut, um die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen nach § 56 ff. IfSG einzubeziehen.
In den ersten 6 Wochen:
Als Verdienstausfall gilt das dem Arbeitnehmer im Rahmen seiner regelmäßigen Arbeitszeit zustehende Netto-Arbeitsentgelt.
Die Entschädigung hat der Arbeitgeber für die zuständige Behörde gem. § 3 Nr. 25 EStG an den Arbeitnehmer steuerfrei auszuzahlen.
Dem Arbeitgeber werden die an den Arbeitnehmer ausgezahlten Entschädigungen von der zuständigen Behörde erstattet.
Allerdings hat der Arbeitgeber für die ersten fünf Tage der Quarantäne keinen Anspruch auf Erstattung der Entschädigungszahlung. Die Quarantäne wird dem Arbeitgeber somit erst ab dem 6. Tag erstattet. Die ersten 5 Tage müssen vom Arbeitgeber bezahlt werden.
Eine Erstattung ab dem ersten Tag kann nur in Anspruch genommen werden, wenn § 616 BGB im Rahmen des Arbeitsvertrages ausgeschlossen wurde. Vor Beantragung der Erstattung ist der Arbeitsvertrag zu überprüfen und gegebenenfalls ein Anwalt für Arbeitsrecht hinzuzuziehen.
Die SV-Beiträge zur gesetzlichen Versicherung für den Quarantänezeitraum zahlt zunächst der Arbeitgeber. Diese Beiträge werden dem Arbeitgeber ebenso von der zuständigen Behörde auf Antrag erstattet.
Darüber hinaus zahlt und trägt der Arbeitgeber zunächst auch die Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung im Firmenzahler-Verfahren. Auch diese Beiträge lässt sich der Arbeitgeber von der Behörde auf Antrag erstatten.
Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung im Selbstzahler-Verfahren werden für einen Quarantänezeitraum dagegen zunächst vom Arbeitnehmer gezahlt und getragen. Der Arbeitnehmer erhält vom Arbeitgeber einen geringeren Zuschuss und muss sich den Beitragsanteil, der auf den Quarantänezeitraum entfällt, selbst per Antrag von der zuständigen Behörde erstatten lassen.
Auch bei einer privaten Kranken- und Pflegeversicherung sowie bei einer Versicherung in einem berufsständischen Versorgungswerk oder bei einer befreienden Lebensversicherung erhält der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber verringerte Zuschüsse und muss sich den Beitragsanteil, der auf den Quarantänezeitraum entfällt, selbst per Antrag von der zuständigen Behörde erstatten lassen.
Nach Einstellung der Tätigkeit muss der notwendige Antrag innerhalb von 3 Monaten bei der zuständigen Behörde gestellt werden.
Ab der 7. Woche
Entschädigung in Höhe des Krankengeldes gem. § 47 Abs. 1 SGB V. Die Entschädigung wird dem Arbeitnehmer von der zuständigen Behörde gewährt. Der Arbeitnehmer muss die Entschädigung innerhalb von 3 Monaten nach Einstellung der Tätigkeit bei der zuständigen Behörde selbst beantragen.
18. Entschädigungsregelung für Eltern
Für Eltern, die wegen der notwendigen Kinderbetreuung während einer Pandemie Verdienstausfälle erleiden, wurde eine neue Entschädigungsregelung in das Infektionsschutzgesetz (§ 56 Abs. 1a Infektionsschutzgesetz [IfSG]) aufgenommen.
Voraussetzungen für einen Entschädigungsanspruch sind:
- Die Einrichtungen zur Kinderbetreuung oder Schulen wurden aufgrund behördlicher Anordnung geschlossen oder das Betreten untersagt. Schließt die Betreuungseinrichtung eines behinderten Kindes, entsteht der Anspruch unabhängig vom Alter des Kindes.
- Verdienstausfall zur Betreuung eines in Absonderung befindlichen Kindes.
- Es besteht keine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit.
- Der Verdienstausfall ist nicht vermeidbar (z. B. durch Abbau von Zeitguthaben).
- Die zuständige Behörde verlängert oder ordnet aus Gründen des Infektionsschutzes Schul- oder Betriebsferien an, oder die Präsenzpflicht in einer Schule wird aufgehoben. Also auch in Konstellationen des Distanzlernens im Rahmen der häuslichen Umgebung von Schülerinnen und Schülern oder bei Hybridunterricht.
Für die Entschädigung gilt:
- Maximal 10 Wochen (für Alleinerziehende 20 Wochen). Der Entschädigungszeitraum muss nicht zusammenhängend verlaufen.
- 67 % des entstandenen (Netto-)Verdienstausfalls
- Begrenzt auf EUR 2.016,00 für einen vollen Monat
- Ein Kind ist dann betreuungsbedürftig, wenn es das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder wenn es sich um ein Kind mit Behinderungen handelt, das auf Hilfe angewiesen ist. Für ein hilfebedürftiges Kind mit Behinderungen gilt keine Altersgrenze, das heißt, ein Entschädigungsanspruch besteht grundsätzlich auch bei volljährigen Kindern.
- Bei geringfügig Beschäftigten gelten die gleichen Voraussetzungen wie für alle anderen Arbeitnehmer.
- Gem. § 3 Nr. 25 EStG steuerfrei und auf der LStB in der Zeile 15 auszuweisen
Die SV-Beiträge trägt zunächst der Arbeitgeber. Zusätzlich zahlt er dem Arbeitnehmer die Entschädigung aus und bekommt diese auf Antrag zusammen mit den SV-Beiträgen von der zuständigen Behörde erstattet.
19. Betriebsschließung
Wenn im Betrieb Coronaverdacht besteht oder der Betrieb aufgrund behördlicher Anordnung vorübergehend geschlossen werden muss, besteht kein Anspruch auf Entschädigungszahlung nach § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG). Der Arbeitgeber ist weiterhin verpflichtet, die Arbeitnehmer zu entlohnen. Die Betriebsschließung mit dem Ziel des Infektionsschutzes ist gemäß § 615 S. 3 BGB ein Fall des Betriebsrisikos.
Es ist zu prüfen, ob in diesen Fällen Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht.
Die Bundesregierung verlängert die Überbrückungshilfe III Plus über den 30. September hinaus bis zum 31. Dezember 2021.
Antragstellung unter www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de
20. Arbeitslohnspende
Wenn Mitarbeiter auf die Auszahlung von Teilen des Arbeitslohns oder auf Teile eines angesammelten Wertguthabens zugunsten einer Zahlung des Arbeitgebers auf ein Spendenkonto einer spendenempfangsberechtigten Einrichtung verzichten, bleiben diese Lohnteile bei der Feststellung des steuerpflichtigen Arbeitslohns außer Ansatz.
Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber die Verwendungsauflage erfüllt und dies dokumentiert. Der außer Ansatz bleibende Arbeitslohn ist im Lohnkonto aufzuzeichnen. Auf die Aufzeichnung kann verzichtet werden, wenn stattdessen der Beschäftigte seinen Verzicht schriftlich erklärt und diese Erklärung zum Lohnkonto genommen wird. Der außer Ansatz bleibende Arbeitslohn ist nicht in der Lohnsteuerbescheinigung anzugeben. Die steuerfrei belassenen Lohnteile dürfen jedoch in der Einkommensteuererklärung nicht nochmals als Spenden berücksichtigt werden.
21. Änderung des Umsatzsteuersatzes im Jahr 2021
Ab dem 01.01.2021 gelten wieder die gewohnten Steuersätze in Höhe von 19 % bzw. 7 %.
Eine Besonderheit bilden dabei nach dem Dritten Corona-Steuerhilfegesetz die Umsätze für die Abgabe von Speisen. Für Speisen, die in einem Restaurant, einem Café oder einem anderen Gastronomiebetrieb verzehrt werden, gilt bis zum 31.12.2022 der ermäßigte Steuersatz von 7 % (§ 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG). Wichtig ist dabei, dass diese Ausnahme sich ausschließlich auf die Speisen bezieht und der Ausschank von Getränken dem Regelsteuersatz von 19 % unterliegt. Ab dem 01.01.2023 gilt dann für die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an den oben genannten Orten wieder insgesamt der Regelsteuersatz von derzeit 19 %.
Beim Rückwechsel der Umsatzsteuersätze gibt es Fallstricke zu beachten:
Es wird immer auf die Ausführung der Leistung abgestellt.
Wann ist nun eine Leistung ausgeführt?
- Eine Lieferung ist dann ausgeführt, wenn der Gegenstand vom ausführenden Unternehmer zum Leistungsempfänger gewechselt hat oder er frei über ihn verfügen kann.
- Eine sonstige Leistung ist dann ausgeführt, wenn sie vollendet ist.
Wurde eine Leistung ab dem 01.07.2020 und vor dem 01.01.2021 ausgeführt, gelten die zeitlich befristet herabgesetzten Steuersätze von 16 % und 5 %. Bei einer Ausführung ab dem 01.01.2021 sind wieder die Steuersätze von 19 % bzw. 7 % anzuwenden.
Problematisch kann es dann werden, wenn Lieferungen oder sonstige Leistungen in Teilleistungen erbracht werden (insbesondere bei Werklieferungen bzw. Werkleistungen).
Eine Teilleistung liegt vor, wenn
- eine wirtschaftlich abgrenzbare einheitliche Leistung ausgeführt wird,
- für die das Entgelt gesondert vereinbart wurde und
- dieses statt der einheitlichen Gesamtleistung geschuldet wird.
Wenn diese Teilleistungen nach dem 31.12.2020 erbracht werden, gelten die alten Steuersätze von 19 % bzw. 7 %. Nur wenn sie zwischen dem 01.07.2020 und 31.12.2020 erbracht wurden, durften die verminderten Sätze von 16 % bzw. 5 % angewendet werden.
Auch bei bereits geleisteten Anzahlungen oder Abschlägen ist Vorsicht geboten, denn hier kann es dazu kommen, dass der zunächst verwendete Umsatzsteuersatz nicht zu dem im Zeitpunkt der Leistungsausführung geltenden Steuersatz passt. Er ist dann auf den zur Leistungserbringung geltenden Steuersatz zu korrigieren.
22. Kleinunternehmerregelung
Wenn der Gesamtumsatz im Vorjahr nicht mehr als EUR 22.000,00 betragen hat, darf der Unternehmer grundsätzlich die sogenannte Kleinunternehmerregelung des § 19 UStG anwenden. Weitere Voraussetzung ist, dass der Gesamtumsatz im laufenden Jahr voraussichtlich nicht mehr als EUR 50.000,00 beträgt.
Bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes nach § 19 Abs. 3 UStG sind alle vereinnahmten Beträge zu berücksichtigen. Nicht unter den Gesamtumsatz fallen:
- Einfuhren aus dem Drittland
- Innergemeinschaftliche Erwerbe
- Weitere bestimmte steuerfreie Umsätze
- Unentgeltliche Wertabgaben
Wenn der Unternehmer seinen voraussichtlichen Umsatz schätzt und dabei zu dem Schluss kommt, dass er die Grenze von EUR 50.000,00 nicht überschreiten wird, dann entfällt die Kleinunternehmerbesteuerung auch nicht nachträglich. Auch dann nicht, wenn im laufenden Jahr die Grenze (deutlich) überschritten wird. Es empfiehlt sich daher, die Umsatzschätzung immer gut zu dokumentieren und dabei auch zu berücksichtigen, von welchen Rahmenbedingungen man bei der Schätzung ausgegangen ist.
Dem Grunde nach sind Kleinunternehmer von der Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen befreit. In folgenden Fällen muss jedoch auch der Kleinunternehmer eine Umsatzsteuer-Voranmeldung beim Finanzamt einreichen:
- Der Kleinunternehmer schuldet die Steuer für einen innergemeinschaftlichen Erwerb.
- Der Kleinunternehmer ist Leistungsempfänger im Reverse-Charge-Verfahren.
- Der Kleinunternehmer ist letzter Abnehmer in einem innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft.
- Der Kleinunternehmer ist Fahrzeuglieferer eines neuen Fahrzeuges.
Der Kleinunternehmer ist weiterhin dazu verpflichtet, in Fällen des Reverse-Charge-Verfahrens als Steuerschuldner die Umsatzsteuer abzuführen, ohne einen Vorsteuerabzug in gleicher Höhe geltend machen zu können.
23. Gutscheine
Das Umsatzsteuergesetz unterscheidet zwischen Einzweck- und Mehrzweckgutscheinen.
Nach dem Gesetzeswortlaut liegt ein Einzweckgutschein vor, wenn der Ort der Lieferung bzw. sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, und die für diesen Umsatz geschuldete Steuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins bereits feststehen.
Beim Einzweckgutschein wird fingiert, dass die Lieferung oder sonstige Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, mit der Ausgabe des Gutscheins bewirkt wird. Somit wird die Umsatzsteuer mit Ausstellung dieses Gutscheins fällig. Die spätere Einlösung des Gutscheins unterliegt nicht der Umsatzsteuer.
Das BMF hat im Schreiben vom 02.11.2020 (III C 2 – S 7100/19/100001 :002) die Voraussetzungen für den Einzweckgutschein weiter konkretisiert. Diese Grundsätze gelten grundsätzlich rückwirkend zum 01.01.2019. Eine abweichende Behandlung wurde bis zum 02.02.2021 nicht beanstandet. Demnach muss feststehen, ob der Leistungsempfänger die Leistung als Unternehmer bezieht. Sofern dies nicht bestimmt werden kann, handelt es sich nicht um einen Einzweckgutschein. Die Finanzverwaltung vertritt in diesem Schreiben eine sehr strenge Meinung und verlangt über den Wortlaut der Vorschrift hinaus, die Bezeichnung als Einzweckgutschein. Der DStV-Steuerrechtsausschuss empfiehlt daher den Unternehmern, ihre Gutscheine dahin gehend zu überprüfen, um spätere Streitigkeiten mit der Finanzverwaltung zu vermeiden.
In allen anderen Fällen handelt es sich um einen sog. Mehrzweckgutschein. Hier entsteht die Umsatzsteuer erst mit der Einlösung des Gutscheins. Die Ausgabe des Gutscheins unterliegt nicht der Umsatzsteuer.
In diesen Regelungsbereich fallen nicht die Gutscheine, die lediglich zu einem Preisnachlass oder einer Preiserstattung führen.
Das oben genannte BMF-Schreiben ist gespickt mit Beispielen, um die Handhabe vonseiten der Finanzverwaltung weiter zu verdeutlichen.
Im BMF-Schreiben vom 04.11.2020 (III C 2 – S 7030/20/10009 :016) nimmt die Finanzverwaltung Stellung zur befristeten Absenkung des Umsatzsteuersatzes und geht darin auch auf die Ausgabe von Gutscheinen für einen verbindlich bestellten Gegenstand und auf Restaurantgutscheine ein. Aus dem Schreiben ergibt sich ganz klar, dass, wenn der bestellte Gegenstand erst 2021 (nach Wiedererhöhung der Steuersätze) geliefert wird, der erhöhte Steuersatz anzuwenden ist und eine entsprechende Korrektur erfolgen muss.
24. Umsatzsteuer-Voranmeldung
Wenn ein Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit neu aufnimmt, musste er bislang seine Umsatzsteuer-Voranmeldung im Jahr der Gründung und im folgenden Jahr immer monatlich beim Finanzamt einreichen. Diese Regelung ist für die Besteuerungszeiträume 2021 bis 2026 ausgesetzt.
Ob der Gründer seine Umsatzsteuer-Voranmeldung monatlich oder vierteljährlich einzureichen hat, richtet sich nunmehr nach den allgemeinen Grenzen zur Abgabe der Voranmeldungen.
Wenn die voraussichtliche Steuer für das Gründungsjahr mehr als EUR 7.500,00 betragen wird, sind monatlich Umsatzsteuer-Voranmeldungen beim Finanzamt einzureichen. In allen anderen Fällen erfolgt die Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldungen quartalsweise. Eine Befreiung von der Pflicht zur Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen ist nach den Vorgaben der Finanzverwaltung auch bei einer voraussichtlichen Steuer von bis zu EUR 1.000,00 nicht möglich.
Für das Folgejahr sind Umsatzsteuer-Voranmeldungen monatlich einzureichen, wenn die Steuer für das Vorjahr mehr als EUR 7.500,00 betragen hat. Falls die Steuer weniger als EUR 1.000,00 beträgt, kann der Unternehmer von der Einreichung von Umsatzsteuer-Voranmeldungen befreit werden. Dies gilt nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht für Gründungsfälle im zweiten Geschäftsjahr. In allen anderen Fällen erfolgt die Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung quartalsweise. Dabei ist jedoch zu beachten, dass, wenn die Tätigkeit nur in einem Teil des Vorjahres ausgeübt wurde, die Steuer auf eine Jahressteuer hochzurechnen ist.
Beispiel:
A nimmt seine gewerbliche Tätigkeit am 01.07.2021 auf und schätzt seine Steuer auf EUR 7.000,00. Diese Steuer wird auch tatsächlich für das Jahr 2021 fällig.
Für 2021 hat A quartalsweise seine Umsatzsteuer-Voranmeldung beim Finanzamt einzureichen, da er voraussichtlich unter EUR 7.500,00 bleibt.
Für 2022 hat A die Umsatzsteuer-Voranmeldung monatlich abzugeben, da die im Vorjahr gezahlte Steuer auf das Jahr hochgerechnet mehr als EUR 7.500,00 beträgt (EUR 7.000,00 / 6 Monate x 12 Monate = EUR 14.000,00).
Bei Einnahme-Überschuss-Rechnern ist die Zahlung der Umsatzsteuer-Voranmeldung als Betriebsausgabe zu berücksichtigen. Hierbei ist insbesondere über den Jahreswechsel der sog. 10-Tages-Zeitraum zu beachten. Demnach sind regelmäßig wiederkehrende Ausgaben (wie z. B. Miete oder auch die Umsatzsteuer-Vorauszahlung) dem Kalenderjahr als Betriebsausgabe zuzurechnen, zu dem sie wirtschaftlich gehören.
Dies ist insbesondere bei erteiltem Lastschrifteinzug ein Streitthema. Nach Auffassung des FG Sachsen, rechtskräftiges Urteil v. 7.11.20219 – 6 K 1106/19, ist es grundsätzlich so, dass die Zahlung der Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum am 10. des Folgemonats (= gesetzlicher Fälligkeitstag) fällig wird und bei ausreichender Deckung des Kontos auch an diesem Tag als bewirkt gilt. Fraglich bleibt, wie es sich verhält, wenn der 10. auf ein Wochenende oder einen Feiertag fällt. Die Frist zur Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung verschiebt sich in diesen Fällen auf den nächsten Werktag (z. B. den 11.01.). Wenn nun auf den 11.01. (fristgerecht) die Umsatzsteuer-Voranmeldung eingereicht wird, kann die Steuer ja nicht schon vor Abgabe/Festsetzung fällig werden. Folglich wäre dann die Betriebsausgabe dem Folgejahr zuzurechnen. Nach dem Urteil des FG Sachsen ist auch bei Lastschrifteinzug am 11. Januar des Folgejahres aufgrund der Wochenendregelung die Steuer im Jahr ihrer wirtschaftlichen Zugehörigkeit und damit im Vorjahr als Betriebsausgabe abzuziehen.
25. Abgabefristen für die Umsatzsteuererklärung
Die Umsatzsteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2021 ist bis zum 01.08.2022 bzw. bei steuerlicher Beratung bis zum 28.02.2023 beim Finanzamt einzureichen (§ 149 Abs. 3 AO).
Bei verspäteter Abgabe der Steuererklärungen 2021 wird ein Verspätungszuschlag gemäß § 152 Abs. 2 AO festgesetzt. Er beträgt für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung 0,25 % der um die festgesetzten Vorauszahlungen und die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge verminderten festgesetzten Steuer. Mindestens jedoch EUR 25,00 für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung.
Der Verspätungszuschlag wird für jede Steuerart gesondert festgesetzt.
Beispiel:
Die Umsatzsteuererklärung 2021 eines steuerlich beratenen Steuerpflichtigen wird erst am 31.05.2023 beim Finanzamt eingereicht. Der festzusetzende Verspätungszuschlag beträgt mindestens EUR 75,00, da die Verspätung drei angefangene Monate zu je EUR 25,00 umfasst.
Weiterführung:
Nehmen wir nun mal an, der Steuerpflichtige muss EUR 15.000,00 Umsatzsteuer aus dieser Steuererklärung nachzahlen. So ergibt sich ein Verspätungszuschlag in Höhe von EUR 112,00. (EUR 15.000,00 x 0,25 % = EUR 37,50 x 3 Monate = EUR 112,50 – Abrundung auf volle Euro).
Das Finanzamt ist dazu berechtigt, Steuererklärungen bevorzugt vorab anzufordern. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn in der Vergangenheit die Abgabefrist regelmäßig überschritten wurde.
26. Geplante Änderungen bei der Umsatzsteuer für 2022
Zum Redaktionsschluss gab es noch keine Informationen zu geplanten Änderungen.
27. Umsetzung Mehrwertsteuer-Digitalpakt zweite Stufe
Seit dem 01.07.2021 gilt die neue sog. Fernverkaufsregelung des § 3c UStG.
Demzufolge liegt ein innergemeinschaftlicher Fernverkauf unter anderem vor, wenn ein Gegenstand durch den Lieferer von einem EU-Mitgliedstaat in einen anderen EU-Mitgliedstaat befördert oder versendet wird. Es reicht aus, wenn der Lieferer indirekt an der Lieferung beteiligt ist. Der Erwerber darf insbesondere kein Unternehmer sein, der den Gegenstand für sein Unternehmen erwirbt. Ebenso betrifft die Regelung Unternehmer mit steuerfreien Ausgangsumsätzen ohne Vorsteuerabzug, Kleinunternehmer, Unternehmer, die die Umsatzsteuer nach Durchschnittssätzen i. S. d. § 24 UStG ermitteln, und bestimmte juristische Personen. Für die eben genannten Personen ist entscheidend, dass sie die Erwerbsschwelle (EUR 12.500,00) nicht überschreiten oder auf deren Anwendung verzichten.
Weiterhin enthält die neu gefasste Vorschrift Regelungen zu folgenden Fällen:
- Fernverkauf von aus dem Drittlandsgebiet eingeführten Gegenständen, bei denen das Transportende nicht im Einfuhrmitgliedstaat liegt
- Fernverkauf von aus dem Drittlandsgebiet eingeführten Gegenständen
Diese Fernverkaufsregelung ist dann nicht anzuwenden, wenn die Summe der Umsätze aus innergemeinschaftlichen Fernverkäufen und sog. Telekommunikationsleistungen (sog. Lieferschwelle) in Höhe von EUR 10.000,00 EU-weit im vorangegangenen Jahr nicht überschritten wurde und voraussichtlich im laufenden Jahr nicht überschritten wird.
Von dieser Regelung bleiben die folgenden Umsätze unberührt:
- Lieferung neuer Fahrzeuge
- Montagelieferungen
- Lieferung von Gegenständen, die der Differenzbesteuerung unterliegen
- Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren an die oben genannten Schwellenerwerber
28. Energielieferungen sind keine Nebenleistungen zur steuerfreien Vermietung
Im Urteil vom 06.04.2021 hat das FG Münster (Az. 5 K 3866/18 U) entschieden, dass die Leistungen des Vermieters in zwei eigenständige steuerliche Hauptleistungen aufzuteilen sind. Das heißt also, dass die Energielieferung nicht mehr das umsatzsteuerliche Schicksal der nach § 4 Nr. 12a UStG steuerbefreiten Vermietungsleistung teilt.
Dies bedeutet, dass wir in eine umsatzsteuerfreie und eine -pflichtige Leistung aufteilen müssen. Für den steuerpflichtigen Teil kommt ggf. die Kleinunternehmerregelung in Betracht.
Gegen dieses Urteil wurde Revision beim BFH (Az. V R 15/21) eingelegt, und es empfiehlt sich, ähnlich gelagerte Fälle offenzuhalten und einen entsprechenden Einspruch einzulegen.
29. Erbschaftsteuerfestsetzung gegen unbekannte Erben
Sofern die Erben eines Verstorbenen noch nicht bekannt sind und eine Nachlasspflegschaft angeordnet ist, kann laut BFH vom 17.06.2020 (II R 40/17) Erbschaftsteuer gegen unbekannte Erben festgesetzt werden.
Der Nachlasspfleger ist zur Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung verpflichtet, auch wenn er die Erben nicht ausfindig machen kann. Der BFH hält hierfür einen Zeitraum von einem Jahr für angemessen, es kann im Einzelfall aber auch davon abgewichen werden. Kann der Erbe zunächst nicht ermittelt werden, darf das Finanzamt die Anzahl der Erben, die Erbquoten, die Steuerklasse und die anwendbaren Freibeträge schätzen.
Dem Nachlasspfleger ist der Bescheid bekannt zu geben und er hat auch für die Zahlung zu sorgen (vgl. § 32 ErbStG). Er darf jedoch vor dem Finanzgericht eine vollumfängliche Prüfung der Schätzung fordern. In dem Fall, dass die Erben im Gerichtsverfahren nicht ermittelt werden können, hat das Finanzgericht die Befugnis, die genannten Besteuerungsgrundlagen selbst zu schätzen oder die Schätzung des Finanzamtes ohne Änderungen zu übernehmen. Eine Revision schließt der BFH aus, sofern es nicht um grundsätzlich verfahrensrechtliche Zweifel geht (beispielsweise ob alle Erkenntnisse des Finanzgerichts zu einem plausiblen Ergebnis geführt haben).
30. Keine Erbschaftsteuerbefreiung für ein Familienheim bei unangemessener langer Renovierungsphase
Nach einem Urteil des Finanzgerichts Münster vom 24.10.2019 (3 K 3184/17 Erb) müssen sich Erben einer renovierungsbedürftigen Immobilie mit den erforderlichen Maßnahmen beeilen, sofern sie von der Erbschaftsteuerbefreiung für Familienheime Gebrauch machen möchten.
Denn hierzu sei die bloße Absichtsbekundung, das Haus zu eigenen Wohnzwecken zu nutzen, nicht ausreichend. Es käme auf die tatsächliche Umsetzung, also den Einzug an. Renovierungsarbeiten seien lediglich Vorbereitungshandlungen, die nicht länger als sechs Monate dauern sollten. Eine Überschreitung dieses Zeitraums sei nur dann zulässig, wenn der Erbe nicht für die Verzögerung verantwortlich gemacht werden kann.
Im geurteilten Fall musste das Haus erst trockengelegt werden, bevor mit den Renovierungsarbeiten begonnen werden konnte. Dem Erben wurde zur Last gelegt, keine schnellere Möglichkeit gefunden zu haben, dies zu erledigen. Außerdem hat er in Kenntnis der angespannten Auftragslage der bestellten Unternehmer sich nicht um Alternativen bemüht. Sinngemäß hat der Erbe alle ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu nutzen, eine Verzögerung zu vermeiden.
Das Verfahren ist noch immer in Revision beim BFH (II R 46/19).
In einem anderen Verfahren (II R 37/16 vom 28.05.2019) hatte der BFH bereits darauf hingewiesen, dass die Verzögerung einer notwendigen Renovierung über die sechs Monate hinaus zwar nicht zwingend der Steuerfreiheit entgegenstehen muss. Doch je länger der zeitliche Abstand bis zum tatsächlichen Einzug wird, desto höher sind die Anforderungen an die Gründe der Verzögerung.
31. Feststellung des Bedarfswerts von Grundbesitz im Vergleichswertverfahren der Erbschaftsteuer
Die Finanzämter verwenden landesspezifische Berechnungsmodule („EFH-Rechner“ bzw. „WE-Rechner“) zur Ermittlung des Bedarfswerts von Einfamilienhäusern und Wohnungseigentum, welche auf Datengrundlagen des Oberen Gutachterausschusses der Vermessungs- und Katasterverwaltung (VermKV) basieren und an die Vorgaben des Bewertungsgesetzes angepasst sind.
Die von der VermKV selbst bereitgestellten Rechenmodule nach der Immobilienwertverordnung weichen allerdings von den Rechenmodulen der Finanzverwaltung ab. Dies liegt daran, dass die gutachterliche Verkehrswertermittlung nicht an die Einschränkungen des § 183 Abs. 3 BewG gebunden ist und keine bewertungsrechtlich zulässigen Pauschalisierungen oder Typisierungen berücksichtigt.
Die von den Finanzämtern eingesetzten Rechenmodule inklusive Arbeitsanleitung werden auf der Homepage des Landesamtes für Steuern (www.lfst-rlp.de) bereitgestellt. Die Datenbasis (z. B. Vergleichsfaktoren) ist allerdings nicht enthalten und muss vorab beim Landesamt für Vermessung und Geobasisinformationen kostenpflichtig erworben werden (www.gutachterausschuesse.rlp.de/de/wertermittlung/grundstuecksmarktberichte/ bzw. www.vermkv.service24.rlp.de/shop/index_gmb.html).
Nunmehr kann für den Mandanten auf Basis der Rechenmodule der Finanzverwaltung überprüft werden, ob das Vergleichswertverfahren oder ein Gutachten günstiger wäre.
32. Wirtschaftliche Einheiten beim Erbbaugrundstück
Ist ein Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet, sind die Werte für die wirtschaftliche Einheit Erbbaurecht (§ 193 BewG) und für die wirtschaftliche Einheit des belasteten Grundstücks (§ 194 BewG) gemäß § 192 S. 1 BewG gesondert zu ermitteln. Das Erbbaurecht und das erbbaurechtsbelastete Grundstück bilden danach stets selbstständige wirtschaftliche Einheiten.
Jedoch kann eine Bewertung des Erbbaugrundstücks nicht ohne Berücksichtigung des Erbbaurechts erfolgen, da sie wie folgt zu ermitteln ist:
Entweder im Vergleichswertverfahren nach § 183 BewG, sofern ein Vergleichspreis oder aus Kaufpreisen abgeleitete Vergleichsfaktoren vorliegen. Oder es ist der Bodenwertanteil zuzüglich eines Gebäudewertanteils maßgeblich, wenn der Wert des Gebäudes vom Eigentümer des Erbbaugrundstücks nicht oder nur teilweise zu entschädigen ist. Der Bodenwertanteil ist dabei die Summe des über die Restlaufzeit des Erbbaurechts abgezinsten Bodenwerts nach § 179 BewG und der über diesen Zeitraum kapitalisierten Erbbauzinsen (§ 194 Abs. 3 S. 1 BewG). Kurzum: Es wird sowohl der Erbbauzins als auch die Restlaufzeit des Erbbaurechts benötigt, um das betreffende Grundstück bewerten zu können.
Dabei ist es unerlässlich, sofern auf einem Grundstück mehrere Wohnungs- oder Teilerbbaurechte vorhanden sind, diese in die einzelnen wirtschaftlichen Einheiten der Erbbaurechte zu teilen. Insbesondere, da ggf. unterschiedliche Restlaufzeiten sonst nicht anders berücksichtigt werden können.
Verfahrensrechtlich hat die Finanzbehörde so viele Feststellungsbescheide zu erlassen, wie wirtschaftliche Einheiten „mit Wohnungs- oder Teilerbbaurecht belasteter Anteil an einem Erbbaugrundstück“ vorhanden sind. Dies gilt ebenso für erworbene Miteigentumsanteile an einem Erbbaugrundstück. Es ist dabei unerheblich, ob Anteile einzeln veräußerbar sind oder das Grundstück nur als Ganzes veräußert werden kann.
Klarstellung des BFH im Urteil vom 26.08.2020 (II R 43/18).
C. INFORMATIONEN RUND UM KAPITALGESELLSCHAFTEN
1. Größenklassen
Die Größenklasse einer Gesellschaft (Kleinstkapitalgesellschaft sowie kleine, mittelgroße und große Kapitalgesellschaft) hängt weiterhin von drei Schwellenwerten ab:
- Bilanzsumme
- Umsatzerlöse
- Durchschnittliche Zahl der Arbeitnehmer
Beträge |
Klein |
Mittel |
Groß
|
Bilanzsummen in Mio. EUR |
> 0,35 – 6 |
> 6 – 20 |
> 20 |
Umsatz in Mio. EUR |
> 0,7 – 12 |
> 12 – 40 |
> 40 |
Mitarbeiter |
> 10 – 50 |
> 50 – 250 |
> 250 |
- In Grenzbereichen: Einflussnahme auf die Bilanzsumme zum 31.12.2020
Reduzierung Verminderung der Leasing Forderungs- Ausgliederung
der Vorräte Liquidität durch verkäufe auf Tochter-
Schuldenrückführung, unternehmen
Ausschüttung oder
Entnahme
Einzureichende Unterlagen zur Offenlegung, Erklärungen und Angaben
Die Übersicht zeigt den Umfang der einzureichenden Unterlagen, Erklärungen und Angaben unter Berücksichtigung der rechtsformspezifischen Besonderheiten sowie den größenabhängigen Erleichterungen für kleine Gesellschaften.
|
Kleine Gesellschaften |
Mittelgroße Gesellschaften |
Große Gesellschaften |
Jahresabschluss
|
x ¨ (1)
x(2) (3) |
x x
x |
x x
x |
Lagebericht |
¨(4) |
x |
x |
Vorschlag über die Verwendung des Ergebnisses |
¨ |
x(5) (6) |
x(5) (6) |
Beschluss über die Verwendung des Ergebnisses |
¨ |
x(5) (6) |
x(5) (6) |
Bestätigungsvermerk (nur bei prüfungspflichtigen Gesellschaften) |
¨ |
x |
x |
Bericht des Aufsichtsrats (nur bei AG) |
¨ |
x |
x |
Datum der Feststellung (Billigung) des Jahresabschlusses (Konzernabschlusses) |
x |
x |
x |
Verpflichtungen nach Gesellschaftsvertrag oder Satzung (§ 325 Abs. 5 HGB) |
x |
x |
x |
Spezialvorschriften nach anderen Gesetzen |
x |
x |
x |
(1) Kleine Gesellschaften müssen keine Gewinn- und Verlustrechnung einreichen.
(2) Bei kleinen Gesellschaften können im Anhang die Angaben zur Gewinn- und Verlustrechnung entfallen.
(3) Kleine Kapitalgesellschaften, die die Größenmerkmale des § 267a HGB nicht überschreiten (Kleinstkapitalgesellschaften), brauchen den Jahresabschluss nicht um einen Anhang zu erweitern. Stattdessen sind bestimmte Angaben „unter der Bilanz“ zu machen.
(4) Keine Verpflichtung zur Aufstellung eines Lageberichts; daher keine Verpflichtung zur Einreichung
(5) Mit Änderung BilRUG ab 2016 Pflicht bei Jahresabschlüssen ab 2016
(6) Mit Änderung BilRUG ab 2016 Pflicht bei Jahresabschlüssen ab 2016
2. Offenlegung des Jahresabschlusses
Durch die Einordnung in eine kleinere Kapitalgesellschaftsgröße können sich Erleichterungen bei der Offenlegung des Jahresabschlusses im elektronischen Bundesanzeiger ergeben (siehe unter 1.). Eine Neuregelung gibt es nach dem MicroBilG für Kleinstunternehmen (siehe nachfolgend unter 3.). Die Jahresabschlüsse zum 31.12.2020 sind bis zum 31.12.2021 im elektronischen Bundesanzeiger offenzulegen. Offen ist, ob es im Zusammenhang mit der Coronakrise zu einer Fristverlängerung kommt.
Jahresabschluss, Lagebericht und Bestätigungsvermerk sind nach § 325 HGB gemeinsam innerhalb der entsprechenden Fristen offenzulegen. Es ist nicht mehr zulässig, zunächst einen ungeprüften Jahresabschluss einzureichen, um Offenlegungsfristen einzuhalten. Zudem sind die festgestellten Abschlüsse offenzulegen. Falls der Jahresabschluss oder der Lagebericht geändert wird, ist die Änderung gesondert offenzulegen. Der Jahresabschluss ist zwingend beim elektronischen Bundesanzeiger im Internet zu veröffentlichen oder bei Kleinstkapitalgesellschaften zu hinterlegen. Bei Verstößen gegen diese Verpflichtung wird das Bundesministerium der Justiz automatisch tätig. Abschlüsse für 2020 sind also spätestens bis zum 31.12.2021 einzureichen, wenn das Wirtschaftsjahr gleich dem Kalenderjahr ist.
Zu beachten ist, dass bei den Jahresabschlüssen auch das Feststellungsdatum mit zu veröffentlichen ist. Das Feststellungsdatum ist das Datum, an dem die Gesellschafterversammlung den Jahresabschluss genehmigt, dem Geschäftsführer Entlastung erteilt und den Beschluss über die Gewinn-/Verlustverwendung trifft (Protokoll der Gesellschafterversammlung).
Nach den §§ 331 ff. HGB sind Verstöße gegen Vorschriften zur Rechnungslegung, Prüfung und Offenlegung von Jahresabschlüssen sanktionsbewehrt. Das Bundesamt für Justiz kann Ordnungsgelder festsetzen, um die Offenlegungspflichten der §§ 325, 325a HGB zu erzwingen. Die Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH prüft die fristgerechte und vollständige Einreichung der Unterlagen und unterrichtet bei fehlerhafter Offenlegung von Amts wegen das Bundesamt für Justiz.
Eine falsche Offenlegung, z. B. der Jahresabschluss wird vollständig formal eingereicht, ist materiell aber lückenhaft (z. B. Anhang ohne Angaben zu Restlaufzeiten), stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und führt bei vorsätzlichem Verhalten zu einer Geldbuße bis zu EUR 50.000,00. Werden die Verhältnisse der Kapitalgesellschaft im Jahresabschluss oder Lagebericht unrichtig wiedergegeben oder verschleiert, so kann eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe festgesetzt werden.
Mindestordnungsgeld
Wer seine Jahresabschlussunterlagen nicht oder nicht fristgerecht offengelegt hat, muss grundsätzlich mit einem Ordnungsgeld von mindestens EUR 2.500,00 rechnen. Maßgeblich ist das Datum der Einreichung – es besteht keine Möglichkeit der Fristverlängerung. Die Offenlegung muss binnen 12 Monaten nach dem Abschlussstichtag erfolgen. Der Höchstbetrag beträgt weiter EUR 25.000,00 (evtl. auch mehrfach, d. h., man kann sich hier nicht „freikaufen“). Das Verfahren setzt sich so lange fort, bis alle Unterlagen offengelegt sind oder die Unterlassung gerechtfertigt wird. Damit gibt es keine Höchstgrenze für die Ordnungsgelder insgesamt.
Die Mindestordnungsgelder wurden bei Kleinstkapitalgesellschaften nach MicroBilG auf EUR 500,00 und bei kleinen Kapitalgesellschaften auf EUR 1.000,00 herabgesetzt, wenn die Sechswochenfrist zwar nicht eingehalten wird (also verspätet), jedoch die Offenlegung vor Tätigwerden des Bundesamtes für Justiz nachgeholt wird. Ist das Ordnungsgeld bereits festgesetzt, dann kann keine Herabsetzung mehr erfolgen.
Zulassung einer Rechtsbeschwerde
Gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes durch das Bundesamt für Justiz kann Beschwerde beim Landgericht Bonn eingelegt werden.
3. Hinterlegung für Kleinstunternehmen
Kleinstunternehmen sind solche, die an den letzten zwei Bilanzstichtagen zwei der drei nachstehenden Merkmale nicht überschreiten. Sie können Offenlegungserleichterungen in Anspruch nehmen (Befreiung von bestimmten Bilanzierungspflichten sowie Verzicht auf Anhang). Es kann eine Hinterlegung beim elektronischen Bundesanzeiger erfolgen, sodass die Daten nur bei Nachfrage an Dritte zur Information herausgegeben werden. Mit einem Hinterlegungsauftrag geht das Erfordernis einher, gegenüber dem Betreiber des Bundesanzeigers zu erklären, dass mindestens zwei der drei in § 267a Abs. 1 HGB genannten Größenmerkmale an zwei aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen nicht überschritten werden. Die Erklärung ist formlos abzufassen.
- Bilanzsumme: TEUR 350
- Jahresumsatz: TEUR 700
- Im Jahresdurchschnitt 10 Arbeitnehmer
Die Bilanz für Kleinstkapitalgesellschaften
Das MicroBilG sieht für Kleinstkapitalgesellschaften die Aufstellung einer gegenüber der Bilanz von kleinen Kapitalgesellschaften nochmals verkürzten Bilanz vor. Danach sind hier mindestens die mit Buchstaben laut HGB bezeichneten Posten anzugeben.
Die Angaben unter der Bilanz
Kleinstkapitalgesellschaften können auf den Anhang verzichten, wenn folgende Angaben unter der Bilanz ausgewiesen werden:
- Die in § 251 und § 268 Abs. 7 HGB genannten Angaben (Haftungsverhältnisse)
- Die in § 285 Nr. 9c) HGB genannten Angaben (an die Organe gewährte Vorschüsse/ Kredite sowie die zugunsten dieser Personen eingegangenen Haftungsverhältnisse)
- Im Falle einer AG/KGaA die in § 160 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AktG genannten Angaben (Bestand eigener Aktien)
Hier können neben den drei in § 264 Abs. 1 S. 5 HGB genannten Angaben noch weitere Pflichten aus anderen Vorschriften hinzukommen:
- Haftungsverhältnisse (Verbindlichkeiten aus der Begebung von Wechseln, aus Bürgschaften, Wechsel- und Scheckbürgschaften und aus Gewährleistungsverträgen sowie Haftungsverhältnisse aus der Bestellung von Sicherheiten für fremde Verbindlichkeiten)
- Vorschüsse/Kredite an Geschäftsführer/Aufsichtsrat sowie zugunsten dieser Personen eingegangene Haftungsverhältnisse
- Bestand eigener Aktien (bei AG/KGaA – ab BilRUG KGaA nicht mehr)
- Ausleihungen/Forderungen/Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern
- Angaben zu Pensionsverpflichtungen bei Altzusagen und mittelbaren Zusagen
- Inanspruchnahme der 15-jährigen Übergangsregelung bei Pensionsverpflichtungen
- Angaben zur Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage, in denen durch die kumulierte Darstellung der Bilanz und GuV kein ausreichender Einblick in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermittelt wird (z. B. wenn hohe Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern Eigenkapitalersatz darstellen)
- Befreiung von der Pflicht zur (Teil-)Konzernrechnungslegung
- Schlusserklärung zum Abhängigkeitsbericht
4. Corona – Folgen für die Rechnungslegung
Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) hat drei fachliche Hinweise veröffentlicht, die sich damit befassen, welche Folgen das Virus auf die Rechnungslegung (HGB/IFRS) hat.
- Teil 1 dreht sich um die Auswirkungen der Coronapandemie auf ausgewählte Aspekte der HGB- und IFRS-Rechnungslegung für Abschlüsse und Lageberichte zum 31.12.2019 und deren Prüfung. (Stand 04.03.2020)
- Teil 2 baut auf diesem Hinweis auf bzw. ergänzt ihn, u. a. um die Auswirkungen auf Abschlüsse und Lageberichte für Berichtsperioden, die nach dem 31.12.2019 enden, und um ausführlichere Hilfestellungen zum Prüfungsprozess. Soweit die Ausführungen im Hinweis vom 04.03.2020 auch Relevanz für Berichtsperioden haben, die nach dem 31.12.2019 enden, wird – um Wiederholungen zu vermeiden – auf diese verwiesen. (Stand 25.03.2020)
- Teil 3 ergänzt die vorangegangenen Teile um weitere Hinweise u. a. zu ausgewählten Zweifelsfragen zu den Auswirkungen auf die Rechnungslegung nach HGB und IFRS sowie zu den Auswirkungen auf die Prüfung. (Stand 06.04.2021)
Eine Auswirkung kann sich insbesondere auch auf die Anhangs- und Lageberichterstattung ergeben.
Im Anhang ist zu berichten:
- Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden sowie deren Änderungen (Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage, bestandsgefährdende Risiken, öffentliche Hilfsmaßnahmen, Going-Concern-Prämisse)
- Restlaufzeiten von Verbindlichkeiten (Änderungen?)
- Außerbilanzielle Geschäfte und sonstige finanzielle Verpflichtungen, geänderte Finanzlage und daher geänderte Bedeutung, Auswirkungen auf die Liquiditätslage
- Gründe für die Unterlassung einer außerplanmäßigen Abschreibung wegen einer voraussichtlich nicht dauernden Wertminderung von Finanzanlagen
- Risikoänderung wegen Inanspruchnahme aus Haftungsverhältnissen (Rückstellungs-ansatz?)
- Aufwendungen von außerordentlicher Größenordnung oder Bedeutung (Sanierungsmaßnahmen)
- Nachtragsbericht
Im Lagebericht ist zu berichten:
- Ferner ist im Lagebericht die voraussichtliche Entwicklung mit ihren wesentlichen Chancen und Risiken zu beurteilen und zu erläutern, zugrunde liegende Annahmen sind anzugeben.
- Prognosezeitraum mindestens ein Jahr, gerechnet vom letzten Abschlussstichtag
- Bei außergewöhnlich hoher Unsicherheit reichen komparative Prognosen aus („Der Umsatz sinkt“).
5. Aussetzung der Insolvenzantragspflicht zum 30.04.2021 ausgelaufen
Die Pflicht zum Insolvenzantrag bei überschuldeten Unternehmen blieb bis zum 30.04.2021 ausgesetzt. Diese Verlängerung galt allerdings nur für Unternehmen, die infolge der Coronavirus-Pandemie überschuldet sind, ohne zahlungsunfähig zu sein. Denn anders als bei zahlungsunfähigen Unternehmen bestand bei überschuldeten Unternehmen die Chance, die Insolvenz dauerhaft abzuwenden.
Als Grundsatz gilt jetzt wieder Insolvenz-Antragspflicht bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung.
6. Die E-Bilanz – der Jahresabschluss 2020 ist elektronisch zu übermitteln
Übertragen werden müssen nach § 5b Abs. 1 EStG Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz, und zwar entweder die Handelsbilanz mit steuerlicher Überleitungsrechnung oder die Steuerbilanz. Betroffen sind davon Gewerbetreibende, Freiberufler, Land- und Forstwirte, Personen- und Kapitalgesellschaften, Vereine, Betriebe gewerblicher Art etc. Die Übertragung ist größenunabhängig. Die maßgebliche Steuertaxonomie ist unter www.esteuer.de veröffentlicht worden. Sie wird permanent angepasst.
Zu veröffentlichen sind
- laufende Abschlüsse bei Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich,
- buchführungspflichtige Landwirte und freiwillig bilanzierende Freiberufler, aufgrund gesetzlicher Verpflichtung sowie freiwillig bilanzierende Gewerbetreibende,
- andere Abschlüsse bei Betriebsveräußerung, Betriebsaufgabe, Änderung der Gewinnermittlungsart, Umwandlung, Zwischenbilanz beim Gesellschafterwechsel, Liquidationsbilanzen,
- Sonder- und Ergänzungsbilanzen,
- Kapitalkontenentwicklungen für jeden Mitunternehmer von Personenhandelsgesellschaften. Diese müssen der von der Finanzverwaltung aufgestellten Taxonomie entsprechen (verkürzt: Anfangskapital, Kapitalanpassungen, Einlagen, Entnahmen, Kapitaländerungen, Jahresüberschuss, Kapitalumgliederungen). Daneben werden Angaben je Gesellschafter gefordert (davon: Festkapitalkonto, variables Kapitalkonto, Verlustvortragskonto),
- inländische Betriebsstätten ausländischer Unternehmen,
- ausländische Betriebsstätten inländischer Unternehmen, sofern getrennt darstellbar,
- steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb einer steuerbegünstigten Körperschaft (z. B. Verein),
- Betrieb gewerblicher Art einer juristischen Person des öffentlichen Rechts.
- Der Anlagespiegel kann als Fußnote oder optional im Berichtsteil „Anhang“ übermittelt werden.
- Unternehmen, die ein detailliertes Anlageverzeichnis übermitteln möchten oder dazu aufgefordert worden sind, können das in einer Fußnote gezielt zu beliebigen Positionen des Anlagevermögens oder als Fußnote zur zusätzlich eingefügten Position „Anlageverzeichnis“ im Anhang übermitteln.
- Zur außerbilanziellen Hinzurechnung des Investitionsabzugsbetrages nach § 7g Abs. 2 EStG sind im Berichtsteil „steuerliche Gewinnermittlung“ neue Positionen aufgenommen worden. Neue Positionen gibt es für Investitionsabzugsbeträge, hinzuzurechnende Beträge und rückgängig zu machende Beträge i. S. des § 7g EStG, die nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln sind.
- Unternehmen, deren Finanzbuchhaltung auf dem Gesamtkostenverfahren aufgebaut ist und die zum Ausweis der handelsrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung über die Kosten-Leistungs-Rechnung eine Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Umsatzkostenverfahren (UKV) ausweisen, können für Zwecke der steuerlichen E-Bilanz alternativ auch das Gesamtkostenverfahren nutzen.
Die Taxonomien 6.4 sind grundsätzlich für die Bilanzen der Wirtschaftsjahre zu verwenden, die nach dem 31.12.2020 beginnen, d. h. für das Wirtschaftsjahr 2021 oder 2021/2022.
Ab der Taxonomie-Version 6.4 ist der Berichtsteil „steuerlicher Betriebsvermögensvergleich“ verpflichtend werthaltig zu übermitteln. Dies war bislang freiwillig. Die entsprechenden Taxonomie-Positionen sind nun als „Mussfelder“ ausgezeichnet.
Auf www.esteuer.de kann ein Vergleichsdokument zwischen der aktuellen Taxonomie und der Vor-Taxonomie aufgerufen werden. Darin sind die Veränderungen u. a. farblich dargestellt. Dieses Dokument dient dazu, die Änderungen zu identifizieren und zu prüfen, welche Anpassungen bei der Erstellung der E-Bilanz erforderlich sind.
Wird die E-Bilanz nicht übertragen, dann kann es zur Androhung und Festsetzung von Zwangsgeldern kommen.
7. Zweifel des BFH an der Umsatzsteuerfreiheit bestimmter Leistungen von Sportvereinen
Aufgrund eines noch immer beim BFH anhängigen Verfahrens wird die Umsatzsteuerfreiheit von Leistungen, die Sportvereine gegen gesondertes Entgelt erbringen, infrage gestellt.
Gemäß Art. 132 Abs. 1 (m) MwStSystRL befreien die Mitgliedstaaten von der Steuer bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben.
Weiterhin heißt es in Art. 133 (a) MwStSystRL, dass die Mitgliedstaaten die Gewährung der Befreiungen nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. b, g, h, i, l, m und n für Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, im Einzelfall von der Erfüllung einer oder mehrerer der folgenden Bedingungen abhängig machen können:
- Die betreffenden Einrichtungen dürfen keine systematische Gewinnerzielung anstreben.
- Etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der erbrachten Leistung verwendet werden.
Art. 134 MwStSystRL regelt den Ausschluss der Steuerbefreiung für den Fall, dass die Umsätze aus Dienstleistungen nicht unerlässlich sind sowie im Wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Umsätze zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Umsätzen von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen bewirkt werden.
Mit seinem Beschluss vom 21.06.2018 (V R 20/17) hat der BFH folgende Fragen zu Art. 132 Abs. 1 (m) MwStSystRL dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt:
- Kommt ihm eine unmittelbare Wirkung zu, sodass sich Einrichtungen ohne Gewinnstreben bei fehlender Umsetzung unmittelbar auf diese Bestimmung berufen können?
- Wenn ja, handelt es sich bei der „Einrichtung ohne Gewinnstreben“ um einen autonom unionsrechtlichen Begriff oder sind die Mitgliedstaaten befugt, das Vorliegen einer derartigen Einrichtung von Bedingungen wie § 52 i. V. m. § 55 AO abhängig zu machen?
- Falls es sich um einen autonom unionsrechtlichen Begriff handelt: Muss eine Einrichtung ohne Gewinnstreben über Regelungen für den Fall ihrer Auflösung verfügen, nach denen sie ihr dann vorhandenes Vermögen auf eine andere Einrichtung ohne Gewinnstreben zur Förderung von Sport und Körperertüchtigung zu übertragen hat?
Der EuGH hat mit seinem Urteil vom 10.12.2020 (C-488/18) genannte Fragen wie folgt beantwortet:
Zu Frage 1: Art. 132 Abs. 1 (m) MwStSysRL hat keine unmittelbare Wirkung, sodass sich eine Einrichtung ohne Gewinnstreben vor den nationalen Gerichten nicht unmittelbar darauf berufen kann. Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich, dass die Mitgliedstaaten „bestimmte … Dienstleistungen“ als dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten von der Steuer befreien müssen, sofern sie zum einen „in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung“ stehen und zum anderen von „Einrichtungen ohne Gewinnstreben“ erbracht werden. Sie enthält weder eine abschließende Liste der von der Steuer zu befreienden Dienstleistungen, noch enthält sie eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Befreiung aller ein solches Merkmal aufweisenden Dienstleistungen. Sie räumt damit den Mitgliedstaaten einen gewissen Ermessensspielraum ein.
Zu Frage 2 und 3: Unabhängig davon, dass der BFH die Frage, ob der Begriff „Einrichtung ohne Gewinnstreben“ eine autonom unionsrechtliche Bedeutung hat, an das Eintreten der unmittelbaren Wirkung von Art. 132 Abs. 1 (m) MwStSysRL geknüpft hat, handelt es sich tatsächlich um einen autonom unionsrechtlichen Begriff. Damit soll verhindert werden, dass jeder Mitgliedstaat solche Begriffe unterschiedlich auslegt.
Ob es sich im Einzelfall um eine Einrichtung ohne Gewinnstreben handelt, ist anhand der mit ihr verfolgten Ziele zu beurteilen. Voraussetzung ist, dass sie während ihres gesamten Bestehens und auch bei ihrer Auflösung für ihre Mitglieder keine Gewinne erwirtschaftet. Das schließt ein, dass sie nach erfolgter Auflösung die durch ihre gesamten Tätigkeiten erzielten Gewinne nicht an ihre Mitglieder verteilen darf.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass die bisherige deutsche Rechtsprechung sich bei der Beurteilung einer möglichen Umsatzsteuerfreiheit einerseits nicht mehr unmittelbar auf das Unionsrecht berufen kann. Andererseits kommt es bezüglich der strengen Definition des Begriffs „Einrichtung ohne Gewinnstreben“ nicht mehr allein auf das deutsche Gemeinnützigkeitsrecht an.
Nun ist es wieder am BFH, anhand dessen eine Entscheidung im ursprünglichen Fall zu treffen. Eine Wiederaufnahme des Verfahrens unter angekündigtem neuem Aktenzeichen (VR 48/20) hat jedoch noch nicht stattgefunden.
Zudem bleibt abzuwarten, wie der Gesetzgeber darauf reagiert.
8. Aufweichung der 75%-Grenze bei Pensionszusagen?
Nach bisheriger Rechtsprechung und Auffassung der Finanzverwaltung liegt eine Überversorgung des bezugsberechtigten Gesellschafter-Geschäftsführers vor, wenn der Pensionsanspruch dieser Person zusammen mit einer eventuellen Anwartschaft auf gesetzliche Rente mehr als 75 % der letzten Gehaltsbezüge für die aktive Tätigkeit beträgt. In diesem Fall erfolgt nur eine anteilige steuerliche Akzeptanz der Zusage.
Das FG Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 02.12.2014 – 6 K 6045/12 allerdings anderslautend entschieden und für die volle Anerkennung allein auf das Merkmal der Fremdüblichkeit und Angemessenheit abgestellt.
Die Revision beim BFH (Az. I R 4/15) hob das oben genannte Urteil am 20.12.2016 auf mit der Begründung, dass das FG Berlin-Brandenburg fehlerhaft von einer einkommens- und gewerbeertragswirksamen Kürzung der Rückstellung für die Pensionsverpflichtung sowie von einem Ansatz von anteiligen Pensionsleistungen schon dem Grunde nach abgesehen hat.
Da diese Angelegenheit für den BFH nicht abschließend geklärt war, wurde der Fall zurückverwiesen an das FG, wo die erforderlichen Feststellungen der zur Berechnung der Überversorgung heranzuziehenden Aktivbezüge des Begünstigten nachgeholt werden sollten.
Das FG Berlin-Brandenburg (10 K 10090/17 vom 22.10.2020) ist in der Nachfolgeentscheidung der Auffassung des BFH nicht gefolgt, da seiner Ansicht nach die Frage, ob die Überversorgungsgrenze nach Beginn der Leistungsphase überhaupt noch relevant ist, gar nicht thematisiert wurde. Das FG beruft sich dabei auf ein Urteil eines ähnlich gelagerten Sachverhalts aus 2010 (BFH - I R 78/08). Demzufolge ist eine Pensionsrückstellung nach Eintritt des Versorgungsfalls mit dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen am Schluss des Wirtschaftsjahres zu bewerten. Eine Überversorgung liege nur dann vor, wenn künftige Pensionssteigerungen oder -minderungen berücksichtigt werden, nicht jedoch, wenn die zugesagte Pension höher als der zuletzt gezahlte Aktivlohn ist. Der BFH würde dementsprechend im aktuellen Urteil seinen eigenen Rechtssatz nicht anwenden. Zudem gäbe er weder seine frühere Rechtsprechung ausdrücklich auf noch begründe er, warum plötzlich andere Maßstäbe gelten sollen.
Das FG bleibt bei seiner Auffassung, dass nach Eintritt des Versorgungsfalls die Überversorgungsgrenze nicht mehr gilt. Jedoch verbleibt es wegen der Bindungswirkung nach § 126 Abs. 5 FGO bei der Entscheidung des BFH, da diese unabhängig davon ist, ob das zurückverweisende Urteil richtig oder falsch ist. Es bleibt also abzuwarten, ob der BFH seine Rechtsprechung diesbezüglich in künftigen Entscheidungen anpasst.
9. Abzug der Beiträge an einen Pensionsfonds als Betriebsausgaben
Aufgrund der anhaltenden, nicht enden wollenden Niedrigzinsphase sowie der allgemein steigenden Lebenserwartung sind Altersvorsorgen mit Direktzusagen für Arbeitgeber ein finanzielles Risiko geworden. Es könnte sich daher lohnen, die Auslagerung von Pensionsverpflichtungen auf einen Pensionsfonds in Betracht zu ziehen.
Allerdings herrscht Uneinigkeit darüber, wie mit den Konsequenzen der Auslagerung bilanziell und steuerlich umgegangen werden soll. Speziell geht es um die Unterscheidung von sogenanntem Past-Service und Future-Service und deren Behandlung in Bezug auf die ggf. notwendige Auflösung der Pensionsrückstellung.
Das BMF vertritt in seinem Schreiben vom 10.07.2015 die Ansicht, dass eine Lohnsteuerfreiheit für den Arbeitnehmer nach § 3 Nr. 66 EStG nur für diejenigen Zahlungen an den Pensionsfonds in Betracht kommt, die für bis zum Zeitpunkt der Übertragung bereits erdiente Versorgungsanwartschaften geleistet werden (Past-Service). Der bereits erdiente Teil zum Übertragungszeitpunkt soll nach den Regelungen in § 2 BetrAVG ermittelt werden. Durch einen Barwertvergleich auf Basis von § 6a EStG kann nachgewiesen werden, dass ein anderer Pensionsfondstarif dem rechnerisch übertragungsfähigen Past-Service gleichwertig ist. Nach § 4e Abs. 3 EStG können die auf unwiderruflichen Antrag insgesamt erforderlichen Leistungen an einen Pensionsfonds zur teilweisen oder vollständigen Übernahme einer Pensionsverpflichtung auf die auf die Übertragung folgenden zehn Wirtschaftsjahre gleichmäßig als Betriebsausgabe verteilt werden.
Kommt es bei gleichzeitiger Auslagerung des Future-Service (zukünftig noch zu erdienende Versorgungsansprüche) zu einer gewinnerhöhenden Auflösung der Pensionsrückstellung, schreibt § 4e Abs. 3 S. 3 EStG vor, dass die Leistungen an den Pensionsfonds in Höhe der aufgelösten Rückstellung im Wirtschaftsjahr der Übertragung als Betriebsausgabe abgezogen werden dürfen; der Rest muss gleichmäßig auf die folgenden zehn Jahre verteilt werden.
So weit, so klar. Strittig sind jedoch die aufzulösende Höhe der Pensionsrückstellung und die damit einhergehende Höhe des sofortigen Betriebsausgabenabzugs. Gemäß BMF ist dieser nämlich nur auf den Teil der Auflösung der Rückstellung möglich, der sich auf den erdienten Teil bezieht. Das Finanzgericht München (6 K 3285/14 vom 04.10.2017) bemerkt jedoch, dass dies nicht dem Förderzweck des § 4e EStG entspräche. Stattdessen erkennt es einen vollen Abzug der aufgelösten Rückstellung an. Außerdem berücksichtigt bereits der bilanzielle Teilwert nach § 6a EStG den Abzug der noch nicht erdienten Ansprüche.
Eine nochmalige Minderung der Bemessungsgrundlage für den sofortigen Betriebsausgabenabzug ist somit nicht richtig. Das Finanzgericht Hessen kam in einem ähnlich gelagerten Fall zu demselben Ergebnis.
Deutlich wird die Tragweite in der Praxis an einem vorgebrachten Beispiel:
Im Jahr 2002 wird eine Pensionsverpflichtung nach § 6a EStG auf einen Pensionsfonds übertragen, der bereits erdiente Teil beträgt 40 % der Versorgungsleistungen. Zum 31.12.2001 beträgt die Pensionsrückstellung insgesamt EUR 100.000,00. Bei einer Einmalbelastung an den Pensionsfonds von EUR 200.000,00 wäre nach dem Modell des BMF ein sofortiger Betriebsausgabenabzug trotzdem nur in Höhe von EUR 40.000,00 möglich. Nach der Lösung der beiden Finanzgerichte wären es dagegen volle EUR 100.000,00. Es ist doch ein entscheidender Unterschied, ob die finanzielle Last im Jahr der Übertragung durch die Auslegung von § 4e Abs. 3 EStG abgefedert wird oder im Gegenteil noch eine zusätzliche steuerliche Belastung durch den auf EUR 60.000,00 erhöhten Gewinn entsteht.
Der BFH kommt in seinem Urteil (XI R 52/17) zu dem Schluss, dass, dem BMF entsprechend, nur der Teil der Rückstellung als Betriebsausgabe abzugsfähig ist, der auf den bereits erdienten Teil der Anwartschaft entfällt. Die genannte Entscheidung des FG München ist somit hinfällig.
Er begründet seine Entscheidung damit, dass § 4e EStG abschließend den Umfang der als Betriebsausgaben abzugsfähigen Beiträge des Arbeitgebers an einen Pensionsfonds regelt, die der Finanzierung von rechtsverbindlich zu erbringenden Versorgungsleistungen dienen. Ein vermeintlicher Förderzweck des § 4e EStG, der vom FG München gesehen wird, könne nicht rechtfertigen, den Auflösungsgrund zu vernachlässigen. Daher könne auch eine Saldierung zwischen Auflösungsbetrag und der Zuführung i. S. d. § 4e Abs. 3 S. 3 EStG, mit dem Ziel, einen Auflösungsgewinn zu neutralisieren, nur erfolgen, soweit die Auflösung nach § 6a EStG auf der Übertragung der Versorgungsanwartschaft auf einen Pensionsfonds beruht. Eine gewinnerhöhende Auflösung nach § 6a EStG aufgrund der Übertragung des noch nicht erdienten Teils stehe jedoch nicht im Zusammenhang mit der Übertragung des erdienten Teils und könne daher auch nicht über § 4e Abs. 3 S. 3 EStG neutralisiert werden.
Für die gleichzeitige Übertragung sowohl der erdienten als auch der noch zu erdienenden Versorgungsansprüche im Rahmen des sog. Kombinationsmodells gilt dasselbe.
Zudem verweist der BFH darauf, dass – entgegen der Aussage des FG München – in dem für § 6a EStG maßgeblichen Teilwert sehr wohl Beträge enthalten sind, die auf den noch nicht erdienten Anteil entfallen, da vielmehr auf die insgesamt erreichbare Verpflichtung abgestellt wird. Bei der Ermittlung des Teilwerts wird unterstellt, dass der Aufwand aus einer solchen Verpflichtung versicherungsmathematisch gleichmäßig verteilt wird. Insofern stimmt die Aussage, dass die Bemessungsgrundlage des sofortigen Betriebsausgabenabzugs doppelt gemindert wird, gemäß dem Wortlaut des BFH nicht.
10. Option zur Körperschaftsteuer für Personengesellschaften
Mit der Einführung einer Optionsmöglichkeit zur Körperschaftsteuer soll die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Familienunternehmen verbessert werden. Im Kern geht es darum, dass Personengesellschaften künftig auf Wunsch wie Kapitalgesellschaften behandelt werden können, ohne dafür ihre Rechtsform ändern zu müssen. Auch auf die zivilrechtliche Haftung der Gesellschafter und die Haftung nach §§ 71, 74 AO hat die Optionsmöglichkeit keinen Einfluss. Dies ist insbesondere auch in Bezug auf den konkreten Vorgang des Wechsels der Besteuerung wichtig.
Der am 25.06.2021 durch den Bundesrat verabschiedete neue § 1a KStG soll erstmals für den VZ 2022 von Unternehmen in den Rechtsformen OHG, KG, PartG sowie GmbH & Co. KG elektronisch beim zuständigen Finanzamt beantragt werden können. Der Antrag ist spätestens einen Monat vor Beginn des Wirtschaftsjahres zu stellen, ab dem optiert werden soll, und ist unwiderruflich. Da die Optierung die Besteuerung der Gesellschafter ändert, ist hierfür ein mehrheitlicher Gesellschaftsbeschluss erforderlich.
Aufgrund einer solchen Option gelten für das betreffende Unternehmen alle Regelungen im KStG, EStG, GewSt, UmwStG, InvStG und AStG, soweit diese für Körperschaften gelten. Jedoch werden solche Regelungen ausgeschlossen, die ausdrücklich nur für vollwertige Körperschaften gelten oder sinngemäß nur für solche gelten können, zum Beispiel weil sie das Nennkapital betreffen. Somit werden aus steuerlicher Sicht die bisherigen Mitunternehmer weitgehend so behandelt wie die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft mit weiteren steuerlichen Folgen.
Sondervergütungen der Personengesellschafter, wie beispielsweise ein Gewinnvorab, mutieren dadurch zu lohnsteuerpflichtigen Leistungen, Entnahmen gelten fortan als offene bzw. verdeckte Gewinnausschüttungen, welche dem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen.
Vorsicht ist geboten bei der Überlassung von Wirtschaftsgütern, weil künftig eventuell die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung vorliegen könnten.
Steuerrechtlich ist die Optierung einem Formwechsel i. S. d. § 1 Abs. 3 Nr. 3 UmwStG gleichzusetzen. Daher liegt grundsätzlich ein Veräußerungsvorgang sämtlicher funktional wesentlicher Betriebsgrundlagen zu Buchwerten vor und ist damit grundsätzlich ertragsteuerneutral.
Besondere Vorsicht ist in den Fällen geboten, in denen Sonderbetriebsvermögen vorliegt, hier sind unter Umständen vorbereitende Maßnahmen erforderlich, um die ungewollte Aufdeckung stiller Reserven zu vermeiden und so zu gewährleisten, dass eine steuerneutrale Optierung erreicht werden kann.
Weiterhin ist zu beachten, dass das im Einbringungszeitpunkt ausgewiesene Eigenkapital in Ermangelung von Nennkapital i. S. d. § 27 Abs. 1 S. 1 KStG auf dem steuerlichen Einlagekonto der optierenden Gesellschaft ausgewiesen wird. Das variable Gesellschafterkonto wird jedoch nicht zu Eigenkapital umgewandelt.
Mit § 1a Abs. 4 KStG wurde eine Rückoption zur Versteuerung als echte Personengesellschaft geschaffen. Auch diese ist vor Beginn des betreffenden Wirtschaftsjahres zu beantragen. Wiederum gelten die Regelungen zum Formwechsel nach dem UmwStG. Die Vorschrift enthält zudem eine automatische Rückoption für den Fall, dass die Voraussetzungen für die Option entfallen (z. B. bei zivilrechtlicher Beendigung der Gesellschaft oder Umwandlung zu einer GbR).
Die persönlichen Voraussetzungen der Zulässigkeit der Option müssen jährlich nachgewiesen werden, sonst unterstellt die Finanzverwaltung, dass diese unzulässig war, was die gleichen Wirkungen entfaltet wie eine Rückoption. Alle Fälle der freiwilligen oder unfreiwilligen Rückoption können unter Umständen (insbesondere innerhalb der ersten sieben Jahre aufgrund von Sperrfristregelungen) fatale steuerliche Folgen auslösen, da es zu einer Besteuerung der stillen Reserven im Zeitpunkt der erstmaligen Optionsausübung kommen könnte.
Zu den Neuregelungen bestehen erwartungsgemäß noch viele Zweifelsfragen und offene Punkte. Erfreulicherweise hat die Finanzverwaltung bereits einen Entwurf eines BMF-Schreibens vorgelegt. Auch dieses behandelt noch nicht alle Fragestellungen, gibt aber gleichwohl schon Anhaltspunkte. Der Deutsche Steuerberaterverband e. V. hat mit seiner Stellungnahme S 08/21 vom 29.10.2021 die wichtigsten Problembereiche dieses Entwurfs aufgegriffen und beschrieben.
In jedem Fall sollte man nicht nur anhand der augenscheinlichen Vorteile entscheiden, die das Optionsmodell zur Körperschaftsteuer bietet, zum Beispiel was die Besteuerung stehen gelassener Gewinne betrifft. Vielmehr kommt es auf die Gesamtbetrachtung des Einzelfalls an, da es ansonsten möglicherweise zu unschönen Begleiterscheinungen kommen kann, wie oben schon angesprochen wurde. Wie zumeist im Steuerrecht sind gerade hierbei viele entscheidende Details zu beachten, die den Rahmen dieser Darstellung sprengen würden.
Daher ist eine sorgfältige Planung und Abwägung aller Begleitumstände in Zusammenarbeit mit dem Steuerberater unabdingbar. Außerdem gilt es, Gesellschafterverträge auf negative Wechselwirkungen zu überprüfen und zu guter Letzt sämtliche Folgen für Gesellschaft und Gesellschafter buchhalterisch und steuerlich korrekt abzubilden.
11. Untergang von körperschaftsteuerlichen Verlustvorträgen bei Anteilsübertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge
Durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 29.03.2017 – 2 BvL 6/11 wurden Teile des § 8c KStG für mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (allgemeiner Gleichheitssatz) unvereinbar erklärt. Zu bemängeln war, dass bei Anteilsübertragungen an Kapitalgesellschaften von über 25 % ein Untergang der Altverluste eintritt, obwohl sich nichts an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Kapitalgesellschaft geändert hat. Dadurch fehle ein sachlicher Grund für die durch die Verlustabzugsbeschränkung eintretende Ungleichbehandlung.
Ausgeschlossen von der Verfassungswidrigkeit sind folgende Fälle:
- Anteilsübertragungen bis zu 25 %
- Anteilsübertragungen von mehr als 50 %, da es hier zum Wechsel des Mehrheitsgesellschafters kommt und eine Änderung der wirtschaftlichen Identität deshalb nicht ausgeschlossen ist
Inzwischen hat der Gesetzgeber den umstrittenen Satz 1 in § 8c Abs. 1 KStG gestrichen. Somit beinhaltet die Regelung nur noch den vollständigen Verlustuntergang bei Übertragung von mehr als 50 % der Anteile an einer Körperschaft innerhalb von fünf Jahren. Anzuwenden ist sie erstmals für Anteilsübertragungen nach dem 31.12.2007.
Damit ist der Streit jedoch noch nicht beendet, denn das Finanzgericht Hamburg legte mit Beschluss vom 29.08.2017 (2 K 245/17) dem BVerfG die Frage vor, ob auch der alte § 8c Abs. 1 S. 2 KStG – jetzt S. 1 – und damit der vollständige Verlustuntergang bei einer Anteilsübertragung von mehr als 50 % der Anteile innerhalb von fünf Jahren verfassungswidrig sei. Dieses Verfahren ist derzeit noch beim BVerfG unter dem Az. 2 BvL 19/17 anhängig.
Die Einführung des § 8d KStG zum VZ 2016 gab die Möglichkeit, bei Fortführung des verlustverursachenden Geschäftsbetriebs unter bestimmten Voraussetzungen und auf Antrag den Verlustvortrag trotz eines grundsätzlich schädlichen Anteilseignerwechsels weiter zu nutzen. Bereits im vorigen Rundschreiben wurden die wichtigsten Punkte eines Entwurfs des BMF hierzu genannt. Am 18.03.2021 wurde schließlich die endgültige Fassung veröffentlicht. Darin wurde auch eine erfreuliche Regelung zur Coronapandemie aufgenommen. Im Folgenden nochmals die wichtigsten Punkte zusammengefasst:
- Der Antrag ist in der Steuererklärung des Veranlagungszeitraums zu stellen, in den der schädliche Beteiligungserwerb fällt, spätestens jedoch bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung oder der Feststellung über den Verlustvortrag.
- Vorübergehende Betriebsschließungen aufgrund behördlicher Anordnung bzw. als Maßnahme des Gesundheitsschutzes sowie temporäre Unterbrechungen aufgrund einer schweren Erkrankung des Betriebsinhabers stellen keine schädliche Ruhendstellung des Geschäftsbetriebs dar. Dies gilt auch für eine in solchen Fällen notwendig gewordene temporäre Produktionsanpassung oder zusätzliche Vertriebswege.
- Die in § 8d Abs. 1 S. 4 KStG genannten qualitativen Merkmale, die ein Geschäftsbetrieb für die Anwendung des § 8d KStG erfüllen muss, sind nicht abschließend. Es müssen auch nicht alle Merkmale zugleich vorliegen oder gleich stark ausgeprägt sein. Es geht um das Gesamtbild der Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall und diesbezüglich um den wesentlichen Kern. Es können auch mehrere selbstständige Betätigungen als einheitlicher Geschäftsbetrieb zu qualifizieren sein, sofern ein gegenseitiger Förder- und Sachzusammenhang besteht.
- Schädliche Ereignisse können zum Beispiel sein:
- Betriebsaufgabe
- Ruhendstellung des Geschäftsbetriebs (auch Verpachtung)
- Zuführung zu einer andersartigen Zweckbestimmung (unschädlich ist jedoch eine Anpassung des Geschäftsmodells infolge eines Strukturwandels, sofern ein Sach- und Förderzusammenhang zur bisherigen Betätigung verbleibt)
- Betriebsübertragung im Rahmen eines Umwandlungsvorgangs, sofern der übertragene Betrieb für den Rechtsnachfolger als selbstständig qualifiziert ist oder der Übertrag zum Buch- oder Zwischenwert erfolgt
- Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft
- Dem Steuerpflichtigen wird ein Wahlrecht zwischen der Anwendung der Stille-Reserven-Klausel nach § 8c Abs. 1 S. 5 ff. KStG und dem Antrag nach § 8d KStG eingeräumt. Beides kann nicht angewendet werden.
- § 8d KStG ist erstmals auf schädliche Beteiligungserwerbe i. S. d. § 8c KStG anzuwenden, die nach dem 31.12.2015 erfolgen.
12. Digitaler Finanzbericht
Im Zuge der Digitalisierung von Geschäftsprozessen werden Finanzinformationen wie Jahresabschlüsse und Einnahmenüberschussrechnungen heute fast ausnahmslos per EDV aufbereitet. Auch die Übermittlung an die Finanzverwaltung (E-Bilanz) und den elektronischen Bundesanzeiger (EHUG) erfolgt bereits digital. Bei den Banken und Sparkassen werden bisher jedoch noch Jahresabschlüsse in Papier oder als PDF eingereicht.
Banken und Sparkassen haben, begleitet von den berufsständischen Organisationen der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, Anbietern von Buchhaltungssoftware und weiteren Beteiligten, den einheitlichen Standard „Digitaler Finanzbericht“ entwickelt. Damit steht ein effizientes, medienbruchfreies und sicheres Verfahren zur Verfügung.
Die Vorteile sind:
- Der digitale Finanzbericht ist rechtlich dem bisherigen Papierabschluss gleichgestellt.
- Sichere Übermittlung
- Schnellere Bearbeitungszeit bei Kreditinstituten
- Keine Veränderung der Haftungssituation gegenüber der „klassischen“ Vorgehensweise
- Datentiefe und Umfang wie bisher
- Ein standardisierter Ablauf reduziert zeit-, kosten- und arbeitsintensive Rückfragen.
Zur Teilnahme am Verfahren ist lediglich die Abgabe der Teilnahme- und Verbindlichkeitserklärung (TVE) an die Hausbank notwendig. Das entsprechende Formular erhalten Sie bei Ihrer Bank oder Sparkasse. Informieren Sie dann Ihren Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer mit einer Kopie der TVE, damit dieser die elektronische Übermittlung übernehmen kann und eine entsprechende Vereinbarung mit Ihnen geschlossen werden kann. Sie erklären mit der TVE die Verbindlichkeit der übermittelten Jahresabschlüsse. In der TVE ist der Steuerberater/Wirtschaftsprüfer als Übermittler einzutragen, um ihn gegenüber der Bank oder Sparkasse zu autorisieren.
13. Einführung eines vorinsolvenzlichen Restrukturierungsverfahrens
Der Gesetzgeber hat ein vorinsolvenzliches Restrukturierungsverfahren eingeführt, um insolvenzabwendende Sanierungen zu erleichtern. Damit sollen sich Unternehmen auf der Grundlage eines von Gläubigern mehrheitlich angenommenen Restrukturierungsplans sanieren können. Das Unternehmen soll die Verhandlungen zu diesem Restrukturierungsplan selbst führen und den Plan selbst zur Abstimmung stellen können.
Möglich ist das Verfahren im Stadium der drohenden und noch nicht eingetretenen Zahlungsunfähigkeit. Ziel ist die Restrukturierung von Teilen der Passivseite mittels Restrukturierungsplan. Nicht einbeziehbar sind: Forderungen aus Arbeitsverhältnissen inkl. Pensionsverpflichtungen, nachrangige Forderungen / deliktische Forderungen sowie nicht unternehmerische Forderungen (kann Problem bei e. K. sein). Zusätzliche Voraussetzung ist die Zustimmung von 70 % der planbetroffenen Gläubiger (Summenmehrheit).
14. Einführung Meldepflichten zum Transparenzregister im Jahr 2022
Am 01.08.2021 ist das sogenannte Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in Kraft getreten. Das Gesetz regelt die Umwandlung des Transparenzregisters von einem Auffangregister, das zumeist auf andere Register wie das Handels-, Genossenschafts-, Vereins- oder Partnerschaftsregister verwies, in ein Vollregister, in das die wirtschaftlich Berechtigten eingetragen werden. Für die Masse der Gesellschaften besteht im Transparenzregister selbst noch kein strukturierter Datensatz in einem einheitlichen Datenformat. Um das Register auch international zu nutzen und um aufzudecken, welche natürlichen Personen hinter international verschachtelten Unternehmensstrukturen stehen, sollen die europäischen Transparenzregister vernetzt werden.
Die Meldepflicht entfiel bisher, wenn die notwendigen Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten aus anderen elektronisch abrufbaren Registern ersichtlich sind. Die Übermittlung der Angaben ist jetzt nach vorheriger Registrierung elektronisch über die Internetseite des Transparenzregisters unter Verwendung des dort verfügbaren Formulars vorzunehmen.
Die zwingende Eintragungspflicht besteht für:
- Juristische Personen des Privatrechts
- Eingetragene Personengesellschaften (nicht GbR) und
- nicht rechtsfähige Stiftungen und vergleichbare Rechtsgestaltungen
Einzutragen sind bis zum:
- 31.03.2022: AG, SE, KGaA
- 30.06.2022: GmbH, Genossenschaft, SCE, PartG
- 31.12.2022: alle Übrigen (z. B. OHG, KG)
Anmerkung: Bußgeldvorschriften bei Verletzung der Meldepflicht bleiben zunächst für 1 Jahr ausgesetzt (z. B. GmbH bis 30.06.2023). Der Bußgeldrahmen geht bis EUR 100.000,00.
Für alle in diesem Mandantenrundschreiben nicht erwähnten steuerlichen Informationen verweisen wir auf unsere Homepage: www.stb-schermer.de
Selbstverständlich stehen wir Ihnen auch gerne für Rückfragen bezüglich der oben angesprochenen Gesetzesänderungen persönlich oder telefonisch zur Verfügung.
Gleichzeitig möchten wir uns für die gute Zusammenarbeit mit Ihnen in dem abgelaufenen Jahr 2021 bedanken. Leider wird uns allen dieses „Corona-Jahr“ 2021 noch im Gedächtnis bleiben und die Pandemie ist immer noch nicht ausgestanden.
Wir wünschen allen Mandanten sowie deren Familien und Angehörigen ein erfolgreiches und insbesondere gesundes Jahr 2022.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Team von
Schermer und Partner
Steuerberatungsgesellschaft
Ostpreußenweg 9
31737 Rinteln
Tel.: 05751/967777
Fax: 05751/967770
Email: office@stb-schermer.de
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